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Standpunkt 524, 2. Juli 2021

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4 | Standpunkt der Wirtschaft WIRTSCHAFTSRAT 2. Juli 2021 WIRTSCHAFTSRAT – Das Parlament der Wirtschaftskammer Baselland hat die Nein-Parole für die 99-Prozent-Initiative gefasst und zur «Ehe für alle» Stimmfreigabe beschlossen. Einmal Nein-, einmal keine Parole WIRTSCHAFTSKAMMER KMU-Umfrage stösst auf grosses Interesse Nach dem reich befrachteten Abstimmungssonntag vom vergangenen 13. Juni mit fünf eidgenössischen und einer kantonalen Vorlage muss die Stimmbevölkerung am 26. September lediglich über zwei nationale Themen befinden. Themen, die es allerdings in sich haben: die 99-Prozent-Initiative und die «Ehe für alle». An seiner ersten physischen Sitzung seit eineinhalb Jahren, und das erst noch in den neuen Räumlichkeiten des Hauses der Wirtschaft in Pratteln, hat der Wirtschaftsrat die Nein- Parole zur Initiative gefasst und gleichzeitig Stimmfreigabe zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches beschlossen. Um was geht es bei den beiden Abstimmungen? Die Volksinitiative vom 2. April 2019 «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» (99-Prozent-Initiative) wurde von den Jungsozialisten lanciert und wird von der Mutterpartei SP PAROLEN Parolen des Wirtschaftsrats für den 26. September Nationale Abstimmungen «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» (99-Prozent-Initiative) Nein «Ehe für alle» Keine Parole Im Zentrum der letzten Wirtschaftsratssitzung standen die Volksabstimmungen von Ende September. Bild: Vernarelli und den Grünen unterstützt. Sie verlangt, dass Kapitaleinkommen (Zinsen, Dividenden usw.) eineinhalb Mal so stark wie Arbeitseinkommen besteuert werden. Jährlich gilt jedoch ein Freibetrag, dessen Höhe vom Gesetzgeber bestimmt würde. Die Initianten denken dabei an 100 000 Franken. Der erzielte Mehrertrag soll dazu verwendet werden, die Einkommenssteuern für Personen mit tiefen und mittleren Arbeitseinkommen zu senken. Ebenfalls können die Mehreinnahmen für Leistungen der sozialen Wohlfahrt wie Familienleistungen, Bildung und Gesundheit verwendet werden. Die «Ehe für alle» hatten die eidgenössischen Räte im Dezember 2020 verabschiedet. Die Vorlage wurde vor sieben Jahren von der GLP angestossen und öffnet die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Zudem umfasst die Gesetzesänderung die Legalisierung der Samenspende für lesbische Paare. Konservative Kreise aus SVP, EDU und Die Mitte haben das Referendum ergriffen und ein überparteiliches Nein-Komitee gegründet. Für die Befürworter sei «Ehe für alle» ein historischer Schritt für die Gleichstellung von homo- und bisexuellen Paaren mit heterosexuellen Paaren in der Schweiz. Die Schweiz sei das zweitletzte europäische Land, das die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare noch nicht geöffnet habe. Die Gegner monieren ihrerseits, dass die Ehe die natürliche Lebensgemeinschaft von Mann und Frau sei. Nur aus dieser Verbindung entstünden Kinder, welche die Zukunft der Gesellschaft sicherstellten. Am Ende der Wirtschaftsratssitzung spendeten die Mitglieder dem Team der Wirtschaftskammer kräftigen Applaus für seinen grossen Einsatz zugunsten der KMU-Wirtschaft während der Coronakrise. Loris Vernarelli Die KMU-Umfrage kann bequem online ausgefüllt werden. Bild: zVg Die Baselbieter KMU interessieren sich stark für die Themen Berufsbildung und Unternehmensführung. Dies zeigt eine aktuell laufende Umfrage der Wirtschaftskammer Baselland. Mit der Umfrage will der KMU-Dachverband sein Dienstleistungs- und Beratungsangebot weiter optimieren. An der Umfrage haben sich bereits weit über 100 Unternehmen aus der Region beteiligt. Ein erstes Fazit zeigt, dass die Interessen der teilnehmenden KMU vielfältig sind, bislang jedoch insbesondere die Bereiche Unternehmensführung und Berufsbildung auf grosse Resonanz gestossen sind. Zur Bestimmung von interessanten Dienstleistungs- und Beratungsangeboten stehen den teilnehmenden KMU zehn verschiedene Hauptkategorien zur Auswahl. Dazu zählen nicht nur die klassischen Unternehmensbereiche wie Führungs-, Personal- und Finanzierungsfragen, sondern auch aktuelle Themen wie Digitalisierung, Politik, Corona-Pandemie oder Energiewende. Die Umfrage läuft noch bis am kommenden 16. Juli. Lea Klingenberg Interessierte Unternehmen können per QR-Code oder online teilnehmen unter www.powr.io/survey/i/ 28338582#page ANZEIGE «Wachstum generieren und Arbeitsplätze schaffen.» Welche Investitionen stehen bei Ihnen an? Wir hören uns jeden Wunsch an. www.bkb.ch/kmu

