Aufrufe
vor 3 Jahren

Standpunkt 510, 23. Oktober 2020

10 |

10 | Standpunkt der Wirtschaft KMU-ORGANISATIONEN 23. Oktober 2020 DRIVERS COMPETENCE CENTRE (DCC) AG – Künftig dauern die obligatorischen Kurse für Neulenker nur noch einen Tag. Bei der Drivers Competence Centre (DCC) AG hat dies zu einem massiven Rückgang der Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmr geführt, hiess es an der Generalversammlung. SOCIAL-MEDIA-POST DER WOCHE Nur noch ein Tag für Neulenker PAROLEN FÜR DEN 29. NOVEMBER Der Wirtschaftsrat sagt drei Mal Nein Der Wirtschaftsrat, das Parlament der Wirtschaftskammer Baselland, hat diesen Monat die Parolen für zwei eidgenössische und eine kantonale Vorlage beschlossen, die am kommenden 29. November zur Abstimmung gelangen. Die Parolen wurden wegen Corona auf dem schriftlichen Weg gefasst. Der Wirtschaftsrat hat sich bei allen drei Vorlagen für ein Nein entschieden. Nein zu Mietzinsbeiträgen Die Generalversammlung der DCC AG stimmt ab. Die Drivers Competence Centre (DCC) AG blickt auf ein schwieriges Geschäftsjahr 2019 zurück. Der Bundesrat hatte vergangenes Jahr die Ausbildungsvorschriften geändert. Künftig dauern die obligatorischen Kurse für Neulenker nur noch einen Tag. Diese Neuerung führte zu einem massiven Rückgang der Kursteilnehmer. Gemäss der Übergangsregelung musste nur noch ein Drittel der Neulenker, die noch unter dem alten Regime ihre Führerprüfung bestanden hatten, den zweiten Kurstag belegen. Für all jene, deren provisorischer Fahrausweis erst nach dem 1. Januar 2020 ablief, entfiel der zweite Kurstag. Fragwürdige Übergangsregelung Für DCC-Präsident Felix Knöpfel ist diese Übergangsregelung äusserst fragwürdig. «Normalerweise werden nach altem Recht abgelegte Prüfungen nicht nach neuem Recht beurteilt.» 2018 führte die DCC insgesamt fast 2200 Kurstage durch. Im letzten Jahr waren es rund 1000 Kurse weniger. Dies führte zu Mindereinnahmen von rund 200 000 Franken, und die Jahresrechnung 2019 schloss mit einem Mehraufwand ab. Mittlerweise hat die DCC ein neues Programm entwickelt, welches die bisherigen zwei Kurstage auf einen siebenstündigen Ausbildungstag konzentriert. Für das laufende Jahr, das zusätzlich durch die Corona-Pandemie belastet wird, rechnen die DCC-Verantwortlichen nochmals mit einem Verlust. Aufgrund verschiedener eingeleiteter Massnahmen und Anpassungen sollte der Betrieb ab 2021 dann wieder kostendeckend geführt werden können. Die in Biel-Benken domizilierte DCC Bild: mwb bietet seit einigen Jahren Aus- und Weiterbildungskurse für den motorisierten Privatverkehr an. Fahranlage in Develier Das wichtigste Angebot war die Organisation und Durchführung der bislang obligatorischen 2-Phasenkurse für Neulenker. Das umfassende Schulungsangebot, das zum Beispiel auch Eco-Drive-, Refresheroder Senioren-Fahrkurse beinhaltet, findet auf der Fahranlage im jurassischen Develier statt, welche der DCC-Tochterfirma Top Conduite gehört. Marcel W. Buess Im Kanton Basel-Landschaft wird am 29. November über das «Gesetz über die Ausrichtung von Mietzinsbeiträgen an die Mieterinnen und Mieter von Geschäftsräumlichkeiten im Zusammenhang mit dem Coronavirus (Covid-19)» vom 27. August 2020 abgestimmt. Nein zu UVI und Finanzierungsverbot Auf nationaler Ebene entscheiden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger am 29. November über die Volksinitiative vom 10. Oktober 2016 «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» sowie über die Volksinitiative vom 21. Juni 2018 «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten». Den Anträgen des Zentralvorstands gefolgt Mit seinen drei Nein-Parolen ist der Wirtschaftsrat den Anträgen des Zentralvortands der Wirtschaftskammer Baselland gefolgt.Reto Anklin ANZEIGE

