SCHWEIZERISCHE 17. Juni 2022 Die Zeitung für KMU | Regionalbund | Standpunkt-Ausgabe Nr. 542 | 25. Jahrgang AZA 4133 Pratteln Post CH AG DIE MEINUNG Krasse Fehleinschätzung ENERGIE – Im Kanton Basel-Landschaft sind die Gesuche zur Förderung des Heizungsersatzes im Rahmen des Energiepakets in den ersten vier Monaten des Jahres um 17 Prozent gestiegen. In anderen Kantonen ist der Trend noch stärker. Fördergesuche steigen stark Von Christoph Buser, Direktor Wirtschaftskammer Baselland «Schwierig nachzuvollziehen» sei der Entscheid, so tönt es hilflos aus der Baselbieter Bau- und Umweltschutzdirektion, nachdem die Projekteingabe des Zubringers Bachgraben (Zuba) vom Bundesrat auf die C-Liste platziert wurde. Also auf jene Liste von Projekten, die es eigentlich gar nicht braucht und die frühestens in zehn Jahren realisiert werden sollen. Leider steht der Vorgang rund um das Zuba- Projekt sinnbildlich für die Verkehrsplanung in unserem Kanton. Da wird im Bachgrabengebiet in Allschwil mit Hochdruck ein Wirtschaftsgebiet entwickelt. Angeführt von Regierungsrat Isaac Reber verspricht man den sich ansiedelnden Unternehmen mittlerweile seit Jahren eine gute Erschliessung und tut so, als sei alles im grünen Bereich. Und dann kommt der Hammer aus Bern – offenbar aus heiterem Himmel. Wie kann so etwas sein? Sind die Kriterien für die Bundesfinanzierung derart nebulös, dass eine Prognose schwieriger ist als die Gewittervorhersage? Wohl kaum. Es scheint, die verantwortlichen Stellen haben wiederholt die Wirkungsmechanismen des Agglomerationsprogramms falsch eingeschätzt. Dieses Förderprogramm hat sich in den letzten Jahren mehr und mehr zu einem Finanzierungspool für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs entwickelt. Das kann man gut finden oder nicht, aber der Blick auf die Kriterien und auf die Mittelvergaben lässt keinen anderen Schluss zu. Ein Strassenprojekt hat nur eine Chance, wenn das Kosten-Nutzen-Verhältnis überragend ist. Und hier liegt die Schwachstelle beim eingereichten Zuba-Projekt. Mit nur einer Tunnelröhre und gleichzeitiger Verkehrsberuhigung des zu entlastenden Strassenabschnitts entspricht der Tunnel verkehrstechnisch nicht viel mehr als einem Realersatz. Wer will, kann dies auch als städtebauliche Aufwertung des Gebiets, aber gewiss nicht als Projekt zur Lösung der täglichen Verkehrsprobleme auslegen. Die Zahlen aus den ersten Monaten des Jahres 2022 sprechen eine deutliche Sprache. Fördergesuche für energetische Massnahmen an Gebäuden steigen seit Jahresbeginn, spätestens aber mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs Ende Februar und der damit verbundenen Versorgungsunsicherheit mit fossilen Energie trägern markant an. Im Kanton Basel-Landschaft ist die Gesuchsanzahl für die Förderung von Heizungsersatzlösungen mit Wärmepumpen, Holz oder Fernwärme gegenüber dem Vorjahr um satte 17 Prozent grösser. Für das gesamte Jahr 2022 zeichnet sich schon heute eine weitere Zunahme der behandelten und gutgeheissenen Gesuche im Vergleich mit den Vorjahren ab. Verdoppelung im Aargau Im Kanton Aargau haben sich die Fördergesuche im Monat März 2022 gegenüber den beiden Vormonaten nahezu verdoppelt – und die Zahl hat sich seither auf hohem Niveau stabilisiert, wie Stefan Haas, Leiter Gebäude-Energie bei der IWF AG, erklärt. Auch in Zürich beobachtet er eine ähnliche Entwicklung. Mit seiner Abteilung IWF Energy ist Haas mit seinem Team für die Gesuchsabwicklung in den beiden Kantonen verantwortlich. Der Experte sieht einen klaren Zusammenhang mit der herrschenden Unsicherheit und Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aus kriegerischen Gebieten, aber auch gesetzliche Rahmenbedingungen als Hauptgründe für den markanten Zuwachs an Fördergesuchen. «Im Kanton Zürich wurde im vergangenen November ein neues Energiegesetz gutgeheissen, das ein künftiges Verbot von fossilen Heizungen vorsieht. Die Fördergesuche für energetische Massnahmen in Gebäuden stapeln sich seit dem Ausbruch des Ukraine- Kriegs spürbar höher. Bild: Schaub Obwohl dieses erst am 