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Standpunkt 528, 1. Oktober 2021

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2 | Standpunkt der Wirtschaft WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT 1. Oktober 2021 STUDIE ZU KUNDENORIENTIERUNG – Die Wirtschafskammer Baselland begleitet eine Studie der Universität Basel, in der die Kundenorientierung der KMU in der Region näher untersucht werden soll. In diesen Tagen finden die ersten qualitativen Interviews statt. Wie erreichen Firmen die Kunden? Was sind die Bedürfnisse meiner Kunden? Was wollen sie? Wie ist ihre Zufriedenheit mit meinen Dienstleistungen und Produkten? Es sind zentrale Fragen, die jedes Unternehmen umtreiben. Oder zumindest umtreiben müssten. «Wir haben festgestellt, dass die Kundenperspektive nicht in allen Unternehmungen voll gelebt wird. Alle reden derzeit von Transformation und Veränderung. Aus unserer Erfahrung ist diese aber nur erfolgreich, wenn die Kundenperspektive in die Strategieentwicklung einbezogen wird», sagt Mareike Ahlers, geschäftsführende Gesellschafterin der Bruhn & Partner AG. Die Strategieberatung von Professor Manfred Bruhn, Mitglied der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Basel und jahrelang Inhaber des Lehrstuhls für Marketing und Unternehmensführung, führt in den kommenden Monaten in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer Baselland eine breit angelegte Studie zum Thema durch. Begonnen hat die Arbeit mit rund einem Dutzend qualitative Interviews mit Führungspersönlichkeiten von regionalen, primär mittelständischen Unternehmungen. Aus den Auswertungen dieser anonymisierten Interviews entwickelt Mareike Ahlers mit ihrem Team in der Folge einen Online-Fragebogen für die quantitative Befragung weiterer Unternehmen, die sich auf einige Kernfragen konzentrieren wird. Erste Ergebnisse der Studie sollen am Neujahrsapéro der Wirtschaftskammer Baselland am 6. Januar 2022 im Haus der Wirtschaft in Pratteln präsentiert werden. In der Folge sollen den Unternehmungen im Bereich der Kundenorientierung Workshops und Seminare angeboten werden, mit denen sie sich gezielt in den gewünschten Feldern weiterbilden und ihre Kenntnisse vertiefen können. Eine Firma im Interview Die Datalynx Group AG an der Basler Nauenstrasse ist eines der Unternehmen, das sich an den qualitativen Interviews zur Studie beteiligt. Als Verwaltungsratspräsident Serge Meyer sich 1996 in die Selbstständigkeit begeben hatte, prägte das bald darauf fusionierte Pharmaunternehmen Novartis seine ersten Jahre. Er nutzte als ehemaliger Werkstudent seine Kontakte zu den ehemaligen Ciba- Geigy-Kollegen und generierte einen Grossteil seines Auftragsvolumens beim neuen Pharmariesen. Diese einseitige Abhängigkeit verschob sich später zu Roche und reduzierte sich in den vergangenen Jahren immer stärker. «Wir mussten uns überlegen, was wir unseren Kunden ausserhalb von Novartis und Roche zu bieten haben», sagt Meyer. «MAN MUSS DEM KUNDEN ZUHÖREN, DAMIT MAN EINE BESSERE LÖSUNG ENTWICKELN KANN.» Einen wichtigen Schritt ging das Unternehmen aus Anlass seines 25-jährigen Bestehens in diesem Jahr. Der Marken- und Gruppenauftritt wurde komplett überarbeitet, grafisch, aber auch inhaltlich. Die Gruppe, die neben der Stammfirma Datalynx AG (Schwerpunkt IT-Beratung) auch die übernommenen Unternehmen Primetrack (IT-Infrastruktur) und Skillcloud (Personaldienstleistungen und «Body Leasing») umfasst, will verstärkt als «IT- Mareike Ahlers im Interview mit Serge Meyer, VR-Präsident der Datalynx Group. Bild: Schaub Systemhaus» wahrgenommen werden, welches seine vielseitigen Dienstleistungen unter einem Dach und als innovative Gruppe