22. März 2019 RATGEBER Standpunkt der Wirtschaft | 11 POLIT-KOLUMNE Aufpassen, dass Autobahnen nicht Staubahnen werden Das gegenwärtig 1855 Kilometer messende Natio nalstrassen netz der Schweiz weist zu mehr als 70 Prozent vier Spuren auf. 97 Kilometer sind sechsspurig. Im Limmattal, bei Lausanne und im Aargau sind manche Abschnitte bei Verzweigungen sogar sieben- oder acht spurig. In seiner jüngsten Botschaft ans Parlament zum Stand der Dinge beim Autobahnnetz beschreibt der Bundesrat eine «Langfristperspektive Nationalstrassen» samt Ausbau auf sechsspurige Strecken, um eine markante Steigerung der Strassenkapazität zu erreichen. Die Nationalstrassen sollen innerhalb und zwischen den grossstädtischen Gebieten konsequent mindestens zwei mal drei Spuren aufweisen. Dies betrifft die Autobahnen im Dreieck Zürich-Bern-Basel komplett, aber auch die Ostschweiz (Winterthur-St. Gallen) und die Romandie (Lausanne-Genf). Dazu kommen neue Strecken. Die Autobahnen um Genf, Lausanne oder Basel seien zu einem Ringsystem auszubauen. Zwischen den Grossräumen Bern und Luzern sowie zur Umfahrung der Agglomeration Zürich hält der Bundesrat gänzlich neue Abschnitte für nötig. «STAUSTUNDEN SIND MEHR ALS EIN ÄRGERNIS. SIE SIND ZU EINEM ERHEBLICHEN UNKOSTENFAKTOR FÜR DIE GANZE WIRTSCHAFT GEWORDEN.» Peter Amstutz* Warum dies alles? Aufgrund des Verkehrswachstums hält der Trend zu immer mehr Staus auf den Autobahnen an. 2017 wurden auf den schweizerischen Nationalstrassen 25 853 Staustunden registriert. Im Vergleich zu 2009 kommt dies einer Verdoppelung gleich, wobei in erster Linie die Staus wegen Verkehrsüberlastungen zugenommen haben. Inwieweit die markante Steigerung der Staustunden auf eine reale Zunahme der Staus zurückzuführen ist, kann nicht abschliessend beurteilt werden. Es wird in Bern davon ausgegangen, dass ein beträchtlicher Teil der Staustunden auf eine verbesserte Erfassung des Verkehrsgeschehens zurückzuführen sein dürfte. Staustunden sind mehr als ein Ärgernis. Sie sind zu einem erheblichen Unkostenfaktor für die ganze Wirtschaft geworden. Autobahnen werden zeitweise zu Staubahnen, Personen- und Lastwagen in Staus sollte man statt als Fahrzeuge besser als «Stehzeuge» bezeichnen. Die Prognosen des Bundesamts für Raumentwicklung (ARE) sehen besorgniserregend aus: Ohne Gegenmassnahmen dürften bis zum Jahr 2040 rund 20 Prozent des schweizerischen Nationalstrassennetzes dauernd überlastet sein. Von täglichen Staus und stockendem Verkehr betroffen wären vorab Teilstücke in den Agglomerationen. Auch das Bundesamt für Strassen (ASTRA) findet: «Es ist nötig, Engpässe gezielt zu beheben. Dank dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF), welchem Volk und Stände im Februar 2017 zugestimmt haben, ist die Grundlage dafür geschaffen, damit der Bund ausreichend Geld in die Nationalstrassen investieren kann.» Innerhalb eines Jahrzehnts sollen Projekte im Umfang von 13,474 Milliarden Franken hauptsächlich in den grossstädtischen Räumen sowie auf den verbindenden Hauptachsen verwirklicht werden. Bis 2040 dürften weitere 28,5 Milliarden Franken zu investieren sein. Gemäss dem NAF ist vorgesehen, den für die Nationalstrassen zweckgebundenen Mineralölsteuerzuschlag von derzeit 30 Rappen pro Liter Treibstoff um vier Rappen zu erhöhen, um den steigenden Finanzbedarf zu decken. 2017 flossen allein aus dieser verkehrsleistungsabhängigen Steuer 1,82 Milliarden Franken in diese separate Kasse des Bundes. Die nächste Erhöhung des Zuschlags kann erst erfolgen, wenn der Bestand des NAF unter die kritische Grenze von 500 Millionen Franken fällt. Neuste Berechnungen zeigen, dass dies frühestens 2024 passieren dürfte. 2015 wurden rund 42 Prozent des gesamten Verkehrs und 69 Prozent des Güterverkehrs auf den National strassen abgewickelt, obwohl die Autobahnen nur rund 2,5 Prozent des gesamten Strassennetzes umfassen. Insgesamt wurden 25 947 Millionen Kilometer zurückgelegt, was 67 500-mal der Entfernung Erde–Mond entspricht. Um die Staustunden zu senken und den Verkehr auf den Nationalstrassen flüssig zu halten, setzt das ASTRA nicht nur auf Ausbau, sondern auch auf eine bessere Bewirtschaftung der Strassen. Die Verkehrsmanagement- Zentrale Schweiz erhielt bereits einen besseren direkten Zugriff auf die Daten der kantonalen Verkehrs management systeme. Zudem wurden auf besonders stark belasteten Abschnitten Anlagen für flexible Geschwindigkeitsregelungen installiert. So kann das Tempo in Abhängigkeit vom Verkehrsfluss geregelt werden, bevor Staus entstehen. Wechseltextanzeigen auf den Autobahnen sollen den Verkehr flüssig halten. Andauerndes Linksfahren und zu nahes Auffahren sind weitere Ursachen für Staus. Zusammen mit der Kantonspolizei Aargau hat das ASTRA schliesslich ein Pilotprojekt durchgeführt, um Unfallstellen schneller zu räumen. Aufgrund der guten Erfahrungen soll diese Massnahme schweizweit ausgedehnt werden. Mit andern Worten: Es fehlt nicht am Problembewusstsein in der Bundesverwaltung. Es fehlt hingegen (vorläufig) am politischen Willen, um die richtigen Massnahmen zu bewilligen, damit das volkswirtschaftlich drängende Stauproblem nicht im Desaster endet. *Peter Amstutz, ehemaliger Leiter der Bundeshaus- Redaktion der «Basler Zeitung» Der Autor gibt seine eigene Meinung wieder. Diese muss sich nicht mit jener der Wirtschaftskammer decken. ANZEIGE RATGEBER RECHT – Mit einer Geheimhaltungsvereinbarung können sich Unternehmerinnen und Unternehmer gegen die Veröffentlichung von Geschäftsgeheimnissen schützen. So werden Geschäftsgeheimnisse geschützt Wer mit möglichen Partnern über neue Projekte spricht, bevor ein Vertrag unterschrieben wurde, gibt Einblicke in seine Ideen und Produkte. Um sich vor einem möglichen Ideenklau zu schützen, greifen viele Unternehmen auf die sogenannte Geheimhaltungsvereinbarung zurück. Mit einer Geheimhaltungsvereinbarung, auch Non-Disclosure Agreement (NDA) genannt, schützen sich Unternehmen davor, dass ihre Geheimnisse veröffentlicht werden. So werden beispielsweise bei der Vorbereitung eines Joint-Ventures oder bei beabsichtigten Unternehmensübernahmen oft sensible und streng vertrauliche Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ausgetauscht. Gesetz regelt nicht ausdrücklich In einer Geheimhaltungsvereinbarung können die Parteien regeln, welche Informationen schützenswert sind, an wen die Informationen weitergegeben werden dürfen und welche Konsequenzen eine Verletzung hat. Die Geheimhaltungsvereinbarung lässt sich individuell ausgestalten und auf die Bedürfnisse der Parteien anpassen. Die Geheimhaltungsvereinbarung ist in der Schweiz im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Man spricht deshalb von einem sogenannten Innominatkontrakt. Dabei verpflichtet sich die eine Seite in der Regel zur Weitergabe der Informationen, die andere Partei hingegen unterwirft sich einer Geheimhaltungsverpflichtung. «DIE GEHEIMHALTUNGS- VEREINBARUNG LÄSST SICH INDIVIDUELL AUSGESTALTEN UND AUF DIE BEDÜRFNISSE DER PARTEIEN ANPASSEN.» Bei einer klassischen Geheimhaltungsvereinbarung handelt es sich nicht um einen Vorvertrag, da er die Parteien nicht verpflichtet, einen Vertrag (über eine künftige Zusammenarbeit oder Ähnliches) abzuschliessen. Die Geheimhaltungsvereinbarung ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. Trotzdem empfiehlt es sich, den Vertrag – aus Gründen der Beweisbarkeit – schriftlich zu verfassen. Der schriftliche Vertrag hat den Vorteil, dass für beide Seiten Klarheit besteht, welche Informationen dem Geheimhaltungswillen der Parteien entsprechen, und welche Rechtsfolgen bei einer Verletzung eintreten. Konventionalstrafe als Schutz Verstösst eine Partei gegen die Geheimhaltungspflicht, lässt sich die Verletzung nicht rückgängig machen. Um eine Geheimhaltungsverletzung zu verhindern und die offenbarende Partei zumindest finanziell zu schützen, sehen Geheimhaltungsvereinbarungen oft Kon ventionalstrafen vor. Eine Konventionalstrafe verpflichtet eine Partei, im Falle der Verletzung der Geheimhaltung, einen fixen Betrag an die andere Partei zu zahlen. Bei einer Konventionalstrafe handelt es sich gewissermassen um eine Vertragsbusse. Über den Betrag der Konventionalstrafe können sich die Parteien frei einigen. Zu beachten ist immerhin, dass der Richter übermässige Konventionalstrafen herabsetzen kann. Die Geheimhaltungsvereinbarung ist ein sinnvolles Instrument, um den unternehmerischen Erfolg zu sichern und bei der Prüfung von ge- LEGAL-TEAM Markus Prazeller ist Rechts anwalt und Partner in der Kanzlei Wagner Prazeller Hug. Er ist Mitglied des Legal-Teams der Wirtschafts kammer Baselland. Das Legal-Team steht den Mitgliedern der Wirtschaftskammer für Auskünfte zur Verfügung. Es ist erreichbar unter der Telefonnummer 061 927 66 70 oder via E-Mail an dessen Leiterin, Fürsprecherin Barbara Gfeller: b.gfeller@kmu.org. meinsamen Projekten in Bezug auf die Geschäftsgeheimnisse Rechtssicherheit zu schaffen. IMPRESSUM Herausgeber ⁄ Verlag: Schweizerischer Gewerbeverband sgv, Schwarztorstrasse 26, Postfach 8166, 3001 Bern, Tel. 031 380 14 14, verlag@sgv-usam.ch Redaktion sgz: Schwarztorstrasse 26, 3007 Bern Tel. 031 380 14 14, redaktion@sgv-usam.ch Regionalbund «Standpunkt» Herausgeber: Wirtschaftskammer Baselland Arbeitgeber Baselland, Unabhängiges Podium für eine liberale Wirtschaft und Gesellschaft, Haus der Wirtschaft, Altmarktstrasse 96, 4410 Liestal Tel. 061 927 64 64, Fax 061 927 65 50 www.kmu.org, standpunkt@kmu.org Verantwortung: Christoph Buser, Direktor Redaktion/Umbruch: Reto Anklin (ra) Produktion: IWF, Postfach 633, 4410 Liestal Abonnement im Mitgliederbeitrag inbegriffen Adressänderungen: Bitte an Wirtschaftskammer Baselland, standpunkt@kmu.org Der Abdruck von Textbeiträgen mit vollständiger Quellenangabe ist erlaubt.
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