Aufrufe
vor 2 Jahren

Standpunkt 525, 13. August 2021

2 |

2 | Standpunkt der Wirtschaft VERKEHRSPOLITIK RUBRIKTITEL 13. August 2. Juli 2021 MOBILITÄTSKAMPAGNE – Die Konferenz der Gewerbe- und Industrievereine fügt der Sensibilisierungskampagne ein letztes Kapitel hinzu. Geplant sind wieder Kurzfilme, die zum Schmunzeln anregen. Drei Filme für drei Hotspots MUGGENBERG «Komitee N18» setzt sich für Tunnelbau ein Die N18, die seit dem 1. Januar 2020 Teil des Nationalstrassennetzes ist und das Trassee der H18 übernommen hat, verbindet auf einer Länge von rund 36 Kilometern den Anschluss Delémont-Est mit dem Anschluss Muttenz-Süd. Segen und Fluch für das Laufental Für das Laufental ist die Strasse seit Jahren Segen und Fluch zugleich: Die N18 ist einerseits die wichtigste Verkehrsachse und gewährleistet den Anschluss an das Hochleistungsstrassennetz, andererseits kann sie den ständig wachsenden Verkehr nicht bewältigen. Oder anders ausgedrückt: Der Individualverkehr im prosperierenden Tal, das sich als Wohn- und Arbeitsort immer grösserer Beliebtheit erfreut, ist schneller gewachsen als die Verkehrsinfrastruktur. Folgen sind die massive Zunahme der Staustunden und der Lärmemissionen. Als wahres Nadelöhr erweist sich das Gebiet Angenstein am Eingang des Laufentals, das aufgrund der beinahe täglichen Erwähnung in den Staumeldungen ungewollt nationale Berühmtheit erlangt hat. Um die Situation an diesem Engpass zu entschärfen, wäre die Realisierung des Muggenbergtunnels von grosser Bedeutung. Doch dessen Bau wurde immer wieder verschoben. Pläne für einen Muggenbergtunnel gibt es seit den 1970er-Jahren. Fast täglich staut sich auf der Autobahn A2 zwischen Augst und der Hagnau (im Bild die Kolonne nach dem Tunnel Schweizerhalle) der Verkehr. Bild: Vernarelli Stau. Ein Wort, das den Gewerblern einen Schauder über den Rücken jagt. Die tägliche Überlastung der Hochleistungsstrassen und des Kantonsstrassennetzes in unserer Region kostet ihnen Zeit, Nerven, aber vor allem Geld. Denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können die Arbeitszeit nicht produktiv nutzen, da sie mehrere Stunden pro Tag tatenlos im Auto sitzen. Gewisse Firmen verrechnen die höheren Kosten durch Produktivitätsverlust an die Kunden weiter, was bei diesen freilich nicht gut ankommt. Andere Unternehmen lassen die Finger davon und tragen die Kosten selber. Um auf dieses und weitere Verkehrsprobleme mit denen das Baselbieter Gewerbe konfrontiert ist, aufmerksam zu machen, startete die Konferenz der Gewerbe- und Industrievereine (KGIV) 2019 eine Mobilitätskampagne. «Das soll nicht mit dem Zeigefinger geschehen, sondern auf eine sympathische Art und durchaus auch mit einem Augenzwinkern», sagte KGIV-Präsident AUTOBAHN-AUSBAU – Die A2/A3 soll zwischen Hagnau und Augst auf acht Spuren ausgebaut werden. Gegen die Ausführungsvarianten im Bereich Schweizerhalle regt sich bei den dort ansässigen Firmen Widerstand. In Schweizerhalle tätige Firmen kritisieren Astra Die Autobahn A2/A3 ist eine der wesentlichen Hauptverkehrsachsen der Schweiz. Die Strecke zwischen Hagnau und Augst gehört zu den am stärksten befahrenen Strecken des Landes. Verkehrsüberlastung und Stau während der Stosszeiten sind an der Tagesordnung. Zur Erweiterung der Kapazität plant das Bundesamt für Strassen (Astra), diesen Abschnitt von drei auf vier Fahrstreifen pro Richtung zu erweitern. Gemäss den vom Astra bevorzugten Ausführungsvarianten soll der Autobahnausbau im Gebiet Schweizerhalle entweder durch eine Fahrbahn auf Höhe des bestehenden Tunnels, einem Tagbautunnel unter den Industriegleisen oder durch den Bau Beat Huesler damals vor den Medien und nannte die breite Öffentlichkeit, Behörden und Politik