anbietet. Eigentliche Kundenbefragungen oder klar definierte Prozesse in der Kundenorientierung gibt es nicht – oder sie sind erst am Entstehen. Die Firma orientiert sich primär an ihrer bisherigen Markterfahrung und an den Kundenbedürfnissen, die sich aus der direkten Umsetzung eines Auftrags ergeben. Die Zufriedenheit lasse sich auch recht gut an wiederkehrenden Kunden ablesen, findet Meyer. Mit dem neuen Gruppenauftritt, der eine klare, verständliche und vollständige Markenstrategie beinhaltet, will die Gruppe als Generalist im IT-Bereich verstärkt dienstleistungsübergreifend arbeiten, Stichwort: Cross-Selling. «Spannend und aufschlussreich» Nach rund eineinhalb Stunden ist das qualitative Interview vorbei. «Die Gespräche mit den Führungspersönlichkeiten sind sehr spannend und aufschlussreich», sagt Mareike Ahlers. Oft geht es neben den eigentlichen Fragen zur Kundenorientierung auch um andere Themen in der Firma, Unternehmensführung, die historische Entwicklung, Personelles und einiges mehr. Grundsätzlich könne man die Firmen im Bereich der Kundenorientierung in drei Hauptkategorien einteilen, erläutert Ahlers. Wenige, die beim Thema Kundenzentrierung schon sehr weit sind, das Thema als Chefsache ansehen und es in die Prozesse aufgenommen haben. Ein Grossteil, der die Relevanz des Themas erkennt, es aber noch nicht in Prozessen etabliert hat. Und solche, die die Relevanz des Themas noch nicht wirklich erkennen, vielleicht deswegen, weil sie einfach (noch) «erfolgreich genug» sind. Es lässt sich jetzt schon absehen, dass die Erkenntnis, in diesem Bereich noch Potenzial ausschöpfen zu können, bestätigt werden dürfte. Die Studie wird letztlich die wissenschaftliche Basis für künftige Lösungsansätze und Unterstützungsmassnahmen bilden.Daniel Schaub ABSTIMMUNGEN 99%-Initiative hatte keine Chance Das Abstimmungswochenende vom vergangenen 26. September verlief auf nationaler Ebene nach dem Wunsch des Wirtschaftsrats. Die 99%-Initiative der Jungsozialisten, für die das Parlament der Wirtschaftskammer Baselland die Nein-Parole herausgegeben hatte, wurde vom Schweizer Stimmvolk mit 64,9 Prozent Nein- gegen 35,1 Prozent Ja-Stimmen klar abgelehnt. Die Wahlbeteiligung lag bei 52,2 Prozent. Die Baselbieter Stimmberechtigten lehnten die Initiative mit 67,3 Prozent noch deutlicher ab als der nationale Durchschnitt. Die 99%-Initiative hatte neue Steuern auf Erträge und Wertsteigerungen von Vermögen erheben wollen. Nicht nur der Mittelstand, auch die Wirtschaft wären bei Annahme der Initiative schwerwiegend betroffen gewesen. So hätte die Initiative die Nachfolgeplanung für Familienunternehmen erheblich verteuert. Die 99%-Initiative war am vergangenen Abstimmungswochenende die einzige Vorlage, für die der Wirtschaftsrat eine Parole gefasst hatte. Auf kantonaler Ebene gab es keine Abstimmungen, hingegen kam es in Allschwil und im Kanton Basel-Stadt zu für KMU interessanten Urnengängen. Blaue Zone in Allschwil In Allschwil hatte das von CVP-Landrat Felix Keller angeführte Komitee «blauezone-nein.ch» im Kampf gegen die vom Einwohnerrat beschlossene, flächendeckende Parkraumbewirtschaftung keinen Erfolg. Die Stimmberechtigten haben die Parkraumbewirtschaftung, gegen die das Komitee das Referendum ergriffen hatte, mit 4091 Ja- zu 2786 Nein-Stimmen angenommen. Damit gilt künftig in allen Allschwiler Quartieren die blaue Zone. VERMÖGENSSTEUERREFORM – Der Kanton Basel-Landschaft will die Vermögenssteuer reformieren. Dies ist dringend nötig, der Kanton schneidet im nationalen Ranking schlecht ab. Zwei Reformpakete sollen dies ändern. Die «Steuerhölle» soll endlich Geschichte sein Der Kanton Basel-Landschaft will attraktiver werden. Deshalb