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Standpunkt 535, 18. Februar 2022

Standpunkt 535, 18. Februar

SCHWEIZERISCHE 18. Februar 2022 Die Zeitung für KMU | Regionalbund | Standpunkt-Ausgabe Nr. 535 | 25. Jahrgang AZA 4133 Pratteln Post CH AG DIE MEINUNG Hinter dem Horizont ZUBA – Das Projekt Zubringer Bachgraben-Allschwil hat im Landrat die erste politische Hürde geschafft. Die Debatte verlief hitzig, nicht zuletzt wegen der im Vorfeld der Debatte lancierten Mobilitätsumfrage des Komitees «Bachgraben plus». Projekt klammert Änderungen aus Von Christoph Buser, Direktor Wirtschaftskammer Baselland Das Tabakwerbeverbot hat am Wochenende verfangen. Kinder sollen vor der Werbung für ein schädliches Produkt geschützt werden. Der Ruf nach selbstbestimmtem Denken und die Warnung vor noch mehr Verboten und Bevormundung hatten wenig Chancen. Es war ein Resultat, das nach den Umfragen zu erwarten war. Was mir viel wichtiger erscheint, ist das, was sich als Folge dieses Jas hinter dem Abstimmungshorizont verbirgt und rasch zum Vorschein kommt: Das Verbots-Wunschkonzert nimmt Fahrt auf, die Jungen Grünen wollen gar ein grundsätzliches Werbeverbot für Konsumgüter. Menschen kann man vor vielem schützen, aber man sollte sie sicherlich nicht davor bewahren, sich eine eigene Meinung bilden zu können und eigenständig zu handeln. Im Landrat hat man vergangene Woche über ein Mobilitätsprojekt der Zukunft gesprochen. Im Jetzt sind da 4000 Personen, die bereits im hoffnungslos überlasteten Bachgrabengebiet arbeiten. Am Horizont sind der Zubringer Bachgraben und darüber hinaus auch die Umfahrung Allschwil, die raschmöglichst angepackt werden müssen. Aber leider ist das Zuba-Projekt, das wir heute betrachten, von vorgestern. Ein neuer Quartierplan und Ausbauwünsche bereits angesiedelter Unternehmen kommen zu den erwarteten weiteren 6000 Arbeitsplätzen ebenso hinzu wie der Anlieferverkehr. Also sollte ein Projekt nicht Ideologie zementieren, sondern die langfristigen Bedürfnisse abbilden. Dazu gehört auch das Anerkennen der Tatsache, dass der motorisierte Individualverkehr seit Jahren stetig wächst. Künftig sogar klimafreundlich. Aber der Wunsch nach (staufreier) Mobilität bleibt, was sich im Baselbiet auch in Abstimmungen immer wieder zeigt. Es ist deshalb nichts Falsches daran, Bedürfnisse abzuholen und Rahmenbedingungen zu aktualisieren. Auch wenn das Projekt absolut unumstritten ist. Hinter dem Horizont geht’s weiter. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber vielleicht sollte man sich und andere bei zukunftsweisenden Entscheidungen immer wieder daran erinnern, weiterzuschauen als nur dorthin, wo das (ideologische) Auge gerade hinreicht. HEUTE IM STANDPUNKT 2 | ENERGIEGESETZ Verbote haben es schwer in der Klimapolitik. 3 | PERSONELLES Marc Scherrer wird stv. Direktor der Wirtschaftskammer. Die letzte Landratssitzung vom 10. Februar war geprägt von der emotionalen Diskussion über den Projektierungskredit zum Zubringer Bachgraben-Allschwil (Zuba). Bereits vor der Sitzung hatte das Projekt das mediale Interesse geweckt. Der Grund: Vorletzte Woche hatte das überparteiliche Komitee «Bachgraben plus» die Baselbieter Haushalte angeschrieben und mittels Umfrage deren Meinung zu ihren Mobilitätsbedürfnissen und dem Zuba abgeholt. Insbesondere zum Bachgraben-Projekt durften sich die Basel bieterinnen und Baselbieter bisher nie äussern. Geharnischte Reaktionen Die geharnischten Reaktionen auf die Umfrage, unter anderem auch von der Regierung, veranlassten FDP-Landrätin Christine Frey während der Debatte zu einem Votum, das die Hintergründe der Aktion erklären sollte. Die Freisinnige, selbst auch Teil des überparteilichen Komitees, wies auf verschiedene Umstände hin, die sich in letzter Zeit grundlegend geändert hätten. So habe man im Vorprojekt nach wie vor damit gerechnet, mit flankierenden Massnahmen im ÖV und im Langsamverkehr die eigentlich zu erwartenden über 40 000 Personenfahrten auf 15 000 drücken zu können. «Dies scheint gerade mit Blick auf die Mitarbeitendenstruktur der ansässigen Firmen, die eine grosse Zahl an Mitarbeitenden aus Frankreich und Deutschland beschäftigen, unwahrscheinlich», sagte Frey. Zwei eindeutige «Game changer» Die FDP-Landrätin kam danach auf den im letzten Sommer von der Stimmbevölkerung angenommenen Quartierplan Alba zu sprechen, Die Fotomontage zeigt das Ostportal des Zubringers