als Zielgruppe. Und so entstanden 30 Sekunden lange Videoclips, die für die Anliegen des Baselbieter Gewerbes in Bezug auf die Verkehrssituation sensibilisieren sollten. Die vier Kurzfilme sind auf Facebook, Youtube sowie www.kgiv.ch zu sehen. Situation hat sich kaum geändert Wenig überraschend hat sich die Situation auf den Baselbieter Strassen in den letzten beiden Jahren kaum geändert. Im Gegenteil: Die Verkehrsengpässe auf Kantonsgebiet werden immer akuter, Lösungen sind allerdings keine in Sicht. Und dies, obwohl im vergangenen September die kantonale Initiative zum Ausbau der Hochleistungsstrassen klar angenommen wurde. Auch dies ein Grund, weshalb die KGIV beschlossen hat, der Mobilitätskampagne ein neues (und letztes) Kapitel hinzuzufügen. Weil die ersten Filme grossen Anklang fanden und für manch einen Schmunzler sorgten, werden auch diesmal wieder solche produziert. Bildeten zuvor allgemeine Themen wie der Mangel an Parkplätzen, die quälenden Staus oder die ewigen Baustellen den roten Faden, stehen diesmal konkrete Projekte wie der Zubringer Bachgraben–Allschwil (Zuba), der Muggenbergtunnel im Laufental und der Ausbau auf acht Spuren der Autobahn A2 im Mittelpunkt. Die Realisierung dieser Projekte würde die Verkehrssituation an diesen Hotspots erheblich beruhigen. Geplant sind drei 30 bis 40 Sekunden lange Filme, die direkt auf die Verkehrsprobleme in den oben erwähnten Zonen anspielen. Als Schauspielerinnen und Schauspieler sollen direkt betroffene Gewerblerinnen und Gewerbler wirken. Die Clips werden wiederum auf den Social-Media-Kanälen der Wirtschaftskammer Baselland und auf der KGIV-Website abrufbar sein. Gleichzeitig mit der Lancierung der Mobilitätskampagne präsentierte die KGIV vor zwei Jahren unter dem einer Brücke über die Flächen des Industrieparks sowie des Cabb-Areals realisiert werden. Diese Varianten haben nun die im Industriegebiet Schweizerhalle angesiedelten Firmen auf den Plan gerufen. In einem an die Baselbieter Regierungsräte Thomas Weber und Isaac Reber gerichteten Brief haben Vertreter der Getec Park Swiss AG, die den Industriepark betreut und entwickelt, sowie von BASF, Bayer, Cabb, Clariant, Comar, Novartis, Syngenta und Van Baerle ihre Sorge über das Projekt «in seiner jüngsten Form» zum Ausdruck gebracht. Der geplante Autobahnausbau erfordere aufwendige und teure Nachrüstungen für die Unternehmen und gefährde die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer massiv, heisst es im Schreiben. Die Standortfirmen stellen klar, dass sie sich nicht grundsätzlich gegen einen Spurausbau aussprechen. «Route durch ein Störfallgebiet» Die unterzeichnenden Firmen, die sich zu einer Interessengemeinschaft zusammengefunden haben, unterstreichen die Tatsache, dass sie am Standort Schweizerhalle beträchtliche Investitionen vorgenommen hätten, qualitativ hochwertige Arbeitsplätze böten und insgesamt rund 3000 Mitarbeitende beschäftigten. Der Bau einer Autobahn «mitten durch den grössten Chemiepark der Schweiz» sei für sie mit grossen Nachteilen und Einschränkungen Titel «Baselbieter Verkehrspolitik – eine Herausforderung für das Gewerbe» einen fünf Punkte umfassenden Forderungskatalog zuhanden der Regierung. Die Forderungen reichen von der rechtzeitigen Kommunikation der Baustelleninformationen über die Sicherstellung der Parkplätze bis zum zügigen Vorantreiben der Verkehrs- Neubauprojekte. Langes Warten auf eine Antwort Die Gewerbe- und Industrievereine erwarteten von der Exekutive eine rasche Antwort und wenn möglich die Umsetzung der entsprechenden Massnahmen. Bis heute warten sie jedoch vergebens auf eine Reaktion aus Liestal. Aus diesem Grund hat die KGIV im Juli einen Brief an Isaac Reber verschickt, in