hat die Regierung die Vermögenssteuerreform I in die Vernehmlassung gegeben. Ziel des ersten Teils dieser gross angelegten Reform ist, den Kanton auch für Vermögende anziehender zu machen und die Grossverdienenden zu behalten. Denn diese sorgen mit ihren Steuern zum grössten Teil für die Einnahmen der Steuerverwaltung. Die letzte Gesetzesrevision fand 2007 statt und entlastete vor allem Familien und Personen mit tiefem Einkommen. In einer Medienkonferenz stellte die Finanzund Kirchendirektion vergangene Woche ihr Steuerreformpaket vor. Steuerlast ungleich verteilt Dass die Steuerlast im Kanton ungleich verteilt ist, wird dadurch deutlich, dass gesamthaft 21 Prozent der steuerpflichtigen Personen überhaupt keine Einkommenssteuern zahlen. So zahlen rund 15 Prozent der steuerpflichtigen Personen 85 Prozent der Einkommenssteuern. Bei der Vermögenssteuer ist bedenklich, dass 70 Prozent der steuerpflichtigen Personen gar keine bezahlen. Diejenigen, die ihr Vermögen versteuern müssen, werden daher zur Kasse gebeten. Sie bestreiten 77 Prozent der gesamten Einnahmen. Der Kanton Basel- Landschaft befindet sich damit auf den hintersten Plätzen, für sehr vermögende Personen figuriert der Kanton sogar auf dem letzten Platz. Man könnte also gut und gerne von einer «Steuerhölle» sprechen. Dass dieser Umstand langfristig nicht zielführend ist, wird dadurch deutlich, dass die angrenzenden Kantone sowie das Elsass und Süddeutschland das Vermögen massiv weniger besteuern. Die Gefahr der Abwanderung dieser ohnehin sehr flexiblen, vermögenden Bevölkerungsgruppe ist also hoch. Aus Sicht der Regierung soll das Baselbiet darum attraktiver und konkurrenzfähig werden. Doch was beinhaltet die Vermögenssteuerreform konkret? Es sollen Tarifanpassungen bei der Einkommens- und Vermögenssteuer, eine Anpassung der Bemessungsbasis bei der Vermögenssteuer, die Abschaffung der Baselbieter Steuerwerte, eine Anpassung der Liegenschaftswerte sowie die Überprüfung bei der Eigenmietwertbesteuerung erfolgen. Dabei muss beachtet werden, dass die Vermögenssteuerreform I nur Sinn macht, wenn darauf auch die Im Kanton Basel-Landschaft ziehen einige wenige eine sehr hohe Steuerlast. Bild: shutterstock Vermögenssteuerreform II folgt. Nur in Kombination können die Ziele der Regierung langfristig erreicht werden. Stefan Degen, Präsident der Baselbieter Steuerliga und FDP-Landrat, begrüsst die Reformbestrebungen der Regierung: «Seit Jahrzehnten warnt die Steuerliga vor diesem Klumpenrisiko. Es kann nicht sein, dass ein grosser Teil überhaupt keine Steuern entrichtet und eine kleine Gruppe dies auffängt. Das Risiko ist einfach zu gross.» Die Liga setzt sich daher für die Vermögenssteuerreform ein. Degen begrüsst auch die Abschaffung der Baselland-spezifischen Wertschrift- besteuerung, da sie für Steuerpflichtige, Banken und Verwaltung weniger Bürokratie bedeuten würde. Er warnt jedoch auch vor «Konsequenzen, die insbesondere die KMU treffen könnten». Die Baselbieter Steuerliga werde im Vernehmlassungsverfahren dezidiert Stellung nehmen. Mit den vorgeschlagenen Steuermassnahmen würde sich der Kanton Basel-Landschaft schweizweit um bis zu neun Positionen verbessern. Die Reform wäre auch ein wichtiger Schritt zu einer besseren Steuer verteilung und allgemein zu mehr Steuersolidarität im Kanton. Birgit Kron Nach dem Ja vom vergangenen 26. September führt Allschwil auf allen Quartierstrassen die blaue Zone ein. Bild: zVg «Wir konnten mit dem Referendum aufzeigen, dass viele Allschwilerinnen und Allschwiler den Entscheid des Einwohnerrates nicht beklatschen. Nun ist der Gemeinderat gefordert, Gelder und Ressourcen freizuschaufeln, welche an sinnvolleren Orten fehlen