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Standpunkt 602 vom 19. September 2025

Eine Publikation der Wirtschaftskammer Baselland

Standpunkt 602 vom 19. September

SCHWEIZERISCHE19. September 2025 Die Zeitung für KMU | Regionalbund | Standpunkt-Ausgabe Nr. 602 | 28. JahrgangAZB 4133 PrattelnPost CH AGDIE MEINUNGDie Digitalisierungwartet nichtQUARTIERPLANUNG ALLSCHWIL – Informatik-Unternehmer Arnout Calmeyn warnt: StrengeBegrünungsvorschriften, ein 80-Meter-Turm und die Tramverlängerung bedrohen die KMU. Baustellen,Wertverluste und fehlende Mitsprache würden die Existenz der betroffenen Betriebe gefährden.«Gewerbe wird ausgebremst»Die Digitalisierung läuft längst weltweit. Werheute nicht mitzieht, steht morgen im Abseits.Während Europa über Vorschriften diskutiert,setzen andere Länder Standards und schaffenechten Fortschritt – technologisch und wirtschaftlich.Besonders in Asien investieren Regierungenund Unternehmen Milliarden in Künstliche Intelligenzund Robotik und setzen ihre Pläne mithohem Tempo um. Hier in der Schweiz und auchim Baselbiet stecken viele Unternehmen noch inalten Mustern fest: Spesenbelege auf Papier, isolierteIT-Systeme, fehlende Schnittstellen oderungenutzte Daten. Dabei haben wir alles, was esbraucht: Entscheidungsfreude, Qualität, Lernbereitschaftund Verantwortung. Diese Stärken müssenwir jetzt konsequent ins Digitale übertragen,ohne Zaudern.Die Digital-World Conference im Haus der Wirtschafthat gezeigt: Der Wille zur Umsetzung istda, bei KMU, Führungskräften und an der Basis.Die nächsten fünf Jahre werden entscheidendsein. Auch das Baselbiet hat jetzt die Chance,ganz vorne mitzuspielen. Abwarten wäre dergrösste Fehler.Wenn sich die Spielregeln ändern, müssen wiruns dort positionieren, wo das Wachstum vonmorgen entsteht. Künstliche Intelligenz und neueTechnologien verändern die Märkte rasant. Werjetzt handelt, kann Entwicklungen anstossen, dieweltweit Wirkung zeigen – und auch hier im Baselbietfür Wertschöpfung, Arbeitsplätze undSteuereinnahmen sorgen. Davon profitieren alle:Forschung, Industrie und KMU als Zulieferer oderProduzenten. Unsere Chance liegt nicht darin,ein zweites Big Tech aufzubauen. KMU punktenmit Präzision, Verlässlichkeit und Unternehmergeist,in Medizintechnik, Maschinenbau oderAutomation. Wo «Schweiz» draufsteht, musskünftig auch digitale Kompetenz drin sein.Jetzt braucht es weniger Ideologie und Regulierung.Die EU zeigt mit dem AI Act, wie lähmendÜberregulierung sein kann. Dafür braucht esmehr Raum für Unternehmertum und Technologieoffenheit.Ein starkes Signal setzt Digital-WorldTalents. An der Berufsschau vom 26. bis 30. Novemberin der St. Jakobshalle werden digitale Berufeerlebbar. So entsteht früh eine Verbindungzwischen jungen Talenten und den Unternehmen,die diese Fähigkeiten brauchen.Das Baselbiet und die Schweiz müssen ihre Erfolgsgeschichtenicht neu erfinden, aber sie müssensie digital weiterschreiben – mit Plan, Tempound Tatkraft. Wer morgen mitreden will, mussheute die richtigen Entscheidungen treffen.HEUTE IM STANDPUNKTVon Christoph Buser,DirektorWirtschaftskammerBasellandSEITE 5 | INTERVIEW Lino Guzzella,langjähriger ETH-Präsident