23. Oktober 2020 RATGEBER Standpunkt der Wirtschaft | 11 POLIT-KOLUMNE Richter sollen Gesetze anwenden, nicht neu erfinden «Am schlimmsten sind die Richter, die glauben, schon deshalb recht zu haben, weil sie Recht sprechen dürfen.» Dieses Zitat des deutschen Landespolitikers und Rechtsanwalts sowie Publizisten in Niederbayern, Robert Muthmann (1922–2017), passt wie massgeschneidert zur Ungeheuerlichkeit, die sich der freisinnige Westschweizer Bezirksrichter von Renens (VD), Philippe Colelough, unlängst leistete. Als Einzelrichter sprach er zwölf sogenannte Klimaaktivisten frei, die mit einer Aktion in den Räumlich keiten der Grossbank Credit Suisse (CS) in Lausanne das Weltklima vor der vermeintlichen Bankenmacht zu schützen glaubten. Die Besetzer im Alter zwischen 21 und 34 Jahren hatten am 22. November 2018 während eineinhalb Stunden als Tennisspieler verkleidet die «Heuchelei einer Bank» angeprangert, die sich in Kampagnen des positiven Ansehens von Roger Federer bediene und dabei eine umweltschädliche Investitionspolitik verfolge. Die Waadtländer Staatsanwaltschaft beurteilte das als Hausfriedensbruch und Widerstand gegen Anordnungen der Polizei. «WARUM EINZELRICHTER COLELOUGH DAS MIT EINEM FREISPRUCH HONORIERTE, DÜRFTE IN DER SCHWEIZERISCHEN JUSTIZGESCHICHTE WOHL ALS KURIOSUM UND ENTGLEISUNG VON SELTENER EINFALT VERMERKT WERDEN.» Peter Amstutz* Im Frühjahr 2019 wurden die Protestierenden deswegen zu bedingten Geldstrafen von je 30 Tagessätzen bei zwei Jahren Bewährung und zu einer Geldstrafe von je 400 bis 600 Franken (umwandelbar in 13 bis 20 Tage Haft) verurteilt. Zusammen mit den Gerichtskosten hätte sich die Rechnung auf 21 600 Franken belaufen. Diese Strafbefehle fochten die Verurteilten vor dem Bezirkgericht an, das sie jubelnd mit einem erstinstanzlichen Freispruch verlassen durften. «Rechtfertigender Notstand» heisst das Zauberwort dafür. Warum Einzelrichter Colelough das mit einem Freispruch honorierte, dürfte in der schweizerischen Justizgeschichte wohl als Kuriosum und Entgleisung von seltener Einfalt vermerkt werden. Diese Aktion sei «aus Gründen eines zu rechtfertigenden Notstandes rechtmässig, notwendig und angemessen» gewesen, lautete der Richterspruch. Dies sei der einzige wirksame Weg gewesen, «um die Bank zu einer Reaktion zu bewegen und dafür die notwendige Aufmerksamkeit von Medien und Öffentlichkeit zu bekommen». Das Demonstranten-Dutzend habe gemäss Artikel 17 des Strafgesetzbuchs (StGB) gehandelt: «Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um ein eigenes oder das Rechtsgut einer anderen Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr zu retten, handelt rechtmässig, wenn er dadurch höherwertige Interessen wahrt.» Die «historische» Meldung ging um die Welt. Selbst die «New York Times» berichtete über den Schweizer Richter, der das Vorgehen der Aktivisten