Bachgraben–Allschwil. Das überparteiliche Komitee «Bachgraben plus» fordert eine zweite Röhre. dank dem künftig doppelte Gebäude höhen im Bachgrabengebiet möglich sind. Ausserdem verkündete das global tätige Unternehmen Viollier erst kürzlich den Ausbau seines Hauptsitzes. Für die Verkehrsplanung zwei eindeutige «Game changer», betonte Frey, weil damit nun von ganz neuen Arbeitsplatzzahlen auszugehen sei. Dieser Faktor müsse sich eigentlich auch in den Berechnungen und Planungsgrundlagen des Vorprojektes widerspiegeln, doch diese verblieben auf dem Stand von 2019, als das Projekt zum ersten Mal der Bevölkerung präsentiert worden sei. Eine Änderung des Mobilitäts verhaltens hin zu individuelleren Fortbewegungsarten, die sich allesamt die Strasse teilen, war laut Christine Frey zuletzt in etlichen unabhängigen Studien bestätigt worden. Nebst der Alba-Abstimmung kam sie auch auf das deutliche Volks-Ja zur Initiative «Umfahrungsstrasse Allschwil» 2015 sowie auf die Abstimmung zum Ausbau des Hochleistungsstrassennetzes im Jahr 2020 zu sprechen. Beide Volksinitiativen seien mit jeweils über 60 Prozent vom Souverän angenommen worden. Allein dies – darin sei sich das Komitee einig – sollte als klarer Volksauftrag genügen, um einen Ausbau der Kapazitäten anzustreben. Ganz so, wie es die Stossrichtung im Richtplan zum Zubringer Bachgraben-Allschwil vorsehe. Wenn nicht jetzt, wann dann? Bild: zVg Erste Ergebnisse aus der Umfrage bestätigen den Wunsch, endlich Entlastung auf den Strassen zu schaffen und dem ewigen Stau Herr zu werden. Und zwar bevor das Verkehrschaos in Allschwil und dem prosperierenden Gebiet Bachgraben noch schlimmer werde, sagte Frey und fragte dann in die Runde: «Wenn diese Änderungen nicht in die jetzige Projektplanungsphase einfliessen können, wann dann?» Der Landrat hat dem Projektierungskredit mit 74:10 Stimmen bei einer Enthaltung zugestimmt. Aus Sicht des Komitees «Bachgraben plus» ein Schritt in die richtige Richtung und zur Umfahrung Allschwil – mehr aber nicht. Die dazugehörenden Landrätinnen und Landräte werden die Entwicklung rund um das Jahrhundertprojekt weiterhin eng begleiten. Loris Vernarelli ABSTIMMUNGEN – Die Baselbieter Stimmberechtigten haben am vergangenen 13. Februar deutlich Nein gesagt zur kantonalen Klimaschutzinitiative der Grünen. Klare Abfuhr für die Klimaschutzinitiative Mit 64,3 Prozent Nein-Stimmen haben die Baselbieterinnen und Baselbieter am vergangenen 13. Februar die Klimaschutzinitiative der Grünen eindeutig abgelehnt. Dies entspricht fast zwei Drittel der Abstimmenden. Keine einzige der 86 Gemeinden im Baselbiet stimmte für die Annahme der kantonalen Initiative. Die Stimmberechtigten haben damit auch im Sinne des Wirtschaftsrats abgestimmt. Das Parlament der Wirtschaftskammer Baselland hatte für die Abstimmung über die Klimaschutzinitiative die Nein-Parole herausgegeben. Der Ausgang der Abstimung ist eindeutig und zeigt, dass die Bevölkerung einen Alleingang des Kantons Basel-Landschaft beim Klimaschutz als nutzlos erachtet. Gemäss der Initiative sollten die Ziele des Pariser Klimaübereinkommens im Kanton gesetzlich verankert werden. Dazu wollten die Grünen ein Gesetz erlassen, welches die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius und das Netto-Null-Ziel auf Kantonsebene festschreiben sollte. Obschon das Thema Klimaschutz von besonderer Relevanz ist, war der eingeschlagene Weg der Initiative nicht der richtige. Denn die geforderten Massnahmen wären nur schwer umsetzbar gewesen und hätten zu hohen Kosten ohne messbaren Nutzen geführt. Statt laufend neue Verbote zu fordern, muss in der Klimapolitik stärker auf Anreize gesetzt werden, um einen mehrheitsfähigen und gesellschaftsverträglichen Umbau zu ermöglichen. Ein positives Beispiel dafür ist das Baselbieter Energiepaket. Die Stempelsteuer bleibt Nicht im Sinne der KMU-Wirtschaft ausgegangen ist die nationale Abstimmung über die Abschaffung der Stempelsteuer, über die ebenfalls am 13. Februar entschieden wurde. Der Wirtschaftsrat hatte für diese Vorlage die Ja-Parole herausgegeben. Wie vom Wirtschaftsrat empfohlen, wurde das nationale Medienpaket vom Stimmvolk mit 54,6 Prozent abgelehnt. Auch die extreme Forderung nach einem Tierversuchsverbot hatte an der Urne keine Chance und wurde schweizweit mit 79,1 Prozent deutlich verworfen. Reto Anklin Seite 2

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