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Standpunkt 547, 7. Oktober 2022

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Standpunkt 547, 7. Oktober

SCHWEIZERISCHE 7. Oktober 2022 Die Zeitung für KMU | Regionalbund | Standpunkt-Ausgabe Nr. 547 | 25. Jahrgang AZA 4133 Pratteln Post CH AG DIE MEINUNG Viel gelernt am Tag der Lernenden ENERGIE – Im Energiebereich tut aktuell etwas Pragmatismus gut. Experte Dr. Marc Schürch tut dies mit seiner Einordnung im Rahmen verschiedener Anlässe im Haus der Wirtschaft. Bei der Premiere gab er in Sachen möglicher Mangellagen ein gutes Stück Entwarnung. «Staatliche Eingriffe unnötig» Von Christoph Buser, Direktor Wirtschaftskammer Baselland Die Bildung sei unser wichtigster, weil einziger Rohstoff. So tönt es hierzulande in vielen Politiker reden. Offenbar haben es die Rohstoffe an sich, dass wir im Umgang mit ihnen nur wenig Sorge tragen. Mich befällt dieser Gedanke, wenn ich sehe, dass es uns immer schlechter gelingt, die Jugendlichen im Sekundarschulalter für die Berufsbildung und damit für handwerkliche Berufe zu begeistern. Klar beginnt das oft im Elternhaus: Der Sohn oder die Tochter muss unbedingt ans Gymi. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn das Sekundarschulalter ist doch auch der Zeitpunkt der Loslösung vom Elternhaus, wo nicht nur neue Freiräume, sondern auch neue Sichtweisen, Bezugspersonen und Vorbilder gesucht werden. Orientierung und Anerkennung in der neuen «Peergroup», also unter den Gleichaltrigen, ist in dieser Phase von grösster Bedeutung. Eigentlich ist so viel Offenheit für Neues doch das ideale Umfeld, um die Berufsbildung als gute Zukunftsoption zu promoten. Um in einer Zielgruppe erfolgreich werben zu können, muss man diese verstehen. Am Tag der Lernenden wollten wir von den Jugendlichen hören, ob und wie die heute praktizierte «Überzeugungsarbeit» für die Berufslehre bei ihnen ankommt. Und die Jugendlichen haben nicht enttäuscht: Sie gaben offen Auskunft darüber, was ihnen wichtig ist, was gut und weniger gut ankam. Meine «Take-aways»: Die berufliche Orientierung in den Schulen braucht mehr Praxisbezug und es muss gelingen, die aktuell grossen Unterschiede in der Art und Qualität der Darstellung der Berufsbildung zu beheben. Mit Blick auf die Schnittstellen der Jugendlichen zur Wirtschaft sind die Schnupperlehren eine Baustelle, die es anzugehen gilt. Der Zugang zu diesen Angeboten muss niederschwellig sein, und es braucht jetzt den Mut, konsequent auf die Digitalisierung zu setzen. Die Ergebnisse dieser Standortbestimmung sind rasch in konkrete Massnahmen umzuwandeln. Denn der Stimmungswandel hinsichtlich der Popularität der Berufsbildung wird Zeit brauchen. Zeit, die mit Blick auf den Fachkräftemangel eigentlich gar nicht zur Verfügung steht. HEUTE IM STANDPUNKT 2 | LIGA STROMKUNDEN Die neue Präsidentin der Liga Baselbieter Stromkunden heisst Christine Frey. 7 | BERUFSBILDUNG Leiter Marc Scherrer stellte neuen Kurs vor. 8 | LOHNHERBST Tipps für den «heissen Lohnherbst 2022». Energie ist ein aktuell an allen Fronten aufgeregt diskutiertes Thema – der Bedarf nach Einordnung und auch etwas Pragmatismus ist immens. Das zeigte jüngst ein Anlass mit dem Experten Dr. Marc Schürch im Haus der Wirtschaft, der innerhalb kürzester Zeit mit