2. Juli 2021 INTERVIEW Standpunkt der Wirtschaft | 5 FERIEN 2021 – Die von der Corona-Krise stark betroffene Reisebranche erholt sich. Laura Meyer, CEO von Hotelplan Group, spricht sogar von einem Buchungsboom für den Sommer 2021. Sie rechnet mit einer vollständigen Erholung bis 2023/2024. «Das Licht ist definitiv sichtbar» Standpunkt der Wirtschaft: Frau Meyer, haben Sie Pläne für die bevorstehenden Sommerferien? Laura Meyer: Klar, die Ferien sind gebucht und ich freue mich schon sehr darauf. Zusammen mit meiner Familie und Freunden werde ich nach Italien in ein Ferienhaus aus unserem Interhome-Portfolio reisen. Wie unbedenklich ist das Reisen in den nächsten Wochen – die Pandemielage präsentiert sich nach wie vor labil, es gibt unterschiedliche Situationen, erhöhte Anforderungen an die Reisenden? Wir gehen davon aus, dass Ferien rund ums erweiterte Mittelmeer verhältnismässig problemlos möglich sein werden. Für die Einreise in die meisten Länder rund ums Mittelmeer muss man aktuell entweder vollständig geimpft sein oder einen negativen PCR-Test vorweisen. In vielen Ländern genügt sogar ein negativer Antigentest. «FÜR DIE EINREISE IN DIE MEISTEN LÄNDER RUND UMS MITTELMEER MUSS MAN AKTUELL ENTWEDER VOLLSTÄN­ DIG GEIMPFT SEIN ODER EINEN NEGATIVEN PCR-TEST VORWEISEN. IN VIELEN LÄNDERN GENÜGT SOGAR EIN NEGATIVER ANTIGENTEST. Laura Meyer hat als CEO bei Hotelplan Group mitten in der Corona-Krise übernommen und darf nun bereits positive Signale für die kommenden Monate aussenden. Es wird aber dauern, bis sich die Reisebranche vollständig erholt hat. Bild: zVg/Hotelplan Wie buchungsfreundlich sind die Schweizerinnen und Schweizer im Sommergeschäft 2021 schon wieder – auch im Vergleich zu den Jahren vor der Krise? Unsere Kundinnen und Kunden haben extremen Nachholbedarf und wir erleben derzeit einen regelrechten Buchungsboom im erweiterten Mittelmeerraum – sei dies für klassische Badeferien in einem Hotel oder auch für Ferien in einem Ferienhaus. Natürlich sind wir noch nicht auf dem Niveau von «vor Corona». Aber das bekannte Licht am Ende des Tunnels ist definitiv sichtbar. Welche Hauptunterschiede – in Sachen Destinationen, Reisearten und -dauer – sehen Sie im Buchungsverhalten gegenüber pandemiefreien Zeiten? Auch in normalen Sommermonaten zieht es die meisten unserer Kundinnen und Kunden an Destinationen rund ums erweiterte Mittelmeer, also nach Griechenland (mit den Inseln Kreta, Kos und Rhodos), Zypern und Spanien inklusive Mallorca und den kanarischen Inseln. Auffallend ist momentan, dass sich die Kundschaft in zwei Kategorien unterteilen lässt: Die einen wollen möglichst schnell in ihr altes Leben zurück. Die andern bevorzugen kleinere Destinationen und kleinere Hotels. Zudem liegt der Wert dieser Buchungen im Durchschnitt höher als noch 2019. Man kann also sagen, dass sich viele unserer Kundinnen und Kunden nach über einem Jahr nicht mehr im Ausland etwas gönnen wollen. Sie sind mitten in der Corona- Krise in Ihre neue Position als CEO eingestiegen – mit durchaus unsicheren Perspektiven. Sind Sie generell sehr risikobereit? Ich war vor meinem Amtsantritt bereits über zwei Jahre im Verwaltungsrat von Hotelplan Group und kannte das Geschäft bestens. Ich habe also gewusst, welche Situation mich erwarten wird. Vor allem aber glaube ich an die Zukunft des Geschäfts, die Leute wollen reisen. Auch dank der Migros als Eigentümerin sind wir sehr gut aufgestellt, um im zurückkehrenden Markt erfolgreich zu sein. ZUR PERSON Die 40-jährige Laura Meyer verfügt über einen Master of Law der Universität Zürich und einen Master in Business Administration Insead (in Singapur und Fontainebleau). Seit 2018 war sie Verwaltungsrätin der Hotelplan Group und wurde per 1. Januar 2021 als Nachfolgerin von Thomas Stirnimann zur neuen CEO berufen. Vor ihrem Engagement bei Hotelplan war