1. September dieses Jahres in Kraft treten wird, spürt man schon jetzt die Auswirkungen», so Haas. Stau auf vielen Ebenen Die starke Zunahme an Fördergesuchen bringe «die ganze Kette an eine Belastungsgrenze», erklärt Haas. Das beginnt schon bei der Gesuchsabwicklung, führt weiter über die Planer, die Installateure und letztlich auch die Kontroll- und Zertifizierungsstellen. «Es fehlt in allen Bereichen an genügend Fachkräften», stellt Haas fest und spricht von einem «grösseren Stau». Wer sich heute entscheidet, seine fossile Heizung zum Beispiel durch eine Wärmepumpe zu ersetzen, muss einen Umsetzungszeitraum von rund eineinhalb Jahren einplanen. Die Heizungsbauer haben allein schon für die Offerte Wartezeiten von bis zu einem halben Jahr, auch beim Einbau der Wärmepumpensysteme sind kurzfristige Termine eine Illusion. Bei den Fördergesuchen für Wärme pumpen kommt dazu, dass neben dem zwingend nötigen vorgängigen Gesuchseingang nach Abschluss des Einbaus als zwingende Förderbedingung ein Wärmepumpen- Systemmodul (WPSM) erstellt werden muss. Dieses Qualitätslabel stellt sicher, dass die Wärmepumpe effizient eingestellt ist und möglichst kein «Betrieb ohne Nutzen» erfolgt. Auf dieses Zertifikat, das Voraussetzung ist für die finale Auszahlung der Förder gelder, muss derzeit auch rund zwölf Wochen gewartet werden. Das Zertifikat ist für Wärmepumpen mit bis rund 15 kW thermischer Leistung Pflicht. Die Kosten werden seit dem 1. März 2022 im Rahmen des Baselbieter Energiegesetzes übernommen. Wirtschaftlichkeit gegeben Trotz allen derzeitigen Hindernissen und Wartezeiten sind für Haas die Vorteile bei einer zeitnahen Umstellung auf nicht-fossile Heizungssysteme nicht von der Hand zu weisen: «Eine Vollkostenrechnung im Rahmen einer Impulsberatung zeigt sehr schnell auf, dass sich eine Investition aufgrund der niedrigeren Energiekosten in den kommenden Jahren auszahlt und die Wirtschaftlichkeit gewährleistet ist.» Daniel Schaub Nun ist der Kanton gefordert. Dass hier mit Mitteln aus dem Agglo-Programm gerechnet wird, ist eine krasse Fehleinschätzung. Den Bund vom Gegenteil zu überzeugen, ist praktisch unmöglich. Die Chance, von der C-Liste auf die A-Liste zu gelangen, ist gleich null. Die Zeit aber drängt, damit die den Unternehmen versprochene zeitnahe Erschliessung des Gebiets realisiert werden kann. Deshalb muss der Kanton bei diesem Projekt die langwierigen Bundesgelder-Prozesse zur Seite legen und selber für die Erschliessung aufkommen. Es ist eine Investition in ein erstklassiges Wirtschaftsgebiet, das Renditen abwerfen wird. Die Firmen in diesem Gebiet benötigen dringend Planungssicherheit und Perspektiven. HEUTE IM STANDPUNKT 3 | INTERVIEW Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher. SWISS INNOVATION CHALLENGE 2022 – Die Teilnehmenden des von der Wirtschaftskammer, der FHNW und der BLKB organisierten Innovationswettbewerbs sind zum First Pitch angetreten. Erste Runde im Innovationswettbewerb Der First Pitch, die erste Runde des von der Wirtschaftskammer, der FHNW und der BLKB organisierten Swiss Innovation Challenge 2022, ging am vergangenen 8., 9. und 10. Juni über die Bühne des Auditoriums des Tagungs- und Eventcenters (TEC) im Haus der Wirtschaft. Das TEC ist vor Kurzem mit dem «Swiss Location Award 2022» ausgezeichnet worden. Die Teilnehmenden der Swiss Innovation Challenge hatten jeweils drei Minuten Zeit, um ihre Innovationsidee zu präsentieren. Die Jury musste das Teilnehmendenfeld halbieren und bestimmte, wer am Second Pitch vom kommenden 5. und 6. September teilnehmen darf. «In der zweiten Runde sehen wir uns den Businessplan des Innovationsprojekts genauer an», sagt Prof. Dr. Rolf-Dieter Reineke, fachlich-wissenschaftlicher Leiter und Jury-Mitglied der Swiss Innovation Challenge sowie Leiter MBA-Programme an der Hochschule für Wirtschaft FHNW, im Interview mit dem Standpunkt. ra Seite 5 Ein Teilnehmer der Swiss Innovation Challenge 2022 steht mit seinem Innovationsprojekt erstmals vor der Jury. Bild: zVg
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