2 | Standpunkt der Wirtschaft LANDRATSWAHLEN 8. März 2019 HAUPTREFERENT – FDP-Nationalrat und KMU-Unternehmer Peter Schilliger forderte am Polit-Apéro der Wirtschaftskammer die rund 100 anwesenden Landrats-Kandidierenden auf, sich politisch ohne Wenn und Aber für die Anliegen der KMU einzusetzen. «Die Politik ist absolut entscheidend» Eine verlässliche Politik sowie sinnvolle und stabile Rahmenbedingungen für die KMU-Wirtschaft. Dies forderte FDP-Nationalrat und KMU- Unternehmer Peter Schilliger am Polit-Apéro der Wirtschaftskammer Baselland und der Konferenz der Gewerbe- und Industrievereine (KGIV) vom 28. Februar 2019. «Die Politik ist absolut entscheidend», sagte Schilliger vor den mehr als 100 Gästen. Zur Sicherung von sinnvollen Rahmenbedingungen sei es wichtig, dass sich möglichst viele KMU-Exponenten aktiv in die Politik einbringen – auch wenn dies nicht immer einfach sei. Wichtig: Zeitmanagement «Rund ein Drittel meiner Zeitressourcen werden für die Politik beansprucht», sagte der Nationalrat und Inhaber einer Haustechnikfirma. Alleine für die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats wende er jährlich zwischen 850 und 900 Arbeitsstunden auf. Dies habe zur Folge, dass er im Geschäft nur limitiert über Zeit für das Tagesgeschäft verfüge. «Dies bedingt wiederum, dass ich meine Herausforderungen – sowohl in der Politik als auch im Unternehmen – möglichst pragmatisch angehe», so Schilliger. Mit gesundem Menschenverstand und einer pragmatischen und effizienten Arbeitsweise, könne er jedoch beiden Engagements gerecht werden. Zu wenige KMU-Politiker in Bern Die hohe Arbeitslast sowie die organisatorischen Herausforderungen hätten zur Folge, dass sich nur rund 15 Milizpolitiker in Bern für eine gute KMU-Politik einsetzen. Dies sei Pragmatisch und effizient: KMU-Unternehmer und FDP-Nationalrat Peter Schilliger hält am Polit-Apéro das Inputreferat. zu wenig. Einerseits müssten wieder mehr Unternehmer ein politisches Mandat anstreben, andererseits seien die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger gefordert, diese KMUfreundlichen Kandidatinnen und Kandidaten auch zu wählen, sagte Schilliger. Wie wichtig eine KMU-freundliche Politik ist, zeige sich im Politbetrieb dauernd. So habe etwa eine im Parlament beschlossene finanzielle Unterstützung der Berufsbildung nur dank des Engagements der KMU- Vertreter realisiert werden können. Duales Bildungssystem stärken Gerade diese Stärkung der Berufsbildung sei essenziell. «Die KMU sind auf gut ausgebildete Mitarbeitende angewiesen», so Schilliger. Damit dieser Nachwuchs an Arbeits- kräften gewährleistet sei, müsse die Berufsausbildung gestärkt werden. Insbesondere die Sicherstellung der Durchlässigkeit des Bildungssystems sei zentral. Auch die Finanzierung sei kein Selbstläufer. So werde der ganz grosse Teil des Geldes für die Bildung von den Universitäten beansprucht. «Darauf müssen wir KMU- Politiker den Finger legen.» Auch das Bild: dan Image der Berufsbildung sei weiter zu stärken. Die Meinung, dass Akademiker alles besser können, sei zu revidieren. Dafür müssten auch die Erziehungsberechtigten sensibilisiert werden: «Wenn junge Leute selber entscheiden könnten, würden sie oftmals genauso gerne eine Berufslehre absolvieren, wie ans Gymnasium gehen», gab Schilliger zu bedenken. Simon Dalhäuser INTERVIEW – Nationalrat Peter Schilliger erklärt im Interview, wie ihm seine Erfahrung als Unternehmer bei der Arbeit als Parlamentarier zugutekommt. KMUler sollten sehen, dass in der Politik mit einem pragmatischen Ansatz durchaus etwas erreicht werden kann. «Auch mit einem überschaubaren Aufwand ist bereits vieles möglich» Standpunkt: Herr Schilliger, inwiefern kommt Ihnen Ihre KMU-Expertise in der Politik zugute? Peter Schilliger: Einerseits kann ich als Unternehmer pragmatisch abschätzen, was realpolitisch umsetzbar und machbar ist und was nicht. Als Unternehmer mit Verantwortung, sowohl finanziell als auch auch gegenüber den Mitarbeitenden, habe ich einen anderen Blickwinkel auf die Politik als ein Theoretiker. Dies gilt generell sowie auch bei konkreten politischen Fragestellungen. Unternehmer können die Konsequenzen politischer Entscheidungen hinsichtlich Bürokratie, Kosten und vieles mehr realistisch einschätzen. Peter Schilliger, FDP-Nationalrat des Kantons Luzern. Im Nationalrat sind die Bürgerlichen in der Mehrheit. Wie wichtig ist dies im Sinne einer KMU-freundlichen Politik? Das ist schon sehr wichtig. Jedoch ist es trotz bürgerlicher Mehrheit nicht immer einfach, pragmatisch zu politisieren – dies bis zu einem gewissen Grad auch, weil die Bundespolitik medial sehr exponiert ist. Es kommt vor, dass wir gewisse Geschäfte, bei denen grundsätzlich eine Mehrheit bestehen würde, nicht umsetzen können. Ein Parade beispiel ist das CO 2 -Gesetz, das leider im Nationalrat gescheitert ist. In der parlamentarischen Debatte haben wir eine sehr markttaugliche Umsetzung von Mass nahmen beschlossen, die die Zielerreichung des Klimaabkommens von Paris ermöglicht hätten. Auch wegen des öffentlichen Interesses betreiben gewisse Parlamentarier jedoch lieber Symbolpolitik als unspektakuläre Realpolitik. Nicht zuletzt darum ist das Gesetz in der Gesamtabstimmung gescheitert. Welche Erfolge wurden in jüngerer Vergangenheit dank einer KMUfreundlichen Politik erreicht? Dazu gehört sicher die beschlossene finanzielle Unterstützung der Berufsbildung sowie von Fachprüfungen. Diese Unterstützung konnte nur dank der intensiven Lobbyarbeit von KMU-Vertretern erreicht werden. Aktuell bereitet uns insbesondere die Ausbreitung von staatlichen oder Bild: zVg teilstaatlichen Unternehmen Sorge, die mit Steuergeldern die Privatwirtschaft konkurrenzieren. Gegen diese zunehmend ungleich langen Spiesse im Wettbewerb müssen wir uns als KMU-Politiker zur Wehr setzen. Das Vorgehen dieser Unternehmen muss transparent gemacht werden. Welche Lösung haben Sie? Grundsätzlich darf nicht sein, dass staatliche Unternehmen versuchen, neue Geschäftsfelder zu erschliessen und bei einem Misserfolg der Staat – sprich der Steuerzahler – dafür haftet. Wenn das Unterfangen hingegen von Erfolg gekrönt ist, wird dies als unternehmerischer Erfolg verkauft. Was fordern Sie? Es gilt transparent zu machen, welchen Zweck eine Firma hat: ob sie einen konkreten Leistungsauftrag erfüllen soll, oder ob sie marktwirtschaftlichen Erfolg haben soll. «ICH BELEGE IM KMU-RATING DES SGV DEN ZWEITEN PLATZ, DIREKT HINTER SGV-DIREKTOR HANS-ULRICH BIGLER.» Eine Vermischung muss vermieden werden. Dies ist auch der allgemeine Konsens. Jedoch haben private Unternehmen nur sehr limitierte Möglichkeiten, sich gegen entsprechende Vermischungen zur Wehr zu setzen. Hier braucht es eine Beschwerdestelle, bei der die privaten Unternehmen klagen können. Meine Idee ist, dass diese Funktion die Wettbewerbskommission, WEKO, übernehmen könnte. Es entsteht der Eindruck, dass die Politik zunehmend komplexer wird. Wie beurteilen Sie das? Und wie können Sie sich als KMUler konkret in die Politik einbringen? Dieses Problem gibt es schon lange. Wichtig ist, dass wir den KMUlern Mut machen und aufzeigen, dass mit einem pragmatischen Ansatz in der Politik durchaus etwas erreicht werden kann, und auch mit einem überschaubaren Aufwand bereits vieles möglich ist. Man darf als Politiker nicht den Anspruch haben, sämtliche Details aller Geschäfte zu kennen. Dafür gibt es die Kommissionen mit den jeweiligen Experten innerhalb der Fraktion. Es ist wichtig, sich auf die Geschäfte zu fokussieren, wo man tatsächlich die Verantwortung hat. Dort muss man dann auch die nötige Expertise haben und sich einbringen. Ist die FDP eine Partei der KMU-Unternehmer? Ja, ganz klar. Dies belegt auch das Rating des Schweizerischen Gewerbeverbands, wo die FDP sehr gut abschneidet. Ich belege den zweiten Platz in diesem Rating direkt hinter sgv-Direktor Hans-Ulrich Bigler. Was ist eine der wesentlichen Herausforderungen einer KMUfreundlichen Politik? KMU sind auf gut ausgebildete Leute angewiesen. Betreffend Berufsausbildung muss deshalb noch viel mehr getan werden. Für uns heisst dies, dass wir aufzeigen, wie attraktiv eine Lehre und wie attraktiv unsere Berufe sind. Dies können wir nicht genug aktiv gegen aussen kommunizieren. Leider passiert das noch zu wenig. Interview: Simon Dalhäuser
8. März 2019 LANDRATSWAHLEN Standpunkt der Wirtschaft | 3 PODIUM – Zur Frage «Was ist KMU-freundliche Politik?» kreuzten die Fraktionspräsidenten der bürgerlichen Parteien die Klingen. Bei allen Unterschieden hatten sie am Polit-Apéro spezial einen Konsens: Es braucht mehr Unternehmerpersönlichkeiten im Parlament. «Eine Kurskorrektur ist notwendig» Moderator Beat Huesler (l.) nimmt die Fraktionspräsidenten der Bürgerlichen im Landrat in die Zange: Felix Keller (CVP/BDP), Rolf Richterich (FDP) und Dominik Straumann (SVP). Bilder: dan Inspirierend war am Polit-Apéro spezial vom 28. April im Haus der Wirtschaft nicht nur das Impulsreferat von Peter Schilliger unter dem Titel «Was ist KMU-freundliche Politik?» (siehe gegenüberliegende Seite). Heiss debattiert wurde das Thema auch an der anschliessenden Podiumsdiskussion: «KMU sind auf sinnvolle Rahmenbedingungen angewiesen», sagte FDP-Fraktionspräsident Rolf Richterich. An der Diskussion unter der Leitung von Beat Huesler, Präsident der Konferenz der Gewerbe- und Industrie vereine (KGIV), beteiligten sich nebst Richterich auch Dominik Straumann, Fraktionspräsident SVP Baselland, sowie Felix Keller, Fraktionspräsident CVP/BDP Baselland. Laut Keller braucht es in der Politik mehr Leute, die wissen, was es bedeutet, Geld zu verdienen. «Jetzt liegt es an den Wählerinnen und Wählern, entsprechende Leute in den Landrat zu wählen», mahnte der Fraktionspräsident CVP/BDP mit Blick auf die bevorstehenden Landratswahlen. «Wenn es unseren KMU gut geht, geht es uns allen gut», sagte Keller. Gesunder Menschenverstand Auch Straumann wünscht sich mehr Landräte mit KMU-Hintergrund. Diese zeichneten sich insbesondere auch in der Kommissionsarbeit durch einen pragmatischen Ansatz und praktische Expertise aus: «Der Politik ist etwas die Einfachheit verloren gegangen. Hier ist eine Kurskorrektur notwendig», so der SVP- Fraktionspräsident. «Wir brauchen wieder mehr gesunden Menschenverstand in der Politik.» Wie Schilliger motivierte auch Richterich die KMU-Vertreter dazu, aktiv zu politisieren. «Wenn wir es nicht machen, machen es die Leute, die über mehr Zeit verfügen», sagte der FDP-Fraktionspräsident. Ob dies wünschenswert sei, müsse zumindest hinterfragt werden. Richterich nahm diesbezüglich auch die bürgerlichen Kolleginnen und Kollegen in die Pflicht und konnte sich einen Seitenhieb in Richtung CVP nicht verkneifen: «Früher waren auch in der CVP noch mehrere Unternehmer vertreten.» Sukkurs erhielt Richterich von SVP- Kollege Straumann: «Die CVP hat in den vergangenen vier Jahren relativ oft nicht arbeitgeberfreundlich gestimmt.» Der angesprochene Felix Keller nahm die Seitenhiebe sportlich und verwies auf die Rolle der CVP, auch «Mehrheitsbeschafferin» zu sein. Es gebe nun einmal unterschiedliche Strömungen in der Partei, dies sei ihre Stärke. Berufsbildung ist das A und O Mit Blick auf die Zukunft motivierte im Schlusswort Christoph Buser, FDP-Landrat und Direktor der Wirtschaftskammer Baselland, die anwesenden Exponentinnen und Exponenten aus der Politik, aktiv dem dualen Bildungssystem Sorge zu tragen. Aktuell sei die Bildungspolitik zu stark von den Universitäten und der ETH geprägt. «KMU-Politik bedeutet insbesondere auch, sich für die Berufsbildung einzusetzen», so Buser. Eine Umfrage unter den Gästen während des Apéro riches bestätigte die Einschätzung des Wirtschaftskammerdirektors. Der Grossteil der Befragten bezeichnete ebenfalls die Berufsbildung als eine wichtige Säule einer KMU-freundlichen Politik und als entscheidend für das künftige wirtschaftliche Vorankommen des Kantons Basel-Landschaft. Am 31. März 2019 wählt die Baselbieter Stimmbevölkerung den neuen Landrat. Das neu gewählte kantonale Parlament wird anschliessend vier Jahre lang die Rahmenbedingungen für die Baselbieter KMU aktiv mitgestalten. Die Wahl von KMUfreundlichen Landrätinnen und Landräten ist daher für den nachhaltigen Erfolg des Gewerbes mitentscheidend. Motivation und Freude Den mehr als 100 Gästen – darunter etliche bisherige Landratsmitglieder und viele neu antretende Kandidierende – gab der nicht mehr zur Wahl stehende Richterich noch einen Tipp mit auf den Weg: «Motivation und Freude sind zentrale Voraussetzungen für Sie als Landrat.» dan, sd «Der Politik ist etwas die Einfachheit verloren gegangen»: Dominik Straumann plädierte für «mehr gesunden Menschenverstand» – auch und gerade im Baselbieter Landrat. Die berufliche Bildung geniesst in der Baselbieter Politik nicht den Stellenwert, der ihr eigentlich zukommt, stellte Wirtschaftskammerdirektor Christoph Buser fest (l.).
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