rund 300 Teilnehmenden restlos ausgebucht war. Der Anlass des HEV Basel land wird deshalb am 24. Oktober wiederholt – ausserdem ist Schürch Teil eines weiteren Events, der sich spezifisch an KMU wendet. Am 20. Oktober 2022 werden Cédric Christmann (Geschäftsführer Primeo Energie AG), Norbert Bäckert (Leiter Geschäftsbereich Netze der Elektra Baselland EBL) und Patrik Reiniger (Leiter kant. Führungs stab BL) Einschätzungen zur Lage im Energiebereich abgeben, die sich an den Bedürfnissen der Unternehmen orientieren. Dr. Marc Schürch (vgl. Interview Seite 3) wird dort ebenfalls seine Analyse einbringen. «Wir werden nicht frieren» Am Event vom 26. September gab er einen Überblick über die Lage und kam auf der Basis seiner Erkenntnisse zum Schluss: «Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es im kommenden Winter bei uns dunkel wird und wir werden auch nicht frieren.» Der Bund habe zahlreiche Massnahmen eingeleitet, die Stromausfälle und Mangellagen in der Verfügbarkeit von Energie kompensieren könnten. Die Schweizer Speicherseen, die wichtigste Energiereserve der Schweiz, seien im September 2022 gut gefüllt – ausserdem habe der Bundesrat mit der verpflichtenden Bildung einer Wasserkraftreserve Energieexperte Dr. Marc Schürch (l.) und Wirtschaftskammerdirektor Christoph Buser im Gespräch am Energie-Anlass des HEV. Bild: ds vorgesorgt. In Birr werden zudem Notstromaggregate sowie auf 2024 ebenfalls in Birr ein Reservekraftwerk errichtet. Da die Schweiz in ihrer Stromversorgung nur zu 12 Prozent von Importen abhängig ist, könne die Winterlücke zusätzlich mit dem vorhandenen Sparpotenzial aufgefangen werden. Der Preis für die nun eingeleiteten Massnahmen ist indes hoch, führte Schürch aus. Der ökologische Effekt sei negativ, da vornehmlich fossile Brennstoffe zur zusätzlichen Stromproduktion eingesetzt würden. Die Notstromaggregate verbrauchen zum Beispiel stündlich 70 000 Liter Öl. Ausserdem seien die Kosten immens. Die Wasserkraftreserve kostet die Schweiz rund 500 bis 600 Millionen Franken. Markt reguliert sich Schürch ist überzeugt, dass der Markt sich in eineinhalb Jahren wieder beruhigen wird. Die aktuelle Lage sei auch eine Verkettung vieler negativer Umstände wie Covid-19, dem Ukraine-Krieg, der Überholung französischer Kernkraftwerke und der generellen Belastung der globalen Lieferströme. Staatliche Eingriffe zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit seien richtig und wichtig, Eingriffe bei den Energiepreisen aber nicht notwendig, da sich der Markt selbstständig regulieren werde. Oder wie es Christoph Buser, Präsident des HEV Baselland und Direktor der Wirtschaftskammer Baselland, ausdrückte: «Das Wasser findet seinen Weg immer.» Der Energiepreis orientiere sich derzeit stark an den teuren fossilen Brennstoffen, das werde sich ändern, da derzeit der Einstieg in erneuerbare Energien preislich attraktiv sei und mehr Flexibilität geschaffen wird. Durch den massiven Anstieg der CO 2 -Preise werde die Verlagerung automatisch stattfinden, sodass sogar die aktuelle Privilegierung und Subventionierung von erneuerbaren Energien wegfallen könne. Schürch ist überzeugt, dass sich die Strompreise bis in zwei Jahren wieder einpegeln werden. Fossile Energien verschwinden Im Energiemix der Schweiz im Jahr 2050 