undTech-Berater, über Regulierungen,Vorschriften und staatliche Hürden.Arnout Calmeyn, Inhaber des InformatikunternehmensKallysoft in Allschwil,blickt mit Sorge auf diejüngsten Quartierentwicklungspläneder Gemeinde. «Wir Unternehmerinnenund Unternehmer wollen investieren,umbauen, modernisieren.Doch die Gemeinde legt uns Fesselnan, die fast unmöglich einzuhaltensind», sagt Calmeyn.Zur Erinnerung: Allschwil planteine Arealentwicklung bei der altenZiegelei. Damit verbunden ist nebenWohnungsbau auch die Tramverlängerungder Linie 8 aus Basel. Währenddie Behörden von einer «Zukunftschance»reden, sehen dieKMU die aktuellen Pläne als Bedrohung(Standpunkt berichtete).Besonders die neuen Vorschriftenzur Begrünung treffen Kallysoft undandere Betriebe hart. Wo bisher flexibleLösungen möglich waren –auch Dachbegrünungenoder Fassadenpflanzenwurden angerechnet–, giltplötzlich einArnout Calmeynstarres Reglement.«Ein Baumpro zehn Abstellplätze,Substratdickenwie auf einer Gartenanlage– das ist für Betriebe schlicht nichtpraktikabel», kritisiert Calmeyn.Er und andere KMU-Inhaber sindüberzeugt: Umbauten werden dadurchteurer, Liegenschaften verlierenan Wert, Modernisierungen geratenins Stocken. «Das Gewerbewird ausgebremst statt gefördert»,so Calmeyns Fazit.Auch die Frage der Gleichbehandlungsteht im Raum. Während einigeAkteure im Quartier von Ausnahmenprofitieren würden, so Calmeyn, geltenfür andere strenge Vorgaben. «Esentsteht der Eindruck, dass nicht allemit den gleichen Karten spielen müssen.Für kleine und mittlere Unternehmenist das frustrierend», sagt Calmeyn,der seine Kritikpunkte auf einereigenen Website aufführt und aucheine Umfragemöglichkeit anbietet.Auf dieser Website legt der Unternehmerdetailliert dar, warum er diegeplante Verdichtung mit Hochhäusernund dem neuen Tramprojekt kritischsieht. «1000 neue Einwohner undein 80-Meter-Turm – das wird unserQuartier auf den Kopf stellen. Dochdie Bedürfnisse des bestehenden Gewerbesfinden kaum Gehör», hält Calmeynfest.Eine undurchdachte PolitikDie Bauarbeiten sollen im Jahr 2028beginnen, mit einer Bauzeit von runddrei Jahren. Die Kosten sind auf 82Millionen Franken veranschlagt. OrtsansässigeKMU sehen die jahrelangenBaustellen mit massiven Einschränkungenverbunden: Viele Betriebefürchten Umsatzeinbussen, wenn Kundinnenund Kunden sie nicht mehrwie gewohnt erreichen, Zulieferungenstocken und spontane Laufkundschaftwegbleibt. «Für eine kleine Firma kannein dreijähriges Nadelöhr schlicht dasAus bedeuten», sagt Calmeyn.Noch schwerer als die Umstände,welche die Bauarbeiten mit sichbringen, wiegt für ihn das Kommunikationsverhaltender Gemeinde.«Ich habe beispielsweise nach derAuf der Website https://letten.kallysoft.ch zeigt das Allschwiler Informatik-UnternehmenKallysoft Bedenken und Fragen zum Quartierentwicklungsprojektrund um die alte Ziegelei.Screenshot WebsiteBerechnungsgrundlage GrünzifferWohn- und Geschäftszone Lettengefragt. Denn die Gemeinde hateine tiefere Grünzonenziffer als wirin der Wohn- und GeschäftszoneLetten. Warum? Eine Antwort habeich keine erhalten.»Unterstützung erhält Calmeynvon der Wirtschaftskammer Baselland,die seit Bekanntwerden desProjektes davor warnt, dass die Anliegender KMU übergangen werden.