SCHWEIZERISCHE 12. Mai 2021 Die Zeitung für KMU | Regionalbund | Standpunkt-Ausgabe Nr. 521 | 24. Jahrgang AZA 4133 Pratteln Post CH AG DIE MEINUNG Die richtigen Entscheidungen treffen IKEA – Das grosse Möbelhaus hat in der Schweiz eine Chefin: Jessica Anderen. Hej, Jessica! ABSTIMMUNG – Am 13. Juni stimmt das Baselbiet über die Verlängerung der Linie 14 ab. Ja zum 14er-Tram Von Christoph Buser, Direktor Wirtschaftskammer Baselland. Es gibt positive Anzeichen dafür, dass unsere Gesellschaft näher an den Normalzustand rücken kann. Die Zahl der Corona-Infizierten ist schweizweit leicht rückläufig. An den Massentests im Kanton Basel-Landschaft nehmen über 40000 Personen teil, Tendenz steigend. Und auch die Impfzahlen unseres Kantons sind gut, immer mehr Menschen können sich die Impfung holen, auch schweizweit nimmt diese Massnahme stark an Fahrt auf. Das alles ist für das Wohlergehen der Menschen und damit letztlich auch für die Wirtschaft essenziell. Am 26. Mai sind neue Entscheide des Bundesrates zu erwarten. Dieser hat weitere Öffnungsschritte in Aussicht gestellt, «wenn die Fallzahlen, die Hospitalisierungen und die Belegung der Intensivstationen stabil sind». In erster Linie wäre hier das Ersetzen der Homeoffice- Pflicht durch eine Empfehlung angezeigt und die ernsthafte Prüfung einer Wiedereröffnung der Innenbereiche der Restaurants. Die Bedingungen schaffen, um Dinge wieder möglich zu machen – das war in den vergangenen Wochen und Monaten die Forderung der Wirtschaftskammer. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir auf dem richtigen Weg sind und mit dem heutigen Stand der Dinge weitere Öffnungsschritte möglich sein müssen. Trotz aller Fortschritte ist jedoch auch unter den jetzigen Vorzeichen nicht alles das möglich, was wir uns wünschen. So mussten wir den Tag der Wirtschaft auch dieses Jahr schweren Herzens absagen. Wir haben diesen hochkarätigen Anlass in den vergangenen Wochen und Monaten intensiv geplant und gehofft, ihn am 25. November durchführen zu können. Die Unsicherheiten bei der Planung gerade auch bei Grossanlässen sind jedoch nach wie vor zu gross. Wir informieren Sie in dieser Zeitung ausführlich darüber. Zum Schluss möchte ich noch auf die Abstimmungen vom 13. Juni hinweisen. Auch hier stehen Entscheidungen an, welche die KMU-Wirtschaft und damit uns alle betreffen. Wir beleuchten in diesem Standpunkt unter anderem Aspekte der CO 2 -Initiative, der beiden Agrarinitiativen und der Verlängerung der Tramlinie 14. Es stehen uns spannende Tage und Wochen bevor. HEUTE IM STANDPUNKT 4 | CO 2 -GESETZ Ist das Gesetz, über das am 13. Juni abgestimmt wird, zielführend oder zu teuer? 7 | TEC In den Themenräumen geht es einmal um die Welt. 13 | ARBEITGEBER Homeoffice- Boom ist nicht nachhaltig. Jessica Anderen arbeitet seit 32 Jahren für Ikea und ist seit Oktober 2019 CEO des Möbelgiganten in der Schweiz. Seit Oktober 2019 ist die 51-jährige Schwedin Jessica Anderen CEO von Ikea Schweiz. Der weltweit tätige Möbelriese unterhält auch einen Standort im basellandschaftlichen Pratteln. Anderen, die schon mit 19 Jahren bei Ikea begann und nun schon seit 32 Jahren an vielen Standorten auf dem ganzen Planeten für Ikea arbeitet, steht für die schwedischen Werte, sieht aber als Board- Mitglied der Schwedisch-Schweizerischen Handelskammer auch viele Parallelen zu ihrem aktuellen Arbeitsort. «Es gibt viele Gemeinsamkeiten zwischen unseren beiden Ländern», sagt sie im grossen Standpunkt-Interview. «Ich denke da an Themen wie Klima, Demokratie, Multikulturalität, Fokus auf Nachhaltigkeit, Interesse an Design und vor allem die Leidenschaft für Innovation.» Jessica Anderen wird wie alle bei Ikea von sämtlichen Mitarbeitenden selbstverständlich geduzt. «Viele kennen wohl nicht einmal meinen Nachnamen», sagt sie. Das passe zur schwe- Bild: Ikea dischen DNA mit flachen Hierarchien und konsequent und ehrlich gelebten basisdemokratischen Prozessen. Wenige Monate nach der Übernahme der Leitung von Ikea Schweiz kam die Corona-Pandemie, die auch ihr Unternehmen stark gefordert habe. Mit Online-Beratungen und dem Angebot «Click and Collect» hat man auf die phasenweisen Schliessungen der Geschäfte gut reagieren können. Auf Jessica Anderen hatte die Pandemie privaten Einfluss: «Die Pandemie hat auch meinen Blick auf das Zuhause verändert. Wir haben überall auf der Welt gelebt und haben unser Zuhause immer mitgenommen. Heute hat dieser Ort einen viel grösseren Stellenwert für mich erhalten.» Ikea macht sich viele Gedanken um die Nachhaltigkeit. Das Möbelhaus bietet nun auch Solaranlagen und Wärmepumpen an. «Die Kunden von Ikea erwarten Antworten und Lösungen, die im