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Standpunkt 579, 24. Mai 2024

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Standpunkt 579, 24. Mai

SCHWEIZERISCHE 24. Mai 2024 Die Zeitung für KMU | Regionalbund | Standpunkt-Ausgabe Nr. 579 | 27. Jahrgang AZA 4133 Pratteln Post CH AG DIE MEINUNG Isaac Reber verschleiert die wahren Kosten NEUES KANTONALES ENERGIEGESETZ – Bei der Diskussion um die Auswirkungen der strengen Klimaschutzauflagen im Bereich Heizung und Gebäudeisolation geht eines vergessen: Betroffen wären nicht nur Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer, auch KMU würden einen hohen Preis bezahlen. Minergie-P-Standard für beheizte HEUTE IM STANDPUNKT Von Christoph Buser, Direktor Wirtschaftskammer Baselland Die jüngste Landratsdebatte zum Energiegesetz hat in aller Deutlichkeit gezeigt, wie die Befürworter des Energiegesetzes keine inhaltliche Diskussion über die Bedenken zum Gesetz zulassen wollen. Es steht für mich mittlerweile ausser Frage, dass die extremen Zielvorgaben für die Gebäudeeffizienz und die Hauruck-Transformation auf erneuerbare Heizsysteme enorme Kosten nach sich ziehen würden. In der Gesetzesvorlage des Regierungsrats aber auch in der Beratung des Landrats wurde dieser Punkt völlig ungenügend durchleuchtet. Auch jetzt, kurz vor der Abstimmung, werden entsprechende Fragen, wenn überhaupt, nur schwammig und ausweichend beantwortet. Und seit neuem gilt offenbar das Motto «Angriff ist die beste Verteidigung». Wenn Regierungsrat Isaac Reber öffentlich sagt, die Gegner seines Energiegesetzes würden «Irreführung» betreiben, weil im Gesetz keine Verpflichtung zu einer teuren Sanierung der Gebäudehülle stehe, übersieht er geflissentlich das Prinzip von Ursache und Wirkung. Sinnigerweise liefert Reber selbst den Beweis, dass hohe Ziele in Verboten und Vorschriften münden. Denn das Verbot von fossilen Heizungen steht auch nicht im Gesetz, und doch will Reber dies nun durch die Hintertür in einem Dekret einführen. Wer führt hier wen irre? Die Irreführung liegt nicht bei jenen, die Folgen aufzeigen, sondern bei Personen, die im Rausch ideologischer Begeisterung Tatsachen nicht gelten lassen wollen. Der Minergie P-Kostenhammer droht auch den KMU. Denn die überrissene Zielvorgabe von 40 kWh pro m 2 und Jahr gilt für alle Gebäude – und somit für Büros, Produktions- und auch Lager hallen. Genauso gilt die Pflicht zum erneuerbaren Heizungsersatz. Und für KMU hinzu kommt die Pflicht einer Gebäudeautomation an Nicht-Wohngebäuden. All dies sind bei Neubauten sinnvolle Massnahmen. Wer aber mittels Verboten und Vorschriften bestehende Liegenschaften auf diesen Standard zwingen will, der blendet Kosten-Nutzen-Überlegungen aus. Und bringt mit den Sanierungszwang unzählige Betroffene in finanzielle Probleme. Die massiven Kosten, über die Reber so gerne schweigt, werden also auch ganz viele KMU heimsuchen. Und das alles aus ideologischer Ambition, den Kanton als Musterschüler in Sachen Klimaschutz zu positionieren. Im internationalen Vergleich sind diese Ziele, Massnahmen und knappen Fristen übrigens völlig überdreht. Dass die Mehrheit des Landrats bei diesem Feldzug von Regierungsrat Isaac Reber mitmacht, gegen Vernunft und Augenmass, ist mehr als verwirrend. Mit einem Nein am 9. Juni können wir die Wirtschaft stärken und die fehlgeleitete Politik in Schranken weisen. 6 | LOCKERE STIMMUNG Die Fotos vom HDW-Frühlingsapéro. Lager- und Produktionshallen Hunderttausende von Quadratmetern Lager- und Werkhallen sind im Kanton Basel-Landschaft nicht so gut gedämmt, wie das der Kanton vorschreiben möchte. Bild: Reportair.ch Die Baselbieter Regierung sowie die Befürworter des neuen kantonalen Energiegesetzes werden nicht müde, im Abstimmungskampf die Vorteile fürs Klima herauszustreichen, die sie mit der Netto-Null-Strategie verfolgen. Was dabei unerwähnt bleibt: Was wird dieses forsche Tempo bis 2050 kosten und wer wird zur Kasse gebeten? Und welche Konsequenzen hat es für die Baselbieter KMU? Klar ist: Neben den Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern wären auch die KMU massiv betroffen. Denn alle Gebäude im Kanton müssten auf 40 kWh pro Quadratmeter Energiebezugsfläche und Jahr gebracht werden; das ist Minergie-P- Standard. Beat Huesler, Architekt in Muttenz, erklärt, dass Minergie-P- Gebäude im Vergleich zum Minergie- Standard besser gedämmt sind und vor allem einem strengen Luftdichtheitstest unterzogen werden. Er betont, dass diese Gebäude quasi luftdicht sind, was eine hohe Ausführungskompetenz erfordert und nur mit entsprechenden Mehrkosten zu realisieren ist. Allerdings wird die Lebenssituation der Bewohner in diesen luftdichten Gebäuden oft nicht berücksichtigt. Huesler weist darauf hin, dass das Baugesetz des Kantons