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Standpunkt 534, 4. Februar 2022

Die Zeitung der Wirtschaftskammer Baselland

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10 | Standpunkt der Wirtschaft ARBEITGEBER BASELLAND 4. Februar 2022 EDITORIAL Verlängerte und neue Kurzarbeitsregelungen VERANSTALTUNGEN – Arbeitgeber Baselland hat für das erste Halbjahr 2022 ein attraktives Veranstaltungsprogramm zusammengestellt. Dieses umfasst Seminare und Workshops zu Themen, die für Arbeitgebende und Mitarbeitende aktuell sind. Auch das beliebte Arbeitgeber Zmorge fehlt nicht im Programm. Weiterbildung für Arbeitgebende Dominik Rieder, Geschäftsführer Arbeitgeber Baselland Der Bundesrat hat Ende Januar die Sonderbestimmungen betreffend Kurzarbeit verlängert. Solange die Corona-Schutzmassnahmen Teile der Wirtschaft noch immer stark belasten, ist dieser Entscheid nachvollziehbar. Konkret wird das summarische Abrechnungsverfahren für Kurzarbeitsentschädigung (KAE) bis zum 31. März 2022 verlängert. Zugleich wird die bisher bis zum 28. Februar befristete Höchstbezugsdauer von Kurzarbeitsentschädigung auf 24 Monate bis zum 30. Juni 2022 ausgeweitet. Zudem wird für alle Betriebe die Karenzzeit und die Beschränkung auf vier Abrechnungsperioden für Arbeitsausfälle von über 85 Prozent erneut aufgehoben. Betriebe, die von Behördenseite der 2G+-Regel unterstellt wurden, können ausnahmsweise erneut einen Anspruch auf KAE für Personen in befristeten Arbeitsverhältnissen, Lernende und Arbeitnehmende auf Abruf in unbefristeten Arbeitsverhältnissen geltend machen. Faktisch bedeutet das, dass die erwähnten Personengruppen so lange einen Anspruch auf KAE haben, wie auch die Regelung zur 2G+-Pflicht in Kraft ist, jedoch längstens bis zum 31. März 2022. Schliesslich hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) auf ein jüngst ergangenes Bundesgerichtsurteil reagiert und das Abrechnungsformular so erweitert, dass bei der Bemessung der KAE im summarischen Abrechnungsverfahren für Arbeitnehmende im Monats- respektive Stundenlohn ein Ferien- und Feiertagsanteil eingerechnet werden darf. Das angepasste Abrechnungsformular ist ab sofort auf www.arbeit.swiss verfügbar. Das SECO weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt mit einer Arbeitslosenquote von 2,6 Prozent im Dezember 2021 eindrücklich zeige, dass das Instrument KAE seine Zielsetzung erfülle. Dies mag stimmen. Die wahre Bewährungsprobe für den Arbeitsmarkt kommt allerdings dann, wenn die KAE nicht mehr bezahlt wird. Das Weiterbildungs- und Veranstaltungsprogramm von Arbeitgeber Basel land startet am kommenden 17. Februar mit dem Seminar Arbeitsrecht. Die Rechtsanwälte Markus Prazeller und David Hug referieren an diesem Tag im Tagungs- und Eventcenter (TEC) des Hauses der Wirtschaft über Fallstricke bei der Lohnfortzahlung und über das Arbeitszeugnis. Ein weiteres Seminar Arbeitsrecht folgt am kommenden 18. Mai. In diesem Seminar präsentieren die beiden Referenten Fallbeispiele zum Thema Sozialversicherungsrecht für Arbeitgebende. Um Neues aus dem Arbeitsrecht geht es am Arbeitgeber Update das am 23. März über Mittag stattfindet. Referent ist Dominik Rieder, Geschäftsführer Arbeitgeber Baselland. Fachkräftemangel und Sicherheit Neben rechtlichen Fragen stehen bei den Veranstaltungen von Arbeitgeber Baselland auch weitere Themen im Fokus, die für Arbeitgebende von Interesse sind. In einem Seminar am 5. April erfahren die Teilnehmenden, wie sie dem Fachkräftemangel begegnen können. Am 3. Mai geht es um alles, was Arbeitgebende zum Thema Arbeitssicherheit wissen müssen. Ein Workshop am 2. Juni befasst sich mit Cyber Security für Arbeitgebende. Am 9. und 10. Juni geht es um Employer Branding und am 14. Juni über das