werden», sagte Felix Keller nach der Abstimmung. In einer nach Bekanntgabe des Resultats verschickten Medienmitteilung hält das Komitee «blauezone-nein. ch» mit «grosser Genugtuung» fest, dass immerhin 40 Prozent der Stimmberechtigten das nun beschlossene Parkraum konzept ablehnten. Das Komitee ist weiterhin überzeugt, dass die blaue Zone in allen Quartierstrassen nicht bedarfsgerecht ist, viel Geld kostet und verwaltungsintern unnötig Ressourcen bindet, die ander weitig besser eingesetzt werden könnten. Keine «erschwinglichen Parkplätze» in Basel Um Parkplätze ging es am vergangenen Abstimmungswochenende auch im Kanton Basel-Stadt. Mit 55,7 Prozent Nein- gegen 44,3 Prozent Ja- Stimmen wurde die vom ACS beider Basel lancierte Initiative «für erschwingliche Parkgebühren» abgelehnt. Die Initiative wollte die 2019 erfolgte, massive Gebührenerhöhung rückgängig machen und die seither zu viel eingeforderten Gebühren rückerstatten. Über künftige Gebühren erhöhungen hätte nach dem Willen der Initianten zwingend abgestimmt werden müssen. Ausserdem hätte allen Anspruchsgruppen ausreichend erschwinglicher Parkraum zur Verfügung gestellt werden müssen. Auch für die Anrainergemeinden des Baselbiets wäre dies einer Entlastung gleichkommen, versuchen doch viele Berufstätige ausserhalb des Stadtgebiets zu parkieren, um den horrenden Gebühren in der Stadt zu entkommen. Reto Anklin

1. Oktober 2021 VERKEHR Standpunkt der Wirtschaft | 3 VERKEHRSPOLITIK – Lange hat die Konferenz der Gewerbe- und Industrievereine auf eine Antwort der Regierung auf ihren Forderungskatalog gewartet. Nun nimmt Regierungsrat Isaac Reber zu verschiedenen Verkehrsthemen Stellung. «Bevölkerung wünscht kurze Bauzeit» Standpunkt: Herr Regierungsrat Reber, der zwei Jahre alte Forderungskatalog der Konferenz der Gewerbe- und Industrievereine (KGIV) zuhanden der Baselbieter Regierung umfasst fünf zentrale Anliegen im Bereich Mobilität. Als Baudirektor sind Sie nun bereit, Stellung zu den einzelnen Punkten zu nehmen. Beginnen wir mit der Forderung, Baustelleninformationen rechtzeitig zu kommunizieren. Isaac Reber: Sehr gerne. Bei Bauprojekten werden alle Betroffenen im Rahmen eines partizipativen Prozesses einbezogen und können so ihre Anliegen frühzeitig einbringen. Für das Gewerbe sind es in der Regel die ortsansässigen Vereine oder die direkt betroffenen Betriebe. Dies ist zum Beispiel bei der gesamthaften Erneuerung der Birsfelder Ortsdurchfahrt der Fall. Ist das Interesse an dieser Art von Einbindung beim Gewerbe gross? Grundsätzlich ja. Bei verschiedenen Projekten haben wir aber auch festgestellt, dass im Vorfeld mangels Konkretisierung oft wenig Interesse an Information und Mitarbeit besteht, obwohl die einzelnen Gewerbevereine über die Bauvorhaben orientiert worden sind. Deshalb werden die Anliegen der direkt betroffenen Betriebe im Regelfall erst im Rahmen der konkreten Ausführungs- und Bauphasenplanung vor der Festlegung des Verkehrsregimes abgeholt und so gut wie möglich berücksichtigt. «KUNDENPARK- PLÄTZE SIND AUS WIRTSCHAFTLICHER SICHT FÜR DAS BESTEHEN VON VIELEN KMU WICHTIG.» Wie will die Regierung den Verkehrsfluss auf den Hauptachsen wahren? Die Verkehrsführung während einer bestehenden Baustelle hat bei der Planung eine sehr hohe Priorität. Dabei werden sowohl das örtlich direkt betroffene Gewerbe wie auch die Bevölkerung miteinbezogen. Diese wünschen sich in der Regel eine möglichst kurze Bauzeit, auch wenn dies den Verkehrsfluss stärker behindert. Grundsätzlich werden die Verkehrseinschränkungen unter Wahrung der Verhältnismässigkeit so gering wie möglich gehalten. Bei der Entscheidung, welches Verkehrsregime gewählt wird, berücksichtigen