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Standpunkt 574, 1. März 2024

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Eine Publikation der Wirtschaftskammer Baselland

Standpunkt 574, 1. März

SCHWEIZERISCHE 1. März 2024 Die Zeitung für KMU | Regionalbund | Standpunkt-Ausgabe Nr. 574 | 27. Jahrgang AZA 4133 Pratteln Post CH AG DIE MEINUNG Erst die Spitze des Eisberges Von Christoph Buser, Direktor Wirtschaftskammer Baselland BEVORMUNDENDE BÜROKRATIE – Der Staat reguliert das Bauen zu stark und behindert damit die Wirtschaft. Das wollen Bürgerliche jetzt korrigieren. Mitte-Landrat Marc Scherrer stellt dem Regierungsrat Fragen, auf dessen Antwort man gespannt sein darf. Vorschriftenflut schreckt Investoren ab Was da gerade die Baloise verlauten liess, dass das Unternehmen einen Investitionsstopp für Renovationen verhängt hat, lässt aufhorchen. Wenn ein grosser Immobilienplayer sich aufgrund von staatlichen Regeln und Vorschriften nicht mehr in der Lage sieht, wirtschaftlich vertretbar in Projekte zu investieren, hat das mittel- und langfristig massive Folgen für die Gesellschaft. Denn es gibt genug abschreckende Beispiele im In- und vor allem im Ausland, die zeigen, was passiert, wenn keine Unterhalts- und Renovationsinvestitionen mehr getätigt werden, weil die Mieteinnahmen den Aufwand nicht mehr decken. Das Stichwort hier heisst Ghettoisierung von ganzen Quartieren. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist die Baloise nicht das einzige Unternehmen im Immobiliensektor, das die Entwicklung der Überregulierung und Bevormundung durch eine solche Wohnpolitik mit Sorgen beobachtet. Und was in Basel-Stadt beginnt, kann leicht auf Basel-Landschaft überschwappen. Wenn ein Eigentümer oder Investor, der das langfristige finanzielle Risiko seines Investments trägt, nicht mehr frei entscheiden kann, wann und wie er investiert, wird das nicht eine Unterwerfung unter die strengen Spielregeln zur Folge haben. Sondern einen Rückzug aus den Märkten. Der Gesetzgeber muss mit Blick auf eine prosperierende Wirtschaft den Investoren einen möglichst grossen Spielraum belassen. Leider ist heute das Gegenteil der Fall. Und die Situation wird zunehmend schlimmer und der Staat immer übergriffiger und bevormundender. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass der Baloise- Entscheid wohl erst die Spitze des Eisberges ist. Immer nur in Mindestflächen, Standardkomfort oder Flächenverbrauch pro Person zu denken oder Mietzinsdeckelungen und Profitregelierung ist einseitig. Wenn die Mieten alle um 30 Prozent gesenkt würden, wie das einige Exponenten schon geäussert haben, so würden noch mehr Menschen in die Städte drängen und die Wohnungsnot würde sich massiv verschärfen. Offensichtlich fehlt es rot-grüner Wohnbaupolitik an anderen Lösungen als Vorschriften. Angesichts des austrocknenden Wohnungsmarktes wäre jedoch eine rasche Richtungsänderung wichtig: So muss etwa die strenge Zonenplaninterpretation, die zwischen gewerblich genutzter Fläche sowie Wohnraum unterscheidet, verschwinden. Zudem braucht es Flexibilität für die Investoren, damit jene Wohnformen angeboten werden können, die nachgefragt sind. Was viel zu wenig zur Diskussion kommt, ist der Umstand, welche enorme Auswirkungen die Vorschriftenflut auf die Mieten hat: Rolf Buch, Chef von Deutschlands grösstem Immobilienunternehmen Vonvia, sagte in einem Podcast folgendes: Bauvorschriften verteuern den Wohnraum um 3000-5000 Euro pro Quadratmeter. In dieser Zahl zeigt sich das Ausmass. Es ist Zeit, dieser Entwicklung ein Ende zu bereiten. HEUTE IM STANDPUNKT 4 | VERBANDSWERBUNG Neue Broschüre über Direkt-Mitgliedschaft. Tinyhäuser, Boardingrooms, Mikrowohnungen, möblierte Businness- Appartements oder Studios – der Bedarf an Wohnungen ändert sich gerade rasant, auch als Folge einer sich im Wandel befindenden Arbeitswelt. Mobilität und Flexibilität bezüglich Arbeitsort gewinnen an Bedeutung und sind Teil einer globalisierten und digitalisierten Welt. Gerade Grossfirmen schicken ihre Mitarbeiter für Projekte manchmal wochen- oder gar monatelang an einen entfernten Arbeitsort. Denn nicht alles lässt sich via Zoom besprechen und regeln. Sobald der Auftrag erledigt ist, kehren diese Mitarbeiter wieder zurück an ihren angestammten Arbeitsplatz. Unternehmen suchen deshalb nach temporären Wohnmöglichkeiten möglichst nah am Arbeitsort, denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen nicht immer umziehen und ihr angestammtes Umfeld aufgeben, gerade wenn Familie da ist. Um trotzdem wichtige Fachkräfte an sich binden zu können und teure Unterbringungskosten zu vermeiden, wären Firmen auf kleine, attraktive Wohnmöglichkeiten mit einem adäquaten Preis angewiesen. Doch solche Wohnformen sind rar. Und teuer. Und