«Das Projekt rund um die alte Ziegeleiin Allschwil ist ein weiteresHOCHWASSERSCHUTZ – Das Projekt soll Verkehr und Lebensqualität in Laufen verbessern.Ex-Kantonsingenieur Drangu Sehu über die Chancen und Herausforderungen des Vorhabens.Im Rahmen des Hochwasserschutzprojektsin Laufen wird die Naubrückeverlegt. Das neue Trassee führtentlang des Bahndamms und wird miteinem Kreisverkehr an die Baselstrasseangeschlossen. Die Verlegung derNaubrücke wird die Verkehrsinfrastrukturin Laufen erheblich verbessern.Sie sorgt für eine Bündelung vonStrassen- und Schienenverkehr entlangdes Bahndamms, was insbesonderedas Quartier Lochfeld sowie dievordere Norimatt vom Lärm entlastet.Das Verkehrsnetz wird optimiert, indemder motorisierte Verkehr vonFussgängern und Velofahrern separiertwird. Eine neue Unterführungbei der Eishalle wird ausserdem einedirekte Verbindung für den nicht motorisiertenVerkehr schaffen und diesüdlich gelegenen Quartiere mit derEishalle und dem Stadtkern von Laufenverbinden. Das erhöht die Verkehrssicherheitund schafft ein attraktivesund sicheres Wegnetz für Fussgängerund Velofahrer.Ein weiterer Vorteil der Verlegungder Naubrücke ist die Schaffung einesverkehrsberuhigten, zusammenhängendenFrei- und Grünraums im GebietNau. Insbesondere die Flächezwischen dem Kulturbetrieb AltsSchlachthuus und der Eishalle wirdder Bevölkerung als attraktive Erholungs-und Freizeitfläche zur Verfügungstehen. Der Kanton Basel-Landschafthat für das Projekt zusammenmit der Stadt Laufen ein öffentlichesMitwirkungsverfahren durchgeführt,bei dem auch die Bürgerinnen undBürger ihre Meinungen und Bedenkeneinbringen konnten. Dieses Projektwird Laufen nicht nur als Wohnortund Stadt weiterentwickeln, sondernauch zur Verbesserung der Lebensqualitätin der Region beitragen.Gegen das vom Landrat deutlichangenommene Infrastrukturprojektwurde in Laufen das Referendum ergriffen.Somit entscheidet das BaselbieterStimmvolk Ende Novemberüber die Genehmigung des generellenProjekts und der Ausgabenbewilligungfür die Projektierung und Realisierung.Die Zustimmung an der Urneist wichtig und dringend notwendig,um dieses zukunftsweisende ProjektBeispiel für eine undurchdachte Politik»,sagt Christoph Buser, Direktorder Wirtschaftskammer Baselland.«Das Vorhaben lässt die Realisierungeiner vom Baselbieter Volk angenommenenUmfahrung Allschwilkategorisch aussen vor und setzt zudemmit dem Tram auf ein Transportmittel,das dort nicht ideal ist.»Für Calmeyn ist klar: Wenn Allschwildiesen Kurs beibehält, werdennicht neue Chancen geschaffen,sondern bestehende Stärken verspielt.Mischa HauswirthAbstimmung über Naubrücke in Laufenfür die Stadt Laufen, das Birstal unddie gesamte Region zu ermöglichen.Mit diesen Forderungen soll sichergestelltwerden, dass auch künftig faireVerfahren gewährleistet bleibenund dass nicht nur Grossprojekte begünstigt,sondern die Vielfalt undTragfähigkeit des Baselbieter Wirtschaftsstandortsgesichert werden.Drangu Sehu, ehemaliger KantonsingenieurBasellandINFORMATIONDer Wirtschaftsrat der WirtschaftskammerBaselland hat zurVorlage keine Parole gefasst.

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