dem der Baudirektor aufgefordert wird, die Forderungen ernst zu nehmen und zu unterstützen. Bis spätestens Ende September erwartet die Konferenz der Gewerbeund Industrievereine endlich eine Antwort. Loris Vernarelli verbunden, betonen die Unternehmen. Sie müssten gegebenenfalls aufwendige und teure Nachrüstungen im Bereich der Störfallprävention realisieren. Zudem könnten sie sich nicht vorstellen, dass durch die Wahl einer Route durch ein Störfallgebiet bewusst inakzeptable Risiken für die Bevölkerung geschaffen und in Kauf genommen werden sollen. Die Standortfirmen wiederholen am Ende des Briefs, dass ein Spurausbau durchaus Sinn mache, «aber nur solange dieser den Industriepark als Ganzen und die einzelnen Firmen im Speziellen nicht in der Nutzung bestehender Infrastruktur und in ihren Entwicklungsmöglichkeiten einschränkt». Loris Vernarelli Komitee wurde Anfang Jahr gegründet Da die N18 nun im Besitz des Bundes ist, der für Ausbau, Betrieb und Unterhalt verantwortlich zeichnet, könnte neuer Schwung in die Angelegenheit kommen. Das hofft zumindest das am Anfang dieses Jahres gegründete «Komitee N18». Gründungsmitglieder sind die freisinnigen Landräte Martin Dätwyler und Rolf Blatter sowie Ermando Imondi (SVP) und Franz Meyer (CVP). Sie konnten Persönlichkeiten wie Pierre-Alain Berret, Direktor der «Chambre de commerce et d’industrie du Jura», und die Baselbieter SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger für die Sache gewinnen. «Infrastrukturprojekte in der Grössenordnung eines Muggenbergtunnels haben es sehr schwer», räumt Rolf Blatter gegenüber dem Standpunkt der Wirtschaft ein. Deshalb sei das Kernteam des Komitees derzeit bei Verbänden sowie bei betroffenen Körperschaften und Gemeinden am Weibeln. Laut Blatter sind einige Präsentationen bereits gehalten worden, was dazu geführt hat, dass zusätzliche Mitglieder wie der Automobil Club der Schweiz, die Handelskammer beider Basel, die Wirtschaftskammer Baselland sowie die Gemeinden Aesch und Pfeffingen an Bord geholt werden konnten. «Zu gegebener Zeit» wird das «Komitee N18» mit einer Kampagne an die Öffentlichkeit gelangen. Loris Vernarelli QUIZ Lösung heisst: «Das Baselbiet entdecken» Zum Start in die Sommerferien galt es im vergangenen Standpunkt, sein Wissen über das Baselbiet zu prüfen. Im Quiz mit 21 Fragen rund um den Kanton ging es um Geschichte, Geografie, Wirtschaft, Zahlen und Allgemeinwissen – und es brauchte ein bisschen Entdeckergeist, um alle Fragen korrekt zu beantworten. Wem dies gelang, kam auf den korrekten Lösungssatz: DAS BASELBIET ENTDECKEN Aus den zahlreichen richtigen Einsendungen hat die Standpunkt-Redaktion folgende glücklichen Gewinnerinnen und Gewinner gezogen: Je eine «Baselland Card» mit einem Guthaben von 50 Franken geht an: – Martin Eichenberger, Lausen – Chantal Cueni, Birsfelden – Margrit Siegrist, Liestal Je ein Buch «Baselland von A-Z» geht an: – Tobias Brunner, Wahlen – Anita Rieder, Rothenfluh – Daniel Tschopp, Reigoldswil Die Gewinnerinnen und Gewinner wurden direkt benachrichtigt. Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt. Wir danken allen Standpunkt-Leserinnen und -Lesern für das engagierte Mitmachen. Die Redaktion

