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Standpunkt 474, 23.11.2018

Standpunkt der Wirtschaft – Offizielles Informationsorgan der Wirtschaftskammer Baselland

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2 | Standpunkt der Wirtschaft VERKEHRSPOLITIK 23. November 2018 Christof Hiltmann, Landrat. «Schon vor 30 Jahren nötig» «Die vorgeschlagenen Ausbauten wären schon vor 30 Jahren nötig gewesen. Heute sind die regionalen Strassenengpässe noch dramatischer. Es braucht zusätzliche Infrastruktur, wollen wir in 30 Jahren nicht ähnlichen Vorwürfen ausgesetzt sein.» HOCHLEISTUNGSSTRASSEN – ASTRA-Direktor Jürg Röthlisberger ist überzeugt, dass die Pläne seines Amtes einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Mobilität in der Region Basel leisten. «Planung ist immer eher zu spät» Christian Greif, Geschäftsführer Automobil Club der Schweiz, Sektion beider Basel. «Wegweisender Entscheid» «Das ist ein wegweisender Entscheid für die Zukunft unserer Region. Da es noch mehrere Jahrzehnte dauern wird, bis diese Pläne Wirklichkeit werden, ist es unabdingbar, die vorhandene Infrastruktur optimal zu nutzen und auf jegliche kapazitätsmindernden Massnahmen im gesamten Strassennetz zu verzichten.» Es gehe um eine gemeinsame Projektierung Bund-Kantone-Gemeinden, sagt Jürg Röthlisberger, Direktor des Bundesamts für Strassen (ASTRA). Bild: zVg «Westring hat viel Potenzial» «Allschwil braucht dringend einen direkten Anschluss an das Autobahnnetz. Ein Autobahn-Westring hat da viel Potenzial, um zusätzlich auch die Quartiere in Basel-West und das Kannenfeld erheblich vom Durchgangsverkehr zu entlasten.» «Es ist höchste Zeit» Christine Frey, Landrätin. «Den Bagger auffahren» «Der Westring ist ein wichtiger Schritt aus der Planungs-Winterstarre. Wichtig ist aber, dass weitere Schritte folgen, um unsere Region staufrei zu erschliessen. Am liebsten würde ich schon morgen den Bagger auffahren und den Weg zu einer neuen Verkehrs-Ära freischaufeln.» Felix Keller, Landrat, Fraktionspräsident CVP/BDP. Eric Jecker, Präsident ASTAG, Sektion Nordwestschweiz. «Ich begrüsse die Hochleistungsstrasse mit dem geplanten Westring. Es ist höchste Zeit, unser Strassennetz der aktuellen und zukünftigen Verkehrssituation anzupassen. Hingegen müssen zur Überbrückung der langen Umsetzungsphase dringend kurzfristig machbare Massnahmen realisiert werden.» Am vergangenen 13. November haben Jürg Röthlisberger, Direktor des Bundesamts für Strassen (ASTRA), die Baselbieter Baudirektorin Sabine Pegoraro und ihr Amtskollege aus Basel-Stadt, Hans-Peter Wessels, in Muttenz die «Langfristperspektive Hochleistungsstrassen» für die Region Basel präsentiert. Im Interview mit dem Standpunkt erläutert Jürg Röthlisberger die Überlegungen des Bundes. Standpunkt: Herr Röthlisberger, in der Nordwestschweizer Verkehrsentwicklung geht der Bund, wie die Veranstaltung vom 13. November gezeigt hat, in den Lead – welches sind die Über legungen des ASTRA diesbezüglich? «ES NÜTZT NICHTS, WENN WIR EINEN NEUEN WESTRING REALISIEREN UND DANN DER VERKEHR AUF DEN ZUBRINGERSTRASSEN NUR SCHLECHT ZU- ODER ABFLIESSEN KANN.» Jürg Röthlisberger: Der Bund, respektive das Bundesamt für Strassen, ASTRA, ist verantwortlich für ein funktionierendes, verträgliches und sicheres Nationalstrassennetz. Dieses umfasst zwar «nur» 2,5 Prozent aller Strassen in der Schweiz, bewältigt aber 43 Prozent des gesamten Personen verkehrs und 67 Prozent des schweren Strassen güterverkehrs. Die National strassen können diesen Verkehr aber nur bewältigen, wenn das Zusammenspiel mit den untergeordneten Strassennetzen – den Kantonsund Gemeindestrassen – funktioniert. Deshalb ist es wichtig, dass man Verkehrsfragen auch regional betrachtet und gemeinsam Lösungen über die Netzhierarchien hinweg anbietet. Sind wir nicht bereits etwas spät dran? Die Verkehrsplanung ist erfahrungsgemäss immer eher zu spät dran. Bevölkerung und Verkehr wachsen schneller, als die Ausbaumassnahmen realisiert werden können. Zudem haben wir in der Entwicklung der nationalen Strasseninfrastruktur einen gewissen Rückstand aufzuholen, da sie aus heutiger Sicht während Jahrzehnten eher zu vorsichtig weiterentwickelt wurde. Das war aber politisch und gesellschaftlich mehrheitsfähig und somit so gewollt. Mit dem neu geschaffenen Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds NAF haben wir die Finanzierung nun so geregelt, dass wir diesen Rückstand etwas aufholen können. Aber das braucht Zeit und personelle Ressourcen, um die Projekte vorantreiben und schliesslich realisieren zu können. Was sind die Vorteile, wenn der Bund klar den Lead übernimmt? Der Bund hat gemäss Verfassung und Gesetz unter anderem den Lead für den Ausbau der bestehenden National strassen – zum Beