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Standpunkt 555, 3. März 2023

Standpunkt 555, 3. März

SCHWEIZERISCHE 3. März 2023 Die Zeitung für KMU | Regionalbund | Standpunkt-Ausgabe Nr. 555 | 26. Jahrgang AZA 4133 Pratteln Post CH AG DIE MEINUNG Kopfschütteln im Baselbiet MUGGENBERGTUNNEL – Der Ausbau der N18 zwischen Basel und Delémont ist erstmals im Strategischen Entwicklungsprogramm (STEP) Nationalstrassen des Bundes enthalten. Eines der drei Vorhaben auf der Strecke ist der Muggenbergtunnel. Projekt nimmt grosse Hürde Von Christoph Buser, Direktor Wirtschaftskammer Baselland Im Baselbiet beobachtet man derzeit eine stark erhöhte Anzahl an kopfschüttelnden Menschen. Der Grund sind nicht nachvollziehbare Geschehnisse in Pratteln. Niemand will den Sinn der noch immer gesperrten Rheinstrasse verstehen, der durch die viel zu komplizierte neue Verkehrsführung zu unzähligen Mehrkilometern und zu starken Einflüssen auf das unternehmerische Handeln der dort ansässigen Firmen führt. Es war kaum vorstellbar, dass diese Aktion der Bau- und Umweltschutzdirektion, die viele Betroffene als wahren Schildbürgerstreich einstufen, noch überboten werden kann. Doch das kantonale Lufthygieneamt aus derselben Direktion hat es wenige Tage vor der Prattler Fasnacht tatsächlich geschafft. Den Organisatoren der Prattler Fasnacht wurde durch diese Behörde verboten, das seit rund 100 Jahren als feste Tradition verankerte Fasnachtsfeuer auf dem Mayenfels zu entzünden – und das zwei Tage vor dem Anlass, der mit vielen freiwilligen Arbeitsstunden bereits vorbereitet worden war. Begründung der Behörde: der Anteil an Grünholz würde zu einer übermässigen Luftbelastung führen. Das war nicht etwa ein besonders ausgeklügelter Fasnachtsscherz einer besonders originellen Behörde, nein es war leider bitterer Ernst. Denn Spass wollte das Lufthygieneamt keinen verstehen und drohte forsch mit einer Busse bei Zuwiderhandlung. Wo genau sind wir im Jahr 2023 gelandet? Eine Behörde schiesst aus der Hüfte und will mit einer Intervention an der kleinstmöglichen Stelle das Weltklima retten. Gleichzeitig wird einige hundert Meter südlich im Gewerbegebiet Netziboden/Lohag durch die behördlich angeordnete Sperrung der Rheinstrasse munter ein vielfaches an zusätzlichem CO 2 in die Atmosphäre gepustet. Den ökologischen Fussabdruck der BUD in diesem Vergleich möchten wir lieber nicht messen. Aktuell werden gerade zwei grosse politische Vorlagen aus der gleichen Direktion in der Vernehmlassung oder sogar bereits demnächst im Parlament diskutiert: Die Klimastrategie und die Änderung des Energiegesetzes. Beide Vorlagen sind aber weder vom Landrat noch vom Volk beschlossen, doch die Behörden in Liestal handeln, als sei dies der Fall – frei nach dem offenbar neuen Motto der BUD: «Mitsprache unerwünscht». HEUTE IM STANDPUNKT 2 | GASVERSORGUNG Baselbieter KMU bangen, IWB entwarnt. 4 | GRUNDSCHULE METALL Das Angebot «üK Plus» ersetzt die Grundschule Metall. Gute Nachrichten für das Laufental: Die Umfahrungen Delémont und Laufen–Zwingen sowie der Muggenbergtunnel mit dem Knoten Angenstein sind in die «Weiteren Realisierungshorizonte» des Strategischen Entwicklungsprogramms (STEP) Nationalstrassen aufgenommen worden. Dies geht aus der Botschaft des Bundesrats zum Zahlungsrahmen Nationalstrassen 2024–2027 hervor. Nach jahrelangem Stillstand haben die drei N18-Engpässe endlich diese wichtige Hürde genommen. Von Muttenz nach Delémont Die N18, die seit dem 1. Januar 2020 Teil des Nationalstrassennetzes ist und das Trassee der H18 übernommen hat, verbindet auf einer Länge von rund 36 Kilometern den Anschluss Delémont-Est mit dem Anschluss Muttenz-Süd. Für das Laufental ist sie seit Jahren Segen und Fluch zugleich: Die N18 ist einerseits die wichtigste Verkehrsachse und gewährleistet den Anschluss an das Hochleistungsstrassennetz, andererseits kann sie den ständig wachsenden Verkehr nicht bewältigen. Anders ausgedrückt: Der Individualverkehr im prosperierenden Tal, das sich als Wohn- und Arbeitsort immer grösserer Beliebtheit erfreut, ist schneller gewachsen als die Verkehrsinfrastruktur. Folge ist die massive Zunahme der Staustunden und der Lärmemissionen. Spürbare Entlastung für Laufental Insbesondere vom Muggenbergtunnel erhoffen sich die Laufentalerinnen und Laufentaler eine spürbare Entlastung ihres Tals. Dieser soll ein Länge von 1100 Metern haben und Teil einer rund zwei Kilometer lan­ Bereits beim Bau der N18 wurde auf der Aescher Seite rechts der Rampe die Zufahrt zum künftigen Portal des Muggenbergtunnels angelegt. Bild: Google Maps gen Umfahrungsstrasse sein. Das gesamte Vorhaben führt vom Nordportal des Eggfluetunnels durch den Muggenberg und schliesst im Norden an die bestehende