für ein legitimes Mittel hält, um gegen den Klimawandel zu protestieren. Verschiedene Strafrechtsprofessoren aber, so der Berner Martino Mona, gaben inzwischen Gegensteuer: «Artikel 17 kann unmöglich der Grund für die Straffreiheit der Aktivisten sein. Wenn der Richter das wirklich so gesagt hat, wie es die Medien schrieben, dann hat er jetzt ein Problem.» Mona konnte sich nicht vorstellen, dass dieses Urteil vor einer nächsten Instanz Bestand haben dürfte. Mit dieser Einschätzung lag er goldrichtig. Das Waadtländer Kantonsgericht hat diesen Herbst den Freispruch für zwölf Klima-Aktivisten in zweiter Instanz kassiert und alle wegen Hausfriedensbruchs zu bedingten Geldstrafen und zu Bussen zwischen 100 und 150 Franken verurteilt. Auch Marc Thommen, Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Zürich, fand zum erstinstanzlichen Urteil: «Um es positiv auszudrücken: Ein mutiger Entscheid. Aber vom Rechtlichen her ist es eindeutig falsch, in diesem Fall Artikel 17 anzuwenden.» Dieser sei nur anwendbar, wenn Individualrechtsgüter unmittelbar bedroht seien. Beim Klimaschutz gehe es aber um kollektive Interessen. Marcel Niggli, Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Freiburg, wurde noch deutlicher: Der Freispruch sei nicht nur ein Fehlurteil, sondern auch Ausdruck einer gefährlichen Tendenz. Richter Colelough habe nicht Recht gesprochen, sondern Politik betrieben. «Im Prinzip müsste man ihn entlassen», befand Niggli. Leider gebe es eine Tendenz, dass sich die Justiz zunehmend für das Gute einsetze statt für das Recht. Das sei extrem besorgniserregend, weil das nicht die Aufgabe der Justiz, sondern der Politik sei, sagte Niggli. Der ehemalige Bundesrichter Niklaus Oberholzer formulierte Verständnis für derartige Aktionen. Es sei Aufgabe der Rechtsprechung, auf veränderte Situationen zu reagieren und sich dem Wandel anzupassen. Dem wäre zu entgegnen, was der englische Philosoph, Jurist und Staatsmann Baron Francis Bacon (1561–1626) der Nachwelt hinterliess: «Wenn der Richter vom Buchstaben des Gesetzes abweicht, wird er Gesetzgeber.» *Peter Amstutz, ehemaliger Leiter der Bundeshaus-Redaktion der «Basler Zeitung» Der Autor gibt seine eigene Meinung wieder. Diese muss sich nicht mit jener der Wirtschaftskammer decken. ANZEIGE RATGEBER RECHT – Was tun, wenn der Unternehmer zwar bereit ist, eine vereinbarte Leistung zu erbringen, ihn aber Gründe, welche nicht in seinen Risikobereich fallen, an der Ausführung hindern? Umgang mit Verzögerungen im Beschaffungsrecht Vereinbarte Ausführungstermine erleiden oft auch nach Abschluss des Beschaffungsvertrags Verzögerungen. Der Unternehmer ist bereit, die vereinbarten Leistungen zu erbringen, Drittursachen, welche nicht in seinen Risikobereich fallen, hindern jedoch die Ausführung. Wie ist die Rechtslage und wie ist vorzugehen? «IM ÖFFENTLICHEN BESCHAFFUNGSRECHT BEVORZUGEN DIE MEISTEN UNTERNEHMER IN EINEM SOLCHEN FALL NICHT DAS DIREKTE EINFORDERN SOLCHER ANSPRÜCHE, SONDERN SUCHEN VIELMEHR EINE EINVERNEHMLICHE LÖSUNG MIT DER BEHÖRDE.» Liegt die hindernde Ursache im Risikobereich der Behörde, liegt Annahmeverzug vor, sofern die Behörde die Leistungen des Unternehmers nicht entgegennimmt (wenn z.B. der Bauunternehmer mit dem Aushub termingerecht beginnen, die Behörde damit aber aus spezifischen