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Standpunkt 503, 5. Juni 2020

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Eine Publikation der Wirtschaftskammer Baselland

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8 | Standpunkt der Wirtschaft VERKEHRSPOLITIK 5. Juni 2020 H2 – Die H2 zeigt vorbildlich, wie mit einer Hochleistungsstrasse eine Hauptstrasse – in diesem Fall die Rheinstrasse – vom Verkehr entlastet werden kann. Weniger vorbildlich sind die 40 Jahre, die es gebraucht hat von den ersten Plänen bis zur Eröffnung. Paradebeispiel für eine Entlastungsstrasse An seiner Sitzung vom vergangenen 28. Mai hat der Landrat über die Aufhebung des «Gesetzes über den unverzüglichen Bau der H2 zwischen Pratteln und Liestal» beraten. Das am 18. Mai 2006 beschlossene Gesetz hat seinen Zweck erfüllt, die H2 ist gebaut und seit dem 13. Dezember 2013 in Betrieb. Die Strasse mit den vielen Namen Die H2, zuerst Talstrasse 2 (T2) dann Jurastrasse 2 (J2) später A22 und seit Beginn des Jahres 2020 offiziell N22, blickt auf eine lange und bewegte Geschichte zurück. Bis das Strassenbauwerk Wirklichkeit wurde, vergingen etliche Jahrzehnte. Der Wunsch nach einer Umfahrungsstrasse Liestal – Pratteln, um dem Stau auf der Rheinstrasse endlich ein Ende zu bereiten, kam bereits Anfang der 1970er-Jahre in der Baselbieter Bevölkerung auf. Doch es waren sage und schreibe vier Volksabstimmungen notwendig, bis die Hochleistungsstrasse endlich gebaut werden konnte. Heute sorgt die H2 für Entlastung auf der Rheinstrasse (siehe Vorher-nachher-Bild unten). Kanton soll Entwicklung begleiten Seit Anfang Jahr ist das Bundesamt für Strassen, kurz ASTRA, für die neue Nationalstrasse N22 zuständig. Die Strasse, die die Baselbieter mit vereinten Kräften und nach langem Kampf endlich realisieren konnten, wird fortan durch den Bund von Bern aus verwaltet. Umso wichtiger ist es, dass sich der Kanton für seine eigenen Interessen stark macht und die Weiterentwicklung eng begleitet. Schliesslich haben alle mitgeholfen, die Entlastungsstrasse zu finanzieren. Die H2 ist ein gutes Beispiel, wie eine intelligent geplante Strasse zu besserem Verkehrsfluss führen kann. Ein guter Verkehrsfluss ist auch dringend nötig. Waren 1970 nur gerade rund 1,6 Millionen Motorfahrzeuge auf den Schweizer Strassen unterwegs, so ist diese Zahl bis 2019 auf 6,6 Millionen Fahrzeuge gestiegen. Um diesem enormen Zuwachs Rechnung zu tragen, muss weiter gut geplant werden, um Stau und Verkehrschaos zu vermeiden und unsere Strassen fit für die Zukunft zu machen. Die Weichen müssen jetzt gestellt werden, ansonsten haben wir, in Zeitrechnung der H2, in den nächsten 40 Jahren noch immer keine realisierten Lösungen. Birgit Kron Im Oktober 2013, kurz vor der Eröffnung der H2, staut sich der Verkehr auf der Rheinstrasse bei der Kreuzung Wölferstrasse. Bild: Archiv Im Februar 2014, kurz nach der Eröffnung der H2, herrscht auf dem gleichen Strassenabschnitt wie auf dem Bild links gähnende Leere. Der Bus hat freie Bahn. Bild: Archiv Die N22 ist ein Beispiel intelligenter Strassenführung und schafft gleichzeitig nutzbare Fläche. Bild: Nina Gyhr

5. Juni 2020 VERKEHRSPOLITIK Standpunkt der Wirtschaft | 9 INITIATIVE – Die Initiative «zum Ausbau des Hochleistungs-Strassennetzes», über die im Kanton Basel-Landschaft am kommenden 27. September abgestimmt wird, will, dass die Mobilität von morgen heute geplant wird. Gefragt sind leistungsfähige Strassen. Für eine zukunftsgerichtete Mobilität Die Initiative «zum Ausbau des Hochleistungs-Strassennetzes» will ein intelligentes Verkehrsnetz. Der Kanton soll dazu eine Planung ausarbeiten und sich beim Bund dafür einsetzen, die Strasseninfrastruktur der Zukunft nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Viele Gemeinden leiden unter überbordendem Ausweichverkehr oder sind nicht gut genug erschlossen. «Ausbau» heisst nicht