richtige Coaching von Mitarbeitenden. Auch das bewährte Arbeitgeber Zmorge fehlt nicht im Halbjahresprogramm von Arbeitgeber Baselland. Bei der Austragung vom 18. Mai geht es um psychische Gesundheit am Arbeitsplatz. Die Referenten arbeiten bei der Koorganisatorin Psychiatrie Baselland. Reto Anklin Das Tagungs- und Eventcenter (TEC) im Haus der Wirtschaft bietet die optimale Infrastruktur für die Veranstaltungen von Arbeitgeber Baselland. Im Bild ist das Seminar Arbeitsrecht vom vergangenen Juni. Bild: Archiv ARBEITGEBER-NACHRICHTEN Elternzeit abgelehnt Der Baselbieter Landrat hat am vergangenen 27. Januar eine SP-Motion zur Einführung einer Elternzeit abgelehnt. Die Motion forderte einen Fonds, der von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden hätte gefüllt werden sollen. ra ARBEITGEBERVERBAND BASELLAND Arbeitgeber Baselland ist die Vereinigung aller der Wirtschaftskammer angeschlossenen Arbeitgeber. Die Angebote von Arbeitgeber Baselland stehen allen arbeitgebenden Mitgliedern der Wirtschaftskammer Baselland zur Verfügung. Dr. Dominik Rieder Geschäftsführer Arbeitgeber Baselland Haus der Wirtschaft Hardstrasse 1 4133 Pratteln Telefon: +41 61 927 64 75 E-Mails: info@arbeitgeber-bl.ch d.rieder@kmu.org www.kmu.org/arbeitgeber-bl

4. Februar 2022 RATGEBER Standpunkt der Wirtschaft | 11 POLIT-KOLUMNE Fragen zum Stimmprivileg der Auslandschweizer Die Auslandschweizer Daniel und Anni Schwizer aus Alberta (Canada), die seit 25 Jahren fern der Heimat leben, nehmen zum «Stimm- und Wahlrecht der Auslandschweizer» kein Blatt vor den Mund: «In all den Jahren haben wir nie Gebrauch gemacht vom Recht zu wählen. Wir hätten gar nichts dagegen, wenn sie uns Auslandschweizern das Stimmrecht aberkennen würden. Wieso sollen wir den in der Schweiz Lebenden sagen, wie und was sie zu tun haben?» Artikel 40 der Bundesverfassung dient seit dem 1. Juli 1992 als Basis, um die Beziehungen der Ausgewanderten untereinander und zur Schweiz zu pflegen. Deshalb geniessen diese Landsleute seit bald drei Jahrzehnten einzigartige politische Privilegien, die allerdings immer mehr hinterfragt werden. Wer den Schweizer Pass besitzt, aber im Ausland lebt, darf in der Schweiz abstimmen und wählen und sogar für einen Sitz in der Bundesversammlung kandidieren, ohne mit Steuern für die Kosten politischer Mitsprache zu haften. «FRAGEN ÜBER FRAGEN, DIE IN DER GLOBALISIERTEN GEGENWART POLITISCH KLAR BEANTWORTET WERDEN MÜSSTEN.» Peter Amstutz* Am 30. November 2015 kam es zur Premiere: Der ehemalige Schweizer Botschafter Tim Guldimann mit Ruhestands-Wohnsitz in Berlin zog als «Zürcher» SP-Parlamentarier in den Nationalrat ein. Am 18. Februar 2018 hatte er aber bereits wieder genug und verabschiedete sich mit folgender Erklärung: «Es ist schwierig, in einem Milieu zu leben und in einem anderen Milieu Politik zu machen, ohne dort die Menschen zu spüren.» Das leuchtet ein. In der Schweiz mehren sich deshalb kritische Stimmen zu den politischen Vorrechten der Fünften Schweiz. Von den 752 000 ausgewanderten Schweizern liessen sich bisher nur gerade 174 000 in kantonale Register als stimmund wahlberechtigt eintragen. Gewählte Ausgewanderte sind verpflichtet, wie die Einheimischen an den Sitzungen der Räte und Kommissionen persönlich und physisch teilzunehmen. Egal, ob die Reise nach Bern und zurück in Australien, Südamerika oder in Fernost beginnt – die Bundeskasse zahlt die Spesen. Vor zehn Jahren schlugen Parlamentarier erfolglos vor, für Auslandschweizer garantierte (oder reservierte) Sitze in beiden Kammern bereit zu halten. Gleichzeitig gibt es hartnäckige Bestrebungen, das Stimmund Wahlrecht der Auslandschweizerinnen und -schweizer einzuschränken oder ganz abzuschaffen statt auszudehnen. Der freisinnige