würden Öl und Gas nahezu keine Rolle mehr spielen. Solar- und Windenergieanlagen an effizienten Lagen, die ausgebaute Wasserkraft, erneuerbare Wärme sowie sogenannte «Power-to-X»-Technologien wie grüner Wasserstoff, zum Beispiel im Grosstransportbereich (Seeund Luftfahrt), werden die neue Energielandschaft dominieren. Insgesamt vermittelte Schürch trotz grosser Herausforderungen ein entspanntes Bild für die Energiezukunft. Auch wenn er das Risiko einer Mangellage als sehr gering einstuft, seien die eingeleiteten Notmassnahmen sinnvoll, um die Lage in den Griff zu bekommen. Wichtig sei aber auch die nachhaltige Sicherung der Versorgung. Daniel Schaub Seite 3 PROZESSERFOLG FÜR DIE WIRTSCHAFTSKAMMER – Das eingesetzte Schiedsgericht weist eine Klage des Kantons über die Rückforderung von Kontrollbeiträgen der Arbeitsmarktkontrolle 2014 vollumfänglich ab. Schiedsklage gegen die ZAK abgewiesen Die Frage, ob die Zentrale Arbeitsmarkt-Kontrolle ZAK, die Vorgängerin der von der Wirtschaftskammer und des Gewerkschaftsbunds Baselland paritätisch geführten Arbeitsmarkt-Kontrollbehörde AMKB, 2014 ihre Leistungen korrekt erbracht hat, war seit Jahren ein Politikum. Klage des Kantons 2019 leitete zudem der Kanton Basel- Landschaft gegen die ZAK eine Zivilklage vor einem Schiedsgericht über die Frage ein, ob die ZAK 2014 ihre Leistungspflicht erfüllt habe. Die Wirtschaftskammer, der Gewerkschaftsbund Baselland und die AMS AG traten dem Prozess als Nebenintervenientinnen bei. Der Streit fokussierte sich deshalb auf 2014, weil in jenem Jahr, als das neue kantonale Gesetz gegen die Schwarzarbeit eingeführt wurde, die Zahl der durchgeführten Baustellenkontrollen tatsächlich deutlich tiefer ausfiel als all die Jahre davor und danach. Der Kanton argumentierte, aufgrund der Unterschreitung der im März 2015 abgeschlossenen Leistungsvereinbarung 2014–2016 festgesetzten Kontrollzahlen müsse die ZAK praktisch die gesamten staatlichen Beiträge, 523 250 von erhaltenen 650 000 Franken, nebst Zins zurückzahlen. Das eigens für diesen Prozess zusammengesetzte Schiedsgericht wies nun diese Woche die Klage vollständig ab. Im Wesentlichen verwies das Gericht darauf, dass der Kanton die Zählweise der Kontrollen im Nachhinein unzulässig geändert habe. Weiter sei das Verhalten des Kantons widersprüchlich gewesen, habe doch der gleiche Kanton die korrekte Leistungserfüllung durch die ZAK sogar im Jahr 2014 ausdrücklich genehmigt. Vorwürfe ohne Grundlage Nach dem Freispruch für Regierungsrat Thomas Weber, dem in diesem Zusammenhang eine Begünstigung der Sozialpartner vorgeworfen worden war, und der weitgehenden Gutheissung der Zivilklage der Wirtschaftskammer gegen die Basler Zeitung durch das Kantonsgericht, unter anderem wegen deren kritischer Berichterstattung zur ZAK, ist der Entscheid eine weitere Bestätigung, dass die von Seiten gewisser Medien, Politiker und Verwaltungsangestellter gegen die ZAK erhobenen Vorwürfe jeglicher Grundlage entbehrten und die frühere Kontrollbehörde ihre Arbeit genau so gewissenhaft und korrekt erbracht hat wie auch ihre Nachfolgeorganisation, die AMKB. Die Parteien haben sich darauf geeinigt, den Entscheid des Schiedsgerichts als endgültig anzuerkennen. Dr. iur. Adrian Bachmann

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