nur, neue Verkehrsverbindungen zu schaffen. «Ausbau» bedeutet primär eine Steigerung der Effizienz. Die Initiative fordert mehr Zusammenarbeit und eine stärkere Vertretung der Kantonsinteressen gegenüber dem Bund. Gerade jetzt, mit der Übergabe der kantonalen Hochleistungsstrassen an den Bund, ist es besonders wichtig, dies im Gesetz zu verankern. Verkehr soll raus aus den Dörfern Eine Quartierstrasse ist eine Quartierstrasse und eine Schnellstrasse ist eine Schnellstrasse. Die Realität ist leider eine andere. Tagtäglich wird das Dorfzentrum als Ausweichroute benutzt oder es werden Schleichwege durch Wohngebiete gesucht, um den grossen Stau zu umfahren. Schuld sind Kapazitätsengpässe auf den Autobahnen, fehlende Zuund Abfahrten zu den Schnellstrassen sowie notwendige Umfahrungen, die vorausschauend geplant sind und ausserhalb des Dorfkerns vorbeiführen. Es sind diejenigen Teilstücke, die das gesamte Verkehrsnetz entlasten können. Eine intelligente Strassenführung, gut abgestimmter öffentlicher Verkehr und leistungsfähige Schnittstellen bringen mehr Sicherheit und verursachen weniger Stau. Dies ist auch im Hinblick auf die Mobilität von morgen wichtig. Die Mobilität der Zukunft Heute wird die Mobilität von morgen geplant, und diese braucht leistungsfähige Strassen. Um dem steigenden Bedarf nach unterschiedlichen Verkehrsmitteln Rechnung zu tragen, muss das Verkehrsnetz des Kantons Basel-Landschaft weiterentwickelt werden. Elektromobilität wie Bilder wie jenes aus dem staugeplagten Birsfelden sollen bald der Vergangenheit angehören.. auch neue Formen des öffentlichen Verkehrs, werden eine multifunktionelle Infrastruktur benötigen. So könnten zum Beispiel Ladestationen oder die Kombination von E- Bike und E-Auto eingeplant werden. Aber auch hier ist die oberste Priorität, dass der Stau endlich der Vergangenheit angehört. Es braucht heute eine Strategie und ein Verkehrskonzept für die Zukunft. Ein Plan für das Baselbiet Um die gemeinsamen Verkehrsziele der Region zu stärken, verlangt die Initiative eine verbindliche und zielführende Zusammenarbeit zwischen den Nachbarkantonen. Die angrenzenden Kantone müssen für ihre gemeinsamen Interessen miteinander auftreten. Für das Baselbiet ist dies besonders wichtig, da es eine andere Beschaffenheit hat als seine Nachbarn. So sind vor allem die Täler, das Laufental, das Oristal, das Birstal, die Frenkentäler oder das Leimental, noch immer nicht ausreichend miteinander verbunden. Für die wirtschaftliche Weiterentwicklung der Täler sowie für attraktive, staufreie und somit familienfreundliche Ortschaften, braucht es ein zusammenhängendes Verkehrskonzept – damit das Baselbiet nicht abgehängt wird. Was kostet die Initiative? Die Initiative vom 9. März 2017 wurde von einem überparteilichen Komitee begründet. Im Mai 2019 hat der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft der Gesetzesvorlage zugestimmt und festgehalten, dass sie keine direkten Kosten verursacht und dem eigenen Investitionsprogramm der Regierung entspricht. Deshalb empfiehlt der Regierungsrat den Stimmberechtigten, der Initiative uneingeschränkt zuzustimmen. Im April 2020 hat auch der Baselbieter Landrat seine Zustimmung zur Gesetzesinitiative erklärt und empfiehlt den Stimmberechtigten, der vorliegenden Volksinitiative zuzustimmen. Regierungsrat und Landrat empfehlen ein JA zur Mobilität der Zukunft und deshalb ein JA zur formulierten Gesetzesinitiative zum «Ausbau des Hochleistungs- Strassen netzes». Birgit Kron AUF EINEN BLICK Die Ziele der Initiative: – Entlastung für staugeplagte Gemeinden – Zukunftsgerichtete, intelligente Mobilität – Wirtschaftsstandort Baselland fördern – Zusammenarbeit mit dem Umland Bild: zVg – Interessensvertretung in Bern INITIATIVTEXT – Die Gesetzesinitiative «zum Ausbau des Hochleistungsstrassennetzes» will das Verkehrsnetz in der Region verbessern. Die bestehende Infrastruktur