Meyer beruflich ab 2007 für das Beratungsunternehmen McKinsey und in der NZZ Mediengruppe tätig. Ab 2015 war sie als Executive und später Managing Director und Head of Digital Distribution & Analytics bei der UBS Switzerland AG tätig. Die fundierte Erfahrung in Digitalisierungsthemen, die für die Reisebranche der Zukunft im Rahmen des laufenden Strukturwandels zentral ist, war einer der Hauptgründe für die Wahl von Laura Meyer, die verheiratet und Mutter von zwei Kindern ist. www.hotelplan.com ds «DIE SITUATION UNSERER MITARBEITEN­ DEN HAT MICH STARK BESCHÄFTIGT. DIE KOMBINATION VON UNSICHERER GSCHÄFTS­ LAGE, KURZARBEIT UND HOMEOFFICE- PFLICHT IST SEHR HERAUSFORDERND.» Welche der zahlreichen Herausforderungen in der von Corona besonders hart getroffenen Reisebranche hat Sie am meisten beschäftigt in den vergangenen Monaten seit Ihrem Antritt am 1. Januar 2021? Die Situation unserer Mitarbeitenden hat mich stark beschäftigt. Die Kombination von unsicherer Geschäftslage, Kurzarbeit und Homeoffice-Pflicht ist sehr herausfordernd. Wir haben deswegen neue virtuelle Veranstaltungen lanciert und so den Austausch gefördert. Dies wurde sehr geschätzt. Und natürlich habe ich mir schnell die grossen Projekte und Themen angeschaut und gemeinsam mit der Konzernleitung triagiert zwischen Themen, die wir stoppen und anderen, die wir weiterbearbeiten und dafür auch Mitarbeitende aus der Kurzarbeit holen können, um die Zeit produktiv nützen zu können. Als Sie zum CEO berufen wurden, sprach Hotelplan von einem «unvergleichlichen Strukturwandel der Reisebranche in Richtung Digitalisierung». Können Sie ausführen, was das für ein Unternehmen wie Hotelplan kurz-, mittel- und langfristig genau bedeutet? Ich denke weniger in den Kategorien digital versus analog, sondern in Kundenerlebnissen und -erwartungen. Diese finden heute auf allen Kanälen und vermehrt digital statt. Unsere Aufgabe ist es, ein nahtloses, persönliches Erlebnis zu ermöglichen. Deswegen investieren wir zum Beispiel in virtuelle Kundenberatung und in ein digitales Kundenportal. Wir sind zudem dabei, unsere verschiedenen Tochtergesellschaften auf eine einheitliche Systemlandschaft zu migrieren. Wir wollen damit zukünftig Synergien innerhalb der Geschäftseinheiten besser nutzen und selbstverständlich auch Kosten sparen. Im Moment befinden wir uns in der Schweiz in einer klaren Öffnungs- und Normalisierungsphase. Mit welchen Szenarien plant Hotelplan in den kommenden Monaten? Wir sind sehr positiv für das Sommer- und Herbstgeschäft. Welche Langstreckendestinationen im Winter offen sein werden, ist noch unklar. Arabien und indischer Ozean, aber zum Beispiel auch Thailand, werden aber aller Voraussicht nach offen sein und die Leute möchten reisen. Im Geschäftsreisebereich spüren wir auch ein Anziehen des Marktes. Toll ist insbesondere, dass unsere auf Service und Qualität orientierten Geschäftsreiseanbieter «bta first travel» und «Finass Reisen» während der Krise sehr viele Neukunden gewonnen haben. Dieses Geschäftsmodell wird auch in Zukunft erfolgreich sein. Wie lange wird es dauern, bis sich die Reisebranche von diesen extremen Lockdown-Monaten erholt haben wird? Das ist schwierig zu sagen und kommt natürlich sehr darauf an, wie sich die Pandemie entwickeln wird. Wir gehen aktuell davon aus, dass der Gesamtmarkt erst 2023/2024 wieder auf dem Niveau von «vor Corona» sein wird. «WIR SIND SEHR POSITIV FÜR DAS SOMMER- UND HERBSTGESCHÄFT. WELCHE LANGSTRECKEN­ DESTINATIONEN IM WINTER OFFEN SEIN WERDEN, IST NOCH UNKLAR.» Welche Reisetrends sehen Sie für die Zukunft? Das Thema Vertrauen und Verlässlichkeit wird weiterhin wichtig sein. Die Kundinnen und Kunden haben in der Krise gesehen, dass man mit Hotelplan sicher reisen kann. Das ist eine Chance für uns. Ein weiterer Trend ist Nachhaltigkeit. Wir rechnen mit vermehrter Nachfrage nach Zugreisen und Ferien in Langstreckendestinationen mit längerer Aufenthaltsdauer. Viele Dinge ändern aber auch nicht: Die Leute möchten sich erholen und eine unbeschwerte Zeit erleben. Frau Meyer, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen in jeder Hinsicht gute Erholung und schöne Ferien! Interview: Daniel Schaub

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