Polizei und Tiefbauamt die Interessen aller Betroffenen. Die Gewerbevereine werden jeweils frühestmöglich miteinbezogen und orientiert. Der Ausbau der Echtzeit-Verkehrsinformationen könnte doch die Stauproblematik entschärfen? Es ist klar, dass eine zweckmässige Verkehrsüberwachung und -information für einen bestmöglichen Verkehrsfluss von grosser Wichtigkeit ist. Insbesondere für die bekannten Stauabschnitte ist es für die Verkehrsteilnehmenden hilfreich, wenn sie sich frühzeitig darüber informieren können, ob auf diesen Streckenabschnitten Stau herrscht und wie Regierungsrat Isaac Reber (im Bild bei seiner Rede anlässlich des letzten Tags der Wirtschaft) nimmt den KGIV-Forderungskatalog zum Anlass, die Verkehrspolitik des Kantons zu erläutern. sie diese umfahren können. Glücklicherweise werden heute viele Verkehrsinformationen durch Dritte öffentlich zugänglich angeboten und ermöglichen jederzeit die Live-Abfrage der Verkehrslage. Ich denke da an Google Maps, TomTom Livetraffic sowie an die verschiedenen Navigationsgeräte und die Stauinformationen im Radio. Der Kanton Baselland erkennt in dieser Hinsicht also keinen Handlungsbedarf? Es ist damit zu rechnen, dass in den kommenden Jahren durch die unterschiedlichsten Anbieter von Dienstleistungen und Fahrzeugen nochmals enorme Fortschritte gemacht werden, die das gewünschte lnformationsangebot noch grösser und besser verfügbar machen werden. Deshalb ist es weder nötig noch angezeigt, dass der Kanton Baselland in grossem Stil finanzielle Mittel investiert, um Informationen zu erlangen und darzustellen, die bereits auf andere Weise über diverse Anbieter in sehr guter Qualität gratis oder zu günstigen Preisen erhältlich sind. Eine weitere Forderung der KGIV ist die Sicherstellung der Parkplätze. Was können Sie dazu sagen? Überall wo nötig, möglich und sinnvoll, ist die Sicherstellung von Parkplätzen auch dem Kanton ein wichtiges Anliegen. Dies insbesondere, da Kundenparkplätze aus wirtschaftlicher Sicht für das Bestehen von vielen KMU wichtig sind. Entsprechend setzt sich der Kanton dafür ein, dass Parkplätze, welche sich auf Kantonsstrassen befinden, wo möglich auch für den gewerblichen Verkehr zur Verfügung stehen. Die Bewirtschaftung von Parkräumen ist jedoch in erster Linie Aufgabe der Gemeinden. Nicht nur, weil sie konkret betroffen sind, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass der kommunale Parkraum den vorhandenen Parkraum auf Kantonsstrassen bei Weitem übertrifft. Ich möchte noch einen wichtigen Aspekt anfügen. Ja, bitte. Unabhängig davon, ob es sich um private oder öffentliche Parkmöglichkeiten handelt, ist zu beachten, dass die Platzverhältnisse in den Ortszentren in der Regel sehr eng sind und die Parkplätze oft in grosser Nutzungskonkurrenz stehen. Ich denke da an den Verkehr, aber zum Beispiel auch an die Aussenbestuhlung von Restaurants. Des Weiteren wird die ausreichende Anzahl Parkplätze bei Bauvorhaben durch entsprechende Regelungen in der Raumplanungs- und Baugesetzgebung sichergestellt, wobei im Kanton Baselland hier Mindestanforderungen gelten. Nachdem immer mehr Gemeinden, aber auch Investoren und die Bauwirtschaft mehr situationsbezogene Flexibilität und Differenzierung wünschen – ein Tafeljuradorf und das Bahnhofgebiet in Stadtnähe sind eben nicht dasselbe –, wird derzeit geprüft, den Gemeinden mehr Regelungs- und damit Entscheidungskompetenz zu delegieren. Die Entscheidungen sollen möglichst vor Ort getroffen werden. Die lokalen Gewerbe- und Industrievereine bemängeln, dass Verkehrs-Neubauprojekte zu langsam vorangetrieben werden. Stimmen Sie dieser Kritik zu? Generell werden die Verkehrs-Neubauprojekte entsprechend den personellen