Appenzell Ausserrhoder Ständerat Andrea Caroni zum Beispiel findet es nicht normal, dass Personen, die nie in der Schweiz gelebt haben und die auch nicht die Absicht haben, in die Heimat ihrer Vorfahren «zurückzukehren», das schweizerische Stimm- und Wahlrecht behalten dürfen. Umgekehrt dürfen sich bestens in der Schweiz integrierte Ausländer bundespolitisch nicht zu Entscheiden äussern, die sie direkt betreffen. Der Nidwaldner SVP-Nationalrat und Generalsekretär der grössten Bundesratspartei Peter Keller meint, die Doppelbürger sollten sich entscheiden müssen, wo und wie sie ihr Stimm- und Wahlrecht wahrnehmen wollten. Dies fände er angebracht für eingebürgerte Schweizer mit mehr als einem Pass, die hier leben, aber auch für Auslandschweizer mit zwei Pässen: Auch sie sollten nur ein Stimmrecht haben, beanstandete Keller per Interpellation. Die Eidgenössische Migrationskommission (EKM) stellte fest, dass ziemlich genau drei Viertel der im Ausland lebenden Schweizerinnen und Schweizer eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen: «Aus demokratiepolitischer Sicht erscheint es besonders problematisch, weil die Anerkennung der Doppelbürgerschaft dazu beiträgt, dass es immer mehr Menschen gibt, die formell Angehörige eines Landes sind, zu dem sie jenseits der Staatsangehörigkeit keinerlei oder kaum Beziehungen haben. Dieses Problem ist in der Schweiz besonders virulent, da Auslandschweizer volle Mitbestimmungsrechte besitzen. Es wäre angebracht zu diskutieren, wie lange die Schweizer Staatsangehörigkeit von Auslandschweizern an nachfolgende Generationen weitergegeben werden kann.» Man müsse über das automatisch damit verbundene Stimmund Wahlrecht diskutieren. Bei Auslandschweizern der ersten Generation sei das Stimmrecht angemessen. Spätestens ab der dritten Generation gebe es kaum noch gute Argumente dafür. Denn im Extremfall könnte diese ausgewanderte Bevölkerungsgruppe eine Abstimmung in der Schweiz entscheiden, ohne dass sie je hier gelebt habe. Aus einem Bericht des Bundesrates von 2016 zu diesem Thema geht hervor, dass die Mehrheit der europäischen Staaten «keine spezifischen Voraussetzungen für die Gewährung politischer Rechte an Auslandsbürgerinnen und Auslandsbürger kennt». Für sie gelten die gleichen Voraussetzungen wie für Stimmberechtigte im Inland. Warum nicht in der Schweiz? Fragen über Fragen, die in der globalisierten Gegenwart ohne falsche Rücksichten auf den überhöhten Mythos der sogenannten Fünften Schweiz politisch klar beantwortet werden müssten. *Peter Amstutz, ehemaliger Leiter der Bundeshaus-Redaktion der «Basler Zeitung» Der Autor gibt seine eigene Meinung wieder. Diese muss sich nicht mit jener der Wirtschaftskammer decken. RATGEBER RECHT – Unternehmen, die sich um Aufträge des Kantons bewerben, müssen sich genauestens an die genannten Fristen halten. Schon eine nur seit vier Tagen abgelaufene Bestätigung betreffend Einhaltung des Gesamtarbeitsvertrags kann zum Ausschluss führen. Klare Anforderungen an Anbieter im Submissionsrecht Dr. Dominik Rieder Andreas Dürr Alexander Heinzelmann David Hug Markus Prazeller Philipp Rupp LEGAL-TEAM Die Wirtschaftskammer Baselland steht ihren Mitgliedern für eine juristische Erstberatung zur Verfügung. Die Baselbieter Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD) schrieb am 4. Juli 2019 diverse Leistungen zur Errichtung eines Neubaus (Schulhaus) aus und lud Unternehmer ein, bis am 9. August 2019 ihr Angebot einzureichen. Ein Unternehmer wurde in der Folge mit Entscheid der BUD vom 18. Oktober 2019 vom Vergabeverfahren ausgeschlossen, da die von ihm eingereichte Bestätigung betreffend Einhaltung des Gesamtarbeitsvertrags (GAV) älter als sechs Monate ab Ausstellungsdatum war. Nur vier Tage zu alt Der