Gründen noch zuwarten möchte). Dieser Verzug löst die vertraglichen Folgen, resp. bei Fehlen von entsprechender Regelungen, die gesetzlichen Folgen aus (Anspruch auf Mehrvergütung, Schadenersatz, usw.). Im öffentlichen Beschaffungsrecht bevorzugen die meisten Unternehmer in einem solchen Fall nicht das direkte Einfordern solcher Ansprüche, sondern suchen vielmehr eine einvernehmliche Lösung mit der Behörde. Die Zusammenarbeit soll schliesslich allseits erfolgreich realisiert werden können. Der Lösungsweg besteht meist darin, dass der Unternehmer aufzeigt, dass er seine Leistungen fristgerecht hätte erbringen können und er wegen des Annahmeverzugs einen finanziellen Schaden erlitten hat (Stillstandkosten von Maschinen, Wartekosten, usw.). Die möglichst detailliert und transparent dargelegte Berechnung der Kosten führt sodann in der Regel zu einer Anpassung der Vergütung durch die Behörde und zu einer einvernehmlichen Anpassung der Ausführungstermine. Bei der Anpassung der Vergütung ist jedoch zu bedenken, dass diese die Grundlagen des Vergabeentscheids (Schwellenwerte, anwendbares Verfahren, usw.) nicht ins Wanken bringen darf. Der Unternehmer kennt die Risiken, die sich bei der Erbringung seiner Leistungen in seiner Risikosphäre und in der Risikosphäre der Behörde ergeben können. Empfehlenswert ist, diese Risiken und die daraus entspringenden Folgen vor Abschluss des Vertrags in demselben zu regeln. «EMPFEHLENSWERT IST, DASS DIESE RISIKEN UND DIE DARAUS ENTSPRINGENDEN FOLGEN VOR ABSCHLUSS DES VERTRAGS IN DEMSELBEN ZU REGELN.» So können die Vertragspartner im Vertrag regeln, welche Tagessätze (inkl. Wartekosten, etc.), welche Termin folgen, usw. bei Verzögerungen angewendet werden und nach welchen Änderungsmechanismen die vertragliche Leistung erbracht werden soll (z.B. einfache Verschiebung von Terminen oder Erhöhung des Personals gegen Aufpreis zur Wahrung des Ursprungtermins, LEGAL-TEAM Rechtsanwalt Philipp Rupp ist Mitglied des Legal-Teams der Wirtschafts kammer Baselland. Das Legal-Team steht den Mitgliedern der Wirtschaftskammer für Auskünfte zur Verfügung. Es ist erreichbar unter: Wirtschaftskammer Baselland Abteilung Verbandsmanagement & KMU-Dienstleistungen Haus der Wirtschaft Altmarktstrasse 96, 4410 Liestal Telefon: 061 927 65 11 Telefon (Zentrale): 061 927 64 64 usw.). Je genauer die Regelung formuliert worden ist, desto deeskalierender ist die Wirkung im Anwendungsfall. IMPRESSUM Herausgeber ⁄ Verlag: Schweizerischer Gewerbeverband sgv, Schwarztorstrasse 26, Postfach 8166, 3001 Bern, Tel. 031 380 14 14, verlag@sgv-usam.ch Redaktion sgz: Schwarztorstrasse 26, 3007 Bern Tel. 031 380 14 14, redaktion@sgv-usam.ch Regionalbund «Standpunkt» Herausgeber: Wirtschaftskammer Baselland Arbeitgeber Baselland, Unabhängiges Podium für eine liberale Wirtschaft und Gesellschaft, Haus der Wirtschaft, Altmarktstrasse 96, 4410 Liestal Tel. 061 927 64 64, Fax 061 927 65 50 www.kmu.org, standpunkt@kmu.org Verantwortung: Christoph Buser, Direktor Redaktion/Umbruch: Reto Anklin (ra) Produktion: IWF, Postfach 633, 4410 Liestal Abonnement im Mitgliederbeitrag inbegriffen Adressänderungen: Bitte an Wirtschaftskammer Baselland, standpunkt@kmu.org Der Abdruck von Textbeiträgen mit vollständiger Quellenangabe ist erlaubt.

Standpunkt der Wirtschaft