Firmen, die auf ihrem Gelände Wohnboxen und Boardingräume anbieten möchten, sind von der Politik ausgebremst. Die Baselbieter Regierung hat erst kürzlich erklärt, dass sie auf einer klaren Trennung von Gewerbe- und Industriezonen auf der einen und Wohnzone auf der anderen Seite beharrt. Ausnahmen soll es so gut wie keine geben. Wer die Begründung der Exekutive genau liest, sieht sofort: Obwohl es gesetzlich möglich wäre, Die Unmengen von Bauvorschriften sind nicht nur bevormundend, sie treiben vor allem auch die Kosten massiv in die Höhe. Bild: Shutterstock SANIERUNGSSTOPP – Die Baloise stellt die Renovationsprojekte im Immobiliensektor zurück. Der Grund dafür? Ein verschärfter Wohnschutz in Basel-Stadt. Renovationen vorerst sistiert Umzonungen durchzuführen und Mischformen zuzulassen, also Arbeits- und Wohnformen nebeneinander, hält die Regierung an alten Strukturen fest und gefährdet damit auch den Wirtschaftsstandort Basel- Landschaft. Zu streng reglementiert Wohnungsanbietern sowie Immobilienbesitzerinnen und Immobilienbesitzern ist es zurzeit nicht möglich, auf die Nachfrage nach alternativen Wohnformen zu reagieren. Grund sind sehr enge Bauvorschriften, die mungen. Diese umschreiben beispielsweise, wie stark ein Vermieter bei einer Sanierung den Mietpreis anheben darf. Zu wenig, findet die Baloise und dürfte da wohl für viele Vermieterinnen und Vermieter sowie Investoren sprechen. «Renovationen rechnen sich in Basel nicht mehr», wird Henny zitiert. Und: «Als Versicherung investieren wir treuhänderisch das Geld unserer Versicher- fast alles umfassen – von Fenstergrösse, Lichtmenge und Raumgrösse über Gänge, Treppen, Lüftung bis hin zu Heizungsform, Dämmung und Nasszellenstruktur. Die Unmengen von Bauvorschriften sind nicht nur bevormundend, sie treiben vor allem auch die Kosten massiv in die Höhe. Und machen Investoren zurückhaltend, was wieder um die Mietpreise nach oben katapultiert. Deutlich zu sehen ist das gerade bei Wohnungen und Business-Appartements an zentraler Lage in Ballungszentren wie Zürich. Mit der Baloise zieht ein erster grosser Player im Immobiliensektor die Reissleine. Wie Matthias Henny, Chief Investment Officer, gegenüber der «Basler Zeitung» sagt, lohnen sich Renovationen von Wohnhäusern für das Unternehmen nicht mehr. Der Baloise gehören Tausende von Wohnungen. Grund für den Renovations-Stopp sind die neuen Wohnschutzbestimten, um sichere Renten bezahlen zu können. Dazu benötigen wir eine Anlagerendite von zwei bis vier Prozent.» Henny verweist auf das Bundesrecht, das eine gewisse Rendite als Basis für eine Investition vorschreibe. Deshalb könne das Unternehmen die Gelder nun nicht mehr in solche Projekte investieren. Mischa Hauswirth Bereits kommt es für möblierte Angebote zu Preisen über 10 000 Franken pro Monat. Und eine Zweizimmerwohnung kann auch in Basel schon gut über 3000 Franken kosten. Tendenz steigend. Um solchen Entwicklungen nun Einhalt zu gebieten, will Mitte-Landrat Marc Scherrer von der Baselbieter Regierung ein paar Fragen beantwortet bekommen. In seiner am 8. Februar eingereichten Interpellation «Unnötige Bauvorschriften behindern zeitgemässes Bauen» schreibt Scherrer, dass die staatliche Forderung, «nach bestimmten Minimalmassen bauen zu müssen», einem aktuellen Trend widerspreche. «Die Nachfrage nach Kleinwohnformen steigt kontinuierlich», so Scherrer. Von der Baselbieter Regierung möchte der Mitte-Landrat wissen, ob sie das Bedürfnis von Investoren und Privaten anerkenne, die kleinere Räumen und Häuser zu Wohnzwecken erstellen möchten. Zudem stellt Scherrer die entscheidende Frage, ob der Regierungsrat bereit sei, «die gesetzlichen Grundlagen so anzupassen, dass insbesondere die Raumgrösse nicht mehr gesetzlich beziehungsweise von einer Verordnung vorgeschrieben wird». Ein Ziel der Interpellation ist, Druck aufzusetzen. Denn die veralteten und zu engen Bauvorschriften sollten dringend einer Revision unterzogen werden. Nur so können «zeitnah innovative Baulösungen» umgesetzt werden, wie Scherrer schreibt. Er nennt als eines der Beispiele die Tinyhouse-Bewegung. Wann genau die Regierung zur Interpellation Stellung nimmt, ist noch nicht bekannt. Mischa Hauswirth ABSTIMMUNGEN Nein zu trügerischer 13. AHV-Rente Am 3. März stimmt die Schweiz über zwei Vorlagen zur AHV ab. Mit der «13. AHV-Rente» wollen die Befürworter mehr Geld für Rentner. Diese angebliche Sanierung der Altersvorsorge bedeutet jedoch eine einseitige Bevorzugung einer Generation und eine übermässige Belastung des AHV-Systems. Ein Ja hätte auch direkte Auswirkungen auf das Vermögen der Jüngeren, und das würde sich auf den Konsum und die Investitionen auswirken. Darum sagen wir hier Nein, aber Ja zur «Renteninitiative».

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