Unternehmer wehrte sich mit Beschwerde gegen den Verfahrensausschluss an das Kantonsgericht und machte geltend, die Bestätigung sei nur gerade vier Kalendertage älter als sechs Monate. Zudem fordere das Gesetz in diesem Falle nicht zwingend den Ausschluss eines Anbieters, sondern bestimme lediglich, dass ein Ausschluss «in der Regel» erfolge. Wenn, wie vorliegend, die Bestätigung nur gerade vier Tage älter sei als die maximale Gültigkeitsfrist von sechs Monaten, dann sei das Angebot zu berücksichtigen, ansonsten die Behörde das anwendbare Recht verletze und willkürlich handle, so der Anbieter. Erfolglose Beschwerde Das Kantonsgericht Basel-Landschaft stütze den Ausschluss des Anbieters durch die BUD mit Entscheid vom 24. April 2020. Dies zu Recht und, zusammengefasst, aus folgenden Gründen: Das Beschaffungsgesetz bestimmt in § 8 Abs. 1 lit. c, dass «in der Regel» vom Verfahren auszuschliessen ist, wer die Eignungskriterien nicht erfüllt. Gemäss § 5 desselben Gesetzes darf in der Regel nur beauftragt werden, wer beteiligter Arbeitgeber eines GAV ist und nachweisen kann, dass er die entsprechenden GAV-Bestimmungen dauernd und vollumfänglich einhält. Die Verordnung zum Beschaffungsgesetz im Kanton Basel-Landschaft bestimmt sodann in § 1 Abs. 3, dass die entsprechenden Bestätigungen «nicht älter als 6 Monate» sein dürfen. Gesetzlicher Wortlaut ist klar Der gesetzliche Wortlaut an die Anforderungen einer Bestätigung ist damit klar und lässt keinen Raum für eine längere Gültigkeitsdauer offen. Die strikte Handhabung solcher klar definierten gesetzlichen Anforderungen durch die BUD und das Kantonsgericht ist entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht formalistisch, sondern korrekt und schafft die gewünschte Rechtssicherheit. Kein Raum für Abweichungen Dort, wo das Gesetz klar formuliert ist, besteht kein Raum für abweichende Rechtsprechung. Vielmehr soll der Rechtssuchende in einem Falle wie dem vorliegenden schon bei der Lektüre des Gesetzes erkennen können, was gilt und was nicht. Bestimmt das Gesetz, dass die Bestätigung «nicht älter als 6 Monate» sein darf, sind die Anforderungen klar und für jedermann verständlich. Philipp Rupp ist Mitglied des Legal- Teams der Wirtschaftskammer Baselland. Das Legal-Team von sechs Rechtsanwälten im Haus der Wirtschaft in Pratteln wird von Dr. Dominik Rieder geleitet und besteht weiter aus Markus Prazeller und David Hug (Wagner Prazeller Hug AG), Alexander Heinzelmann (Heinzel mann & Levy), Philipp Rupp (Rupp Meier Rechtsanwälte) und Andreas Dürr (Battegay Dürr AG). Sie schreiben regelmässig in der Rubrik «Ratgeber Recht» über aktuelle rechtliche Themen. Kontakt zum Legal-Team: Wirtschaftskammer Baselland KMU-Dienstleistungen Dr. Dominik Rieder Head Legal Wirtschaftskammer Hardstrasse 1 4133 Pratteln Telefon: 061 927 66 70 E-Mail: d.rieder@kmu.org IMPRESSUM Herausgeber ⁄ Verlag: Schweizerischer Gewerbeverband sgv, Schwarztorstrasse 26, Postfach 8166, 3001 Bern, Tel. 031 380 14 14, verlag@sgv-usam.ch Redaktion sgz: Schwarztorstrasse 26, 3007 Bern Tel. 031 380 14 14, redaktion@sgv-usam.ch Regionalbund «Standpunkt» Herausgeber: Wirtschaftskammer Baselland Arbeitgeber Baselland, Unabhängiges Podium für eine liberale Wirtschaft und Gesellschaft, Haus der Wirtschaft, Hardstrasse 1, 4133 Pratteln Tel. 061 927 64 64, Fax 061 927 65 50 www.kmu.org, standpunkt@kmu.org Verantwortung: Christoph Buser, Direktor Redaktion/Umbruch: Reto Anklin, Patrick Herr, Daniel Schaub, Fabienne Steiger Produktion: IWF, Hardstrasse 1, 4133 Pratteln Abonnement im Mitgliederbeitrag inbegriffen Adressänderungen: standpunkt@kmu.org Der Abdruck von Textbeiträgen mit vollständiger Quellenangabe ist erlaubt.

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