soll in Kapazität und Funktionalität so optimiert werden, dass sie zukunftsfähig ist. Das will die Initiative Ziel der Gesetzesinitiative «zum Ausbau des Hochleistungsstrassennetzes» ist die Verbesserung des Verkehrsnetzes in der Region. Dies soll mit folgenden Massnahmen erreicht werden und im Gesetz verankert werden. Das Strassengesetz vom 24. März 1986 (GS 29.252; SGS 430) soll dazu wie folgt abgeändert werden: § 43e Entwicklungsprogramm zum Ausbau des Hochleistungsstrassennetzes (neu) 1 Unter der Federführung des Regierungsrates leiten die kantonalen Behörden unverzüglich alle rechtlich und sachlich notwendigen Schritte ein, um im Kanton das bestehende Hochleistungsstrassennetz gemäss § 5 Absatz 1 Buchstabe a betreffend Kapazität und Funktionalität so zu entwickeln, dass eine möglichst rückstaufreie Aufnahme des Ver- kehrs aus dem mit dem Hochleistungsstrassennetz verbundenen öffentlichen Strassennetz gewährleistet wird und so bestehende Engpässe beseitigt werden können. 2 Zur Erreichung der in Absatz 1 beschriebenen Zielsetzungen sind mit den an das Hochleistungsstrassennetz angrenzenden Kantonen, insbesondere mit dem von den bestehenden Verkehrsengpässen am meisten betroffenen Kanton Basel- Stadt, Verhandlungen über eine Zusammenarbeit aufzunehmen, um gegebenenfalls gemeinsam die im gegenseitigen Interesse liegenden Massnahmen in die Wege zu leiten. 3 Soweit zur Erreichung der in Absatz 1 beschriebenen Zielsetzungen die unter der Hoheit und im Eigentum des Bundes stehenden Nationalstrassen betroffen sind, leiten die kantonalen Behörden – wenn immer möglich zusammen mit ebenfalls betroffenen Nachbarkantonen – alle notwendigen Schritte ein, um beim Bund die Unterstützung des Ausbaus des Hochleistungsstrassennetzes zu erwirken. 4 Der Regierungsrat stellt die zweckdienliche Mitwirkung der Verkehrsund Wirtschaftsverbände durch die Zusammenarbeit mit der gemäss § 43a Absatz 2 eingesetzten Task Force sicher. 5 Der Regierungsrat erstattet während der Zeit der Realisierung der beschriebenen Massnahmen der Öffentlichkeit über die getroffenen Massnahmen und über den Sachstand mindestens halbjährlich Bericht. Kein Ausbau von Autobahnen Wichtig ist, dass die Initiative keinen Ausbau von Autobahnen fordert, wie fälschlicherweise bereits in der Presse angekündigt wurde. Vielmehr soll die bestehende Infrastruktur in Kapazität und Funktionalität so verbessert werden, dass sie zukunftsfähig ist. Stau soll minimiert, die negativen Effekte durch Ausweichverkehr in den Dörfern verhindert und ein störungsfreier Verkehrsfluss für alle Verkehrsträger ermöglicht werden. Dies ist nicht in einem Schritt zu erreichen, aber es bedarf einer heutigen Planung für morgen. Die Ziele der Initiative decken sich dabei mit der Infrastrukturstrategie des Bundes, die langfristig leistungsfähige und gut funktionierende Verkehrsnetze etablieren und die Schweiz in ein neues Zeitalter der Fortbewegung führen soll. Der Bund will damit auch die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft sichern, damit der hohe Standard in unserem Land aufrechterhalten werden kann. Auch der Wirtschaftsstandort Baselland muss durch einen reibungslosen und intelligent geplanten Verkehr stark gemacht werden, gerade nach der Coronakrise ist dies von unmittelbarer Bedeutung. Die vielen Staustunden, welche die Baselbieter Wirtschaft jährlich Millionen von Franken kosten, müssen bekämpft und aktiv angegangen werden. Denn diese Einnahmen fehlen den Betrieben am Ende des Jahres, und im Moment zählt jeder Rappen. Damit es das Baselbiet schafft Es braucht jetzt Aufschwung, es braucht Hochleistung und es braucht jede Einzelne und jeden Einzelnen, damit es das Baselbiet schafft, damit es gestärkt aus der Krise hervorgeht. Nutzen wir die Chance und machen den ersten Schritt in Richtung Mobilität der Zukunft. Birgit Kron

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