N18 am Knoten Angenstein an. Ältere Schätzungen des Kantons Basel-Landschaft gehen von Kosten von rund 150 Millionen Franken aus. Da laut dem Bund bei den Projekten an der N18 ein «grundsätzlicher Überprüfungsbedarf» besteht, wurden noch keine Kostenangaben gemacht. Auch ist der Realisierungshorizont noch nicht festgesetzt worden. Trotzdem: Wer im Entwicklungsprojekt aufgenommen wird, hat bereits eine grosse Hürde genommen. Der nächste Schritt ist die Weiterführung einer bereits laufenden Korridorstudie durch den Bund. Im Rahmen dieser soll geprüft werden, ob die gewählten Lösungsansätze zielführend sind, ob grundsätzliche Alternativen zu den vorgesehenen Umfahrungsprojekten bestehen und wie auf der gesamten Strecke ein homogener Ausbaustandard sichergestellt werden kann. Die Ergebnisse aus der Korridorstudie werden Ende 2024 erwartet. Korridorstudie durchführen Grosse Genugtuung über die Entscheidung des Bundes herrscht beim Komitee N18, das sich für eine nachhaltige und zeitnahe Beseitigung der bestehenden Engpässe am Angenstein, bei der Ortsdurchfahrt Laufen und Zwingen sowie bei der Durchfahrt Delémont einsetzt. Eines der knapp 70 Mitglieder ist Mitte-Landrat Marc Scherrer. Der Vizedirektor der Wirtschaftskammer zeigt sich erfreut, dass die Projekte an der N18 in das STEP Nationalstrassen aufgenommen wurden. Jetzt sei wichtig, die Korridorstudie schnellstmöglich durchzuführen, damit das Bundesamt für Strassen (Astra) konkrete Projektanträge ableiten und Bundesgelder einfordern könne. Erst dann habe man einen konkreten Realisierungshorizont, ist Scherrer überzeugt. Und fügt hinzu: «Langfristig muss es uns gelingen, die Achse Delémont–Basel komplett zu realisieren, der Muggenbergtunnel ist dabei ein Etappenziel.» «Hoch erfreut» ist auch FDP-Landrat und Komiteemitglied Rolf Blatter. Der Bundesrat anerkenne mit seinem Entscheid, dass das Nationalstrassennetz im Raum Basel zu den verkehrlich am stärksten belasteten Abschnitten der Schweiz gehöre. «Die Aufnahme der N18 in das STEP Nationalstrassen ist ein sehr wichtiger Schritt in die richtige Richtung – ein weiter Weg liegt aber noch vor uns. Der Realisierungshorizont liegt wohl frühestens im Jahr 2050», sagt Blatter. Loris Vernarelli VERKEHRSPOLITIK – Im Agglomerationsprogramm des Bundes fehlt wie erwartet eine Kostenbeteiligung am wichtigen Strassenprojekt des Zubringers Allschwil. Nun ist der Kanton gefordert. Zubringer Allschwil ohne Bundesmittel So gross die Freude über die Aufnahme des Ausbaus der N18 im Laufental in das strategische Entwicklungsprogramm des Bundes ist (siehe oben), so ernüchternd ist die nun definitive Nichtberücksichtigung des Zubringers Allschwil. Eine riesige Überraschung ist dies leider nicht mehr, da der Bund schon beim Start in die Vernehmlassung zum Agglomerationsprogramm der 4. Generation im Juni 2022 dem Strassenprojekt keine Priorität eingeräumt hatte und sich nicht an den vom Kanton Basel-Landschaft eingegebenen Gesamtkosten von 345 Millionen Franken beteiligen wollte. Im September 2022 wurde diese Einschätzung bestätigt. Die Ankündigung des Baselbieter Regierungsrates und Baudirektors Isaac Reber, sich beim Bund mit Vehemenz für eine Korrektur einzusetzen («Wir werden mit allen Mitteln für den Zuba kämpfen»), hat leider nicht gefruchtet. In der nun vom Bundesrat verabschiedeten definitiven Fassung des Agglomerationsprogrammes fehlt diese wichtige Verkehrsentlastungsachse zum Anschluss des wirtschaftlich bedeutendsten Wirtschaftsentwicklungsgebiets des Kantons an das National strassennetz weiterhin. Der Bund anerkennt zwar den Handlungs bedarf «für eine gesamtverkehrliche Erschliessungslösung» im Bachgrabengebiet, begründet seine ablehnende Haltung jedoch mit einem «ungenügenden Kosten- Nutzen-Verhältnis» und dem Fehlen einer fundierten Analyse. Damit spielt er den Ball relativ deutlich an die kantonalen Planer zurück. Eigenständige Finanzierung Die erhoffte rund 40-prozentige Kostenbeteiligung des Bundes für den ZUBA fällt also aus, bis zur 5. Generation des Agglomerationsprogrammes dürfte es zu lange dauern, denn das Gebiet boomt und das Verkehrsproblem ist schon heute akut. Die Wirtschaftskammer Baselland hatte schon früh darauf aufmerksam gemacht, dass sich der Kanton um eine eigenständige Finanzierung kümmern müsse, um nicht noch mehr Zeit bis zum bereits einmal auf 2027 verschobenen Baustart zu verlieren. Mit den Unternehmen, die von der aktuellen Situation stark betroffen sind, setzt sich die Wirtschaftskammer für eine rasche und umfassende Lösung ein. Sie hatte auch schon für die Erweiterung der Planung auf je zwei Fahrspuren plädiert, um für das Verkehrsaufkommen der Zukunft gewappnet zu sein. Daniel Schaub

Standpunkt der Wirtschaft