Einklang mit ihren Werten stehen.» Patrick Herr Seite 11 Löhne von weniger als 8 Euro pro Stunde, Arbeitszeiten, die deutlich über das Zulässige hinausgehen, Verstösse gegen Sicherheits- und Quarantänebestimmungen – die Missstände, die die Arbeitsmarktkontrolle für das Baugewerbe (AMKB) auf der Prattler Rohner- Baustelle festgestellt hat, sind massiv. Betroffen sind bis zu 130 Arbeiter, die in Polen, Litauen und Lettland angeworben worden sind und Teil eines undurchsichtigen Geflechts von Firmen in Osteuropa sind, die die arbeitsrechtlichen Bestimmungen in der Schweiz systematisch unterwandern. Auf dem ehemaligen Rohner-Areal werden derzeit intensive Rückbauarbeiten vollzogen. Metallbauteile werden demontiert und später in England wiederverwendet. Die Arbeiten stellen durchaus erhöhte Anforderungen an die Fähigkeiten der Arbeiter und deren Sicherheit. Die Osteuropäer unterschreiben bei der Abfahrt in ihren Heimatländern Verträge, in denen zum Schein alles korrekt ist, erhalten jedoch keine Kopien. Im aktuellen Fall sind die Arbeiter in einem Hotel in Grenznähe in Süddeutschland untergebracht, versorgen sich dort selbst und werden täglich mit Kleinbussen auf die Baustelle gefahren. Faktisch verstösst das angewandte Modell gegen das Verbot ausländischer Arbeitsvermittler in der Das Tram 14 soll künftig von der heutigen Endstation an der Schlossstrasse links zur Bahnhofunterführung und Richtung Augst abbiegen. Bild: Schaub Die Verlängerung der Tramlinie 14 von Pratteln nach Augst mit einem neuen, leistungsfähigen Anschluss an den Bahnhof SBB Pratteln, der Erschliessung der Gewerbegebiete Grüssen und Netziboden und den neuen Busbahnhof in Augst ist ein wichtiges Infrastrukturprojekt im Zusammenhang mit der beschlossenen Entwicklung des Areals Salina Raurica zu einem wichtigen Gewerbe- und Wohngebiet im Kanton Basel-Landschaft. Am 13. Juni 2021 stimmt das Baselbiet über den Projektierungskredit, Ausgaben für den vorsorglichen Landerwerb und den provisorischen Busbahnhof in Augst ab – ein Paket von 17,1 Millionen Franken. Im Endausbau wird die für die ganzheitliche Verkehrsplanung bedeutsame Tramverlängerung rund 170 Millionen Franken kosten. «Dieses Geld wird sorgsam und mit hohem Nutzen investiert», sagt Baudirektor Isaac Reber. Diese Meinung vertritt auch ein breit abgestütztes Schweiz – und natürlich gegen zahlreiche Bestimmungen, die Schweizer Unternehmer im Rahmen eines Gesamtarbeitsvertrages im Baugewerbe einzuhalten hätten, insbesondere den Mindestlohn, die Arbeitszeiten mit Pausen und die Spesenvergütung. Die AMKB hat diese Woche in einem Schreiben an das KIGA die vorsorgliche Schliessung der Baustelle verlangt, bis die Missstände behoben und bereinigt sind. Eine Antwort des KIGA stand bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch aus. Hannes Jaisli, Vertreter der Wirtschaftskammer Baselland in der AMKB, bemängelt den Sanktionsmechanismus bei Verstössen im Baustellengewerbe. «Es gibt viele überparteiliches Komitee aus sämtlichen Parteien und aus der Privatwirtschaft. «Wir sollten an die Zukunft der Region denken», sagt Prattelns Gemeindepräsident Stephan Burgunder, der in erster Linie die Entflechtung des Verkehrs, die stark verbesserte Anbindung an den Bahnhof Pratteln SBB und an das neue Entwicklungsgebiet im Norden Prattelns hervorhebt. Auch der Gemeinde Augst eröffnet die Tramverlängerung neue Perspektiven in der Umsetzung von neuen, attraktiven Wohnprojekten, wie Gemeindepräsident Andreas Blank unterstreicht. Die Entwicklung von Salina Raurica mit der nun zur Debatte stehenden Tramverlängerung ist für den Kanton Basel-Landschaft ein Ankerprojekt für die Standortförderung. Es entstehen Tausende von neuen Arbeitsplätzen und Wohnmöglichkeiten im Herzen des Kantons. Daniel Schaub Seiten 2 und 3 ARBEITSMARKTKONTROLLE – Auf einer Baustelle in Pratteln wurden in den vergangenen Wochen systematisch Arbeiter aus Osteuropa zu Billiglöhnen und unter Missachtung des Arbeitsrechts beschäftigt. Mehrere Verstösse auf Prattler Rohner-Baustelle Schlupflöcher – und ohne harte Massnahmen lachen sich die Betreiber dieser Subunternehmer-Konstrukte doch ins Fäustchen.» Im Jahresbericht der AMKB 2020 wird aufgezeigt, dass die Verstossquote in vielen Bereichen noch immer bei fast 20 Prozent liegt, im vergangenen Jahr ist sie leicht gestiegen. Die Arbeitsmarktkontrollen sind demnach wichtiger denn je und werden per 1. Juli 2021 mit den beiden an der Urne klar angenommenen Gesetzen und der aktuell im Parlament verhandelten Leistungsvereinbarung einen neuen rechtlichen Rahmen erhalten. Daniel Schaub Seiten 8 und 9
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