und finanziellen Möglichkeiten für alle Verkehrsträger zielgerichtet und konsequent vorangetrieben. Als grösstes und wichtigstes Projekt sei hier das Bachgrabengebiet in Allschwil erwähnt, das dank Zubringer für den Strassenverkehr, Tram und Velovorzugsroute zum Bahnhof SBB besser erschlossen werden soll. Die Vorlage für den Projektierungskredit zum Zubringer Bachgraben–Allschwil soll in den nächsten Monaten dem Landrat überwiesen werden, sobald die nötigen Grundlagen in Form von Absichtserklärungen mit den involvierten Nachbarn Basel-Stadt und Frankreich vorliegen, wobei die Absichtserklärung mit Basel-Stadt bereits vorhanden ist. Ebenfalls wichtige aktuelle Bauprojekte sind die Verlegung der Rheinstrasse im Raum Salina Raurica oder der Vollanschluss Aesch. Beide Projekte sind terminlich gut unterwegs und werden wie vorgesehen fertiggestellt werden können. «VIEL INFRA - STRUKTUR WEIST ERHEBLICHEN ERNEUE- RUNGSBEDARF AUF. DIE BAUSTELLEN SIND DAHER NÖTIG.» Als Automobilistin und Automobilist nervt man sich aber eher über die unzähligen kleinen Baustellen, die lokal zu Stau führen und gefühlsmässig ewig dauern … Wie in den übrigen Baubereichen ist es auch bei der Verkehrsinfrastruktur so, dass ein grosser Teil der Investitionen in den Werterhalt und die Erneuerung fliesst. Dies auch vor dem Hintergrund, dass nicht nur schweizweit, sondern auch in unserem Kanton viel Infrastruktur aus der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts stammt und damit erheblichen Erneuerungsbedarf aufweist. Die Baustellen sind daher nötig. Neben den Baustellen sind es auch die immer akuter werdenden Verkehrsengpässe, die staufördernd sind. Was gedenkt der Kanton zu tun, um diese zu beseitigen? Der Kanton Baselland ist mit verschiedenen Projekten daran, bestehende Engpässe im Verkehrsnetz Bild: Plüss zu beseitigen. Der bereits erwähnte Zubringer Allschwil oder die neue Talstrasse Münchenstein–Arlesheim sind nur zwei Beispiele. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass für die zentralen Verkehrsachsen im Kanton Baselland sowohl strassenseitig mit A2, A18 und A22 als auch beim ÖV – hier denke ich an die SBB-Linien, die Tramlinien 10, 11 und 17 sowie die Waldenburgerbahn – der Bund zuständig ist. Schliesslich gilt es auch festzuhalten, dass in den vergangenen Jahren einige Projekte von der Stimmbevölkerung abgelehnt wurden, zum Beispiel die Langmattstrasse in Oberwil oder erst kürzlich das Tram für Salina Raurica. Wir gehen derzeit den Gründen nach, um in Zukunft noch besser aufzeigen zu können, warum wir diese Infrastrukturen brauchen und wie sie unser gesamthaft stark belastetes Verkehrssystem entlasten. Im letzten Jahr hat die Stimmbevölkerung die Vorlage zum Ausbau des Hochleistungsstrassennetzes klar angenommen. Wo steht man mit dem Entwicklungsprogramm HLS? Derzeit konzentrieren wir unsere Anstrengungen auf geeignete Massnahmenvorschläge für die Beseitigung des Engpasses Angenstein, die wir in einem nächsten Schritt mit dem Bund diskutiert werden müssen. Im Sinne eines übergeordneten strategischen Überbaus sind wir zudem daran, zuhanden der Langfristplanung 2023–2032 für den Regierungsrat eine Gesamtschau zu den Themen Infrastruktur-, Siedlungsund Wirtschaftsentwicklung vorzubereiten. Daraus sollen in der Folge auch eine Mobilitätsstrategie und Teilstrategien wie eben auch eine solche für das Hochleistungsstrassennetz abgeleitet werden. Hier ist eine Gesamtbetrachtung vonnöten, damit die nötigen Investitionen und ihr Nutzen in einen übergeordneten Zusammenhang gestellt und die richtigen Prioritäten gesetzt werden können. Interview: Loris Vernarelli

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