Basel-Landschaft bereits strenge Energie- und Dämmstandards umfasst, die es seit Jahren einzuhalten gilt. Diese Standards gehören sowohl schweizweit als auch weltweit zu den strengsten. Es scheint, dass Weltmeister zu sein nicht genug ist. Um die zusätzlichen 10 Prozent an Energie zu sparen, wären ein erheblich höherer Planungsaufwand und deutlich höhere Erstellungskosten mit entsprechendem Energieaufwand erforderlich. Bis 2045 alle Gebäude sanieren In der Landratsdebatte vom 16. Mai musste sich Regierungsrat Isaac Reber (Grüne) den Fragen von FDP-Landrätin Christine Frey stellen. Dies tat er mit spürbarem Widerwillen. Frey wollte wissen, ob es korrekt sei, dass es nach energetischen Sanierungen zu Steuererhöhungen komme. Reber versuchte die Brisanz der Antwort beiseite zu schieben, indem er bemerkte, es gehe hier nicht um das Steuer-, sondern um das Energiegesetz. Doch Reber musste eingestehen: Ja, es wird bei Personen, die ihr Gebäude energetisch sanieren, zu einer Erhöhung von Steuern kommen. Aber das sei ja normal, denn das Gebäude habe ja danach einen höheren Wert. Kritik von Nein-Komitee Am 15. Mai hat der Baselbieter Regierungsrat Isaac Reber (Grüne) die kantonale Klimastrategie in Kraft gesetzt (siehe auch Text unten). Für die Gebäudesanierungen will Reber fünf Jahre weniger lang Zeit gewähren, als ursprünglich geplant: «Im Gebäudebereich, wo grössere Handlungsmöglichkeiten bestehen, möchte der Kanton das Ziel bis 2045 erreichen.» Bei den KMU kommt die Forderung nach solchen Energieverbrauchsstandards nicht gut an. «Es Während die Steuerverwaltung die Abzüge der Investitionen in energetische Sanierungen analog des werterhaltenden Unterhalts akzeptiert, kennt die Gebäudeversicherung keinen Sonderweg für den Klimaschutz. Sie führt bei sanierten Liegenschaften Nachschätzungen durch, die zu einer angepassten Katasteranzeige der Wohngemeinde mit höherem Brandlagerwert führen. Höhere Brandlagerwerte führen zu höheren Eigenmietwerten und haben letztlich eine höhere Steuerbelastung zur Folge. Und diese zusätzlichen Steuern übersteigen die jährlichen Energieeinsparungen. Für das überparteiliche Komitee «Nein zum Energiegesetz» zeigt dieses Vorgehen exemplarisch, wie Regierungsrat Reber die Baselbieterinnen und Baselbieter zwingen will, ihre Häuser nicht mehr mit Gas oder Öl zu heizen, sondern mit Strom, heisst es in einer Medienmitteilung. «Sein Vorgehen überfordert mental, vor allem aber finanziell. Denn auch mit Fördergeldern bleiben die horrenden Kosten zum grössten Teil beim Bürger hängen. Wohnen und Mieten würde markant teurer», heisst es. gibt im Baselbiet noch Hunderttausende von Quadratmetern an Hallen, die einen solchen Dämmwert nicht erreichen», sagt Marco Rytz von der Fassadenbaufirma Rytz AG in Zunzgen. «Es ist sicherlich sinnvoll, wenn die Behörden Anreize für energetische Sanierungen schaffen, aber einen Zwang erachte ich als den falschen Weg, auch wenn uns eine solche Auflage einen Auftragsboom verschaffen würde.» Peter Meier, Zentralpräsident AM Suisse und Geschäftsführer von Mevo-Fenster AG in Reinach, befürchtet grosse finanzielle Auswirkungen auf die KMU. «Wenn ein Zwang zur energetischen Sanierung kommen würde, so wäre das sicherlich für einige KMU tragisch und würde sie finanziell in grosse Schwierigkeiten bringen», so Meier. «Es ist jetzt schon ein Problem, passende Produktions- und Lagerhallen zu finden. Wenn man quasi noch vertrieben wird, hat das sicherlich keine positiven Auswirkungen, und es drohen Geschäftsaufgaben.» Dass das neue Energiegesetz Ausnahmen vorsieht, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der Klimastrategie eine Sanierungspflicht für Gebäude enthalten ist. Der Kanton entscheidet, ob er Ausnahmen gewährt. Meier hofft, dass Basel-Landschaft nicht die Fehler von Basel-Stadt wiederholt: Dort wurde das produzierende Gewerbe durch sich zunehmend verschlechternde Rahmenbedingungen aus dem Kanton gedrängt. Mischa Hauswirth KOSTENHAMMER – Regierungsrat Isaac Reber (Grüne) bestätigt im Landrat, dass nach einer energetischen Sanierung der Eigenmietwert steigt. Höhere Steuern als Folge des neuen Energiegesetzes Für das überparteiliche Komitee ist die Gesetzesvorlage wenig durchdacht. «Für eine rasche Elektrifizierung der Heizungen fehlen nicht nur der Strom, die Netzkapazitäten und die Handwerker. Die Kosten der Hauruck-Transformation kommen immer mehr ans Licht, weil Sanierungswillige ob der hohen Preise in Offerten für einen Heizungsersatz und die notwendige Gebäudedämmung erschrecken.» Viele würden merken, dass sie sich das nicht leisten können. Eine Musterrechnung des HEV Schweiz hat den Finanzbedarf für ein typisches Einfamilienhaus kalkuliert: 270 000 Franken. hws Seite 5

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