SCHWEIZERISCHE 30. August 2024 Die Zeitung für KMU | Regionalbund | Standpunkt-Ausgabe Nr. 583 | 27. Jahrgang AZA 4133 Pratteln Post CH AG DIE MEINUNG Geringe Wertschöpfung ist hausgemacht Von Christoph Buser, Direktor Wirtschaftskammer Baselland WIRTSCHAFT – Beim Networking-Grill sprach Roman Mayer, Präsident des Zentralvorstandes der Wirtschaftskammer Baselland, über die wirtschaftliche Situation im Baselbiet. Und über den neusten Wirtschaftsbericht. Vor allem der Faktor Mobilität macht den Unternehmen zu schaffen. Firmen fordern schnelle Lösungen bei der Mobilität Ein Blick auf das Bruttoinlandprodukt (BIP) pro Kopf zeichnet ein ernüchterndes Bild für das Baselbiet. Während unser städtischer Nachbar dreimal mehr erwirtschaftet und wir weit unter dem Schweizer Durchschnitt liegen, nähert sich der ländliche Kanton Jura mit beachtlichen Schritten an – und holt weiter auf. Diese Ausgangslage schreit förmlich nach politischen Massnahmen und Impulsen. Doch was geschieht bei uns? Anstatt pragmatische Lösungen zu entwickeln, manövriert die politische Mehrheit, beeinflusst von rot-grünen Ideologien, den Kanton in eine bedenkliche Abwärtsspirale. Die wirtschaftliche Situation im Baselbiet ist alarmierend, und viele KMU sehen einer ungewissen Zukunft entgegen. Immer deutlicher zeigt sich, dass die eingeschränkte Mobilität in unserer Region zu einem ernsthaften Hindernis geworden ist. Die Hoffnung, die derzeitigen Verkehrskapazitäten würden ausreichen und der öffentliche Verkehr könne das Problem allein lösen, erweist sich als trügerisch. Es ist ohnehin fragwürdig, Politik nach dem Prinzip Hoffnung zu betreiben. Ebenso illusorisch ist der Glaube, dass Trends wie «New Work» den Verkehrsdruck nachhaltig mindern könnten – Studien widerlegen dies deutlich. Fakt ist: Unsere Strassen sind überlastet, unsere Betriebe und Arbeitskräfte stecken im Stau. Jede verlorene Stunde im Stau bedeutet einen Verlust an Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit, Einnahmen und letztlich auch Arbeitsplätzen. Doch nicht nur bei der Verkehrsinfrastruktur herrschen Zögern, Passivität und ideologische Verbohrtheit. Die produzierenden KMU im Baselbiet bewerten unseren Kanton in den Standortfaktoren Energie, Arbeitsmarkt, Digitalisierung und Ausbildung alles andere als positiv. Umfrageergebnisse von «Baselland Business» verdeutlichen den dringenden Handlungsbedarf. Es ist höchste Zeit, die Weichen für die wirtschaftliche Zukunft des Kantons neu zu stellen und das Steuer wieder fest in die Hand zu nehmen. Der Staat sollte sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren und den Unternehmen die Freiheit geben, sich zu entfalten. Besonders wichtig ist es, die Anreize so zu gestalten, dass sich auch wertschöpfungsstarke Unternehmen im Baselbiet ansiedeln oder entwickeln wollen. Wir dürfen keinesfalls den Fehler machen, wie in Deutschland in eine Deindustrialisierung abzudriften und zu glauben, eine Flucht in einen überdimensionierten Sozialstaat könne dies kompensieren. Die Folgen wären fatal. HEUTE IM STANDPUNKT 3 | BITCOIN Kryptowährung übernimmt als digitales Gold Roman Mayer, Präsident des Zentralvorstandes der Wirtschaftskammer Baselland (r.), bei seiner Rede am KMU Networking Grill. Roman Mayer, Präsident des Zentralvorstandes der Wirtschaftskammer Baselland, sprach in seiner Rede am KMU Networking Grill am 21. August von «alarmierenden Entwicklungen». Zwar würden sich nach wie vor viele Unternehmen als zufrieden zeigen mit den Rahmenbedingungen im Kanton, doch es gebe etliche Punkte, die besorgniserregend seien, so Mayer. Für Gesprächsstoff unter Unternehmern sorgt derzeit vor allem der kürzlich veröffentlichte Wirtschaftsbericht (Standpunkt berichtete). Dieser Bericht offenbart, dass der Kanton Basel-Landschaft beim Wirtschaftswachstum sogar hinter dem ländlich geprägten Kanton Jura liegt, der traditionell nur wenig Wertschöpfung generiert. Was das Bruttoinlandprodukt (BIP) betrifft, hat das Baselbiet nicht nur den Anschluss an den Schweizer Durchschnitt verloren, sondern liegt auch nur noch knapp vor dem Kanton Jura. Besonders auffallend ist der Vergleich mit dem Kanton Basel-Stadt, wo das BIP pro Kopf fast dreimal so hoch ist wie im Baselbiet. Vor über 400 Gästen malte Mayer ein nicht gerade heiteres Bild der aktuellen Lage und betonte, dass dringender Handlungsbedarf in den Bereichen Mobilität, Energie, Arbeitsmarkt und Berufsbildung bestehe. Er strich hervor, dass die Wirtschaftslage im Baselland entschlossene Massnahmen erfordere, um den Abwärtstrend zu stoppen und die Region wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Besonders drängend sei der Bereich Verkehr. «Für 83 Prozent der Firmen ist ein rascher Ausbau der Verkehrskapazitäten unerlässlich», sagte Mayer. «Die Firmen fordern und brauchen explizit die Strasse.» Auch Christoph Buser, Direktor der Wirtschaftskammer Baselland, sieht bei der Mobilität raschen Handlungsbedarf, wie er in einem HDW-Podcast sagte (siehe Box). Buser verweist auf die Resultate der von der Wirtschaftskammer durchgeführten Umfrage «BL-Business» (vgl. Seite 9). In dieser Erhebung zeigt sich deutlich: Verstopfte Strassen führen zu erheblichen Verzögerungen bei den Betrieben und beeinträchtigen somit die Effizienz und Wirtschaftlichkeit. «Einige Firmen haben bereits ihre Schichtzeiten angepasst, um den Berufsverkehr zu umgehen, doch diese individuellen Arrangements bieten keine nachhaltige Lösung», erklärt Buser. Bedingungen verschlechtern sich Die Gegner eines Strasseninfrastrukturausbaus würden bei der Diskussion oft argumentieren, dass mit New- Work-Modellen, zum Beispiel Homeoffice oder Teilzeit, eine Entlastung erreicht werden könne und es deshalb keinen Ausbau brauche, so Buser. «Die Unternehmen allerdings widersprechen da: Neun von zehn befragten Betriebe sagen hier, sie würden bereits machen, was sie können.» Für den Wirtschaftskammer-Direktor ist offensichtlich: «Wir sind alles andere als ein Wirtschaftsmotor. Der Handlungsbedarf in der Politik ist gross. Behörden und politische Verantwortungsträger schauen zu wenig, wie die Rahmenbedingungen sind und was die Gründe, warum Firmen sich im Kanton Basel-Landschaft niederlassen oder warum nicht.» Aus dem Wirtschaftsbericht lasse sich etwas ganz deutlich herauslesen, so Buser: «Offensichtlich wird eine Mischung angeboten, die den Firmen zu wenig zusagt.» Produktion ist für die Wirtschaft essentiell. Dort, wo sich die Produktion angesiedelt hat, ist auch das Zuliefer- und Dienstleistungsgewerbe. Dort, wo die Produktion wegzieht, verändere sich die Standortsstruktur hin zu einem Finanz- und Dienstleisterplatz. Im Baselbiet produzieren vor allem grosse Unternehmen. Daneben hat Basel-Landschaft eine besonders kleinstrukturierte Wirtschaft mit vielen KMU, etliche Betriebe mit zehn oder zwanzig Angestellten. Es gibt keine 100 Unternehmen mit über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. «Es ist deshalb um so wichtiger, dass wir Foto: Uta Grütter zu den grossen Unternehmen Sorge tragen», sagt Buser. Neben der Mobilität sind auch Fachkräftemangel und Berufsbildung zentrale Probleme. Die Unternehmen stellen fest, dass Jugendliche nicht mit den notwendigen Qualifikationen und Fähigkeiten aus der Schule kommen, was den Betreuungsaufwand in der Ausbildung erhöht. Es gibt deshalb Betriebe, die nicht mehr in die Ausbildung von Fachkräften investieren. Pensionierungswelle und trockener Fachkräftemarkt werden die Situation weiter verschärfen und bedrohen deshalb die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Baselland. Für Mayer wie Buser ist deshalb klar: Der Kanton muss jetzt handeln. Wer war alles am Networking-Grill? Sehen Sie auf Seite 2. ZUM PODCAST www.hdw.ch/news/off-therecord-podcast-47
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