2. 13. Juli August 2021 2021 RUBRIKTITEL INTERVIEW Standpunkt der Wirtschaft | 3 KULTGETRÄNK – Die Rivella Gruppe ist die Nummer 2 im schweizerischen Getränkemarkt und eine Schweizer Institution. Dieses Jahr wurde das Rothrister Unternehmen zum besten Arbeitgeber der Schweiz gewählt. Ein Gespräch mit CEO Erland Brügger. «Bei uns gibt es keine Stars und Celebrities» Standpunkt: Herr Brügger, wie wird man zum besten Arbeitgeber der Schweiz? Erland Brügger: Dazu gibt es kein Patentrezept. Trotzdem gibt es einige Ingredienzien, die hilfreich sind. Zum Beispiel, dass wir ein KMU in Familienbesitz mit starken und bekannten Marken sind. Dass unsere Mitarbeitenden sich aktiv und ganzheitlich in der Gestaltung der Zukunft des Unternehmens engagieren können. Dass sie wahr- und ernstgenommen werden. Wir arbeiten viel und intensiv an unserer Kultur und wie wir miteinander umgehen wollen. Zudem versuchen wir, uns auch am Markt als Arbeitgeber aktiv zu positionieren und werden hier verstärkt wahrgenommen. Dass die Auszeichnung in die Zeit der Coronakrise fällt, die für Arbeitgebende und Arbeitnehmende eine grosse Herausforderung war, macht die Auszeichnung noch spezieller … Gerade in schwierigen Zeiten zeigt sich, wie der Zusammenhalt in einem Unternehmen ist. Wir haben von Beginn der Pandemie an aktiv, regelmässig und intensiv mit allen Mitarbeitenden gesprochen. Wir haben die Situation und unsere Entscheidungen transparent gemacht und wir haben Lösungen mit unseren Menschen gesucht. Das wurde sehr geschätzt. «ERFOLGE WERDEN GEMEINSAM ERRUNGEN, UND NIEDERLAGEN SCHMERZEN UNS ALLE. ES BRAUCHT DIE ZUSAM- MENARBEIT ALLER.» Sie sprechen in diesem Zusammenhang auch von der Stärkung der Arbeitgebermarke und der gelebten Wir-Kultur bei Rivella. Wie genau stellt sich dies im Arbeitsalltag dar? Wir versuchen, interessierten Parteien Einblicke in unser Unternehmen zu geben. Auf unserer Homepage oder auch via LinkedIn kann man viel über Rivella und die Menschen, die hier arbeiten, erfahren. Dabei gibt es bei uns keine Stars und Celebrities, sondern das Team. Erfolge werden gemeinsam errungen, und Niederlagen schmerzen uns alle. Es braucht die Zusammenarbeit aller, damit Konsumentinnen und Konsumenten unsere Marken und Produkte erfahren und sich darüber erfreuen können. WER HAT’S ERFUNDEN? Die Getränkebranche gehörte angesichts (teil-)geschlossener Gastronomie und dem Einbruch in der Event- und Sportszene zu den stark betroffenen Geschäftsfeldern während der Corona- Pandemie. Wie hat sich Rivella auf die schwierigen Umstände eingestellt und wie hat sich die Gruppe gehalten? Die Gastronomie, die Eventbranche aber auch die Betriebsverpflegung haben in der Pandemie viel stärker als wir gelitten. Viele haben faktisch ein Berufsverbot über Monate ausgesprochen erhalten. Unser Umsatzrückgang im Jahr 2020 und auch in diesem Jahr ist auf diese Situation zurückzuführen. Viele unserer Konsummomente haben so nicht stattgefunden. Auf dieser Basis gab es auch bei uns intern viel Veränderung. Produkte im Glas, welche wir vor allem in der Gastronomie verkaufen, waren plötzlich überhaupt nicht mehr gefragt. Dafür lief das Geschäft im Grossgebinde für den Heimkonsum stärker. Es war und ist wichtig, in dieser Zeit flexibel zu bleiben, um auf Veränderungen reagieren zu können. Das Team hat dies sehr gut gemeistert. Der Sommer 2021 ist bislang meteorologisch noch keine Versprechung. Wie stark wirkt sich das Wetter jeweils auf den Getränkeabsatz aus und wie viel Flexibilität ist da gefordert? Das Wetter ist definitiv auch eine Variable in unserem Geschäft. Der Sommer 2020 hat nach der ersten Corona-Welle den Getränkekonsum stark angekurbelt, und wir hatten plötzlich ein super drittes Quartal mit Ferien in der Schweiz und durstigen Konsumierenden. Aktuell macht das Wetter etwas weniger Durst, auch wenn wir alle täglich immer auch trinken. Wir tun dies bei schlechtem Wetter aber weniger intensiv. Dies bekommen wir auch zu spüren. Trotz dem «logischen» Umsatzrückgang 2020 hat Rivella den Personalbestand nahezu gehalten, neue Produkte auf den Markt gebracht und weiter in die Modernisierung investiert … Wir haben einzig einen Personalstopp verhängt und so Abgänge nur sehr selektiv ersetzt. Der Familie Barth und dem Verwaltungsrat ist es aber auch in Zeiten der Pandemie wichtig, dass wir unser Geschäft vorantreiben und aktiv bleiben. Innovationen gehören da ebenso dazu wie die Vermarktung. Gelitten hat vor allem unser Live-Marketing, da wir in der Regel dahin gehen, wo sich viele Menschen treffen. Dies war in der Pandemie weniger gefragt und wir mussten mit kreativen Ansätzen In den frühen 1950er-Jahren tüftelte Robert Barth neben seinem Studium der Rechtswissenschaften an einem Getränk, das anders sein sollte als alles andere. Ein Ingenieur des Milchtechnologischen Instituts der ETH unterstützte ihn dabei. Bei der Namensgebung liess sich der junge Schweizer inspirieren vom Tessiner Ort Riva San Vitale und dem italienischen Wort Rivelazione, Offenbarung. Lanciert wurde Rivella schliesslich 1952. Die ersten Flaschen barsten, später wurde die Erfindung boykottiert. Aber das konnte den jungen Geschäftsmann nicht aufhalten. Familie und Freunde halfen, füllten in einer kleinen Fabrik im zürcherischen Stäfa Flaschen ab und verteilten sie auf Fussballplätzen und an Turnanlässen. Rivella ist ein Erfrischungsgetränk, das auf Milchserum basiert. Dieses entsteht, indem der Milch die Eiweisse und Fette entzogen werden. Wertvolle Mineralstoffe, Spurenelemente und Milchzucker bleiben erhalten. Teil des Rezepts ist ausserdem eine geheime Mischung aus Frucht- und Kräuterextrakten. Diese Mixtur wird ergänzt mit Wasser, Kohlensäure und Zucker oder Süssungsmitteln. ds www.rivella.ch www.rivella-group.com Erland Brügger inmitten des Kernprodukts Rivella Rot. Die Gruppe produziert heute jedoch eine Vielzahl weiterer Erfrischungs- und Fruchtsaftgetränke. Bild: zVg/Rivella AG versuchen, auf andere Art und Weise an unsere Konsumentinnen und Konsumenten heranzukommen. Pedalo-Konzerte auf dem Bieler- und Zürichsee waren solche Ansätze. Rivella gehört offiziell zum kulinarischen Erbe der Schweiz und fast die ganze Bevölkerung hierzulande kennt und schätzt das Getränk. Es heisst stets, im Ausland wolle irgendwie niemand etwas von dieser ur-schweizerischen Flüssigkeit wissen, obwohl die Rivella Gruppe mittlerweile fast ein Drittel ihres Getränkeausstosses von jährlich 100 Millionen Litern ausserhalb der Schweiz absetzt. Wie erklärt sich dieser scheinbare Widerspruch? Der Geschmack und die Zusammensetzung von Rivella sind einzigartig. Cola-Getränke und Limonaden gibts auf der ganzen Welt und die Konsumenten wissen in etwa, was sie erwartet, wenn sie zu einem solchen Getränk greifen. Nicht so bei Rivella, hier besteht Erklärungsbedarf. Und wenn dann noch auf dem Etikett steht, es basiere auf Milchbestandteilen, dann ist das Staunen in der Regel gross. In der Schweiz wachsen wir mit Rivella auf. Es ist ein Teil unserer Kultur. Das Gleiche gilt inzwischen für die Niederlande, unserem wichtigsten Auslandmarkt. Dort wächst Rivella seit Jahren sehr erfolgreich. «ES WAR UND IST WICHTIG, IN DIESER ZEIT FLEXIBEL ZU BLEIBEN, UM AUF VERÄNDERUN- GEN REAGIEREN ZU KÖN- NEN. DAS TEAM HAT DIES SEHR GUT GEMEISTERT.» Warum ausgerechnet dort? Von der Positionierung her ist Rivella in Holland eigenständig. Die Rezeptur basiert ebenfalls auf Milchserum und entspricht ungefähr unserem Rivella Blau. Für die Holländerin und den Holländer ist Rivella eine Marke, welche aus dem Friesland kommt. In ihrer Wahrnehmung ist es ihre Marke. Dies stimmt zwar so nicht, das Konzentrat kommt aus der Schweiz, aber gerade diese Identifi- ZUR PERSON Der 55-jährige Erland Brügger ist seit Mai 2011 CEO der Rivella Gruppe mit Sitz in Rothrist. Damals trat er die Nachfolge von Franz Rieder an, der nach 16 Jahren als Geschäftsleiter in Pension ging. Nach einem Ökonomiestudium an der HSG St. Gallen arbeitete Brügger für Unilever, Novartis Consumer-Health Schweiz und ab 2002 für Wander (Associated British Foods, ABF). Brügger ist Vorstandsmitglied der Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittelindustrien FIAL, des Verbandes Schweizerischer Mineralquellen und Soft-Drink-Produzenten SMS und des Schweizerischen Markenartikelverbandes PROMAR- CA. Brügger ist verheiratet, dreifacher Vater und wohnt im bernischen Muri. ds kation macht das Produkt für die Holländer einzigartig. Bei Zweifel Chips gibt es das Phänomen, dass jedes Jahr neue Varianten entwickelt werden, der Mammutanteil des Umsatzes jedoch bei den traditionellen Sorten verbleibt. Wie ist das bei Rivella, das neben den Klassikern Rot und Blau auch immer wieder neue Varianten auf den Markt bringt, wie zuletzt Rivella Grapefruit oder Rivella Bio Minzen? Unsere Umsatzleader sind Rivella Rot und Blau, gefolgt von Rivella Refresh. Innovationen beleben das Geschäft und verleiten unsere Konsumentinnen und Konsumenten Rivella immer mal wieder zu probieren. Trotzdem entscheidet sich die Mehrheit am Schluss für die Klassiker. Dies ist aber teilweise auch über die Verfügbarkeit getrieben, weil Rivella Rot und Blau fast überall erhältlich sind. Das Familienunternehmen Rivella ist längst nicht mehr «nur» Rivella – die Michel-Fruchtsäfte gehören ebenso zum Unternehmen wie Passaia, URS und seit 2019 Focuswater und eau&moi. Wie wichtig war und ist diese Diversifizierung für die Rivella AG? Wir haben uns 2017 entschieden, weniger Ressourcen in die Internationalisierung zu stecken und vermehrt Opportunitäten in neuen Marken und Konzepten zu suchen. Die Marke Michel ist bereits seit 1984 in unserem Portfolio und Focuswater ist 2019 dazugekommen. Zusammen mit Passaia, URS und eau&moi bieten die Marken Lösungen für unterschiedliche Kundenbedürfnisse. Aus Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten hat Trinken sehr verschiedene Facetten. Diese können wir nicht nur mit Rivella Rot oder Blau abdecken. Weil wir im Markt Schweiz über die beste Ausgangslage verfügen, wenn es um die Marktbearbeitung geht, haben wir uns damals für eine breitere Diversifikation entschieden. Rivella wurde 1952 von Dr. Robert Barth gegründet und steht noch heute zu 100 Prozent im Besitz der Gründerfamilie. Wie nimmt diese Einfluss auf das operative Geschäft und die gelebte Unternehmenskultur? Die Familie beteiligt sich mit Alexander und Christine Barth aktiv im Verwaltungsrat. Dort haben sie ihre Stimme, sind aber in der Minderheit. Natürlich ist uns ihre Meinung wichtig, sie sind aber sehr offen für Meinungen und Vorschläge aus dem operativen Team der Rivella AG. Umgekehrt sind viele Mitarbeitende sehr stolz darauf, sich für die Familie Barth zu engagieren. Alexander und Christine Barth sind in der Firma präsent und immer für einen Austausch zu haben. Die Getränkebranche ist ein hart umstrittener Markt. Welche Herausforderungen gilt es für Ihre Marken in der Zukunft zu meistern? Der Markt ist stark umkämpft und wird von wenigen, vor allem internationalen Herstellern dominiert. Zudem hat der Detailhandel eine zentrale Rolle, was den Zugang zu den Konsumentinnen und Konsumenten betrifft. Rivella als Familien- KMU mit nationaler Bedeutung ist eher die Ausnahme. Diese Chance gilt es aktiv zu nutzen. Parallel dazu gibt es sehr viele Start-ups, welche mit teilweise innovativen Ideen in den Getränkemarkt drängen. Diesem Druck müssen wir Stand halten und uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Auch mit einer etablierten Marke gilt es, sich kontinuierlich bei den Konsumierenden attraktiv zu halten. Das ganze Team arbeitet daran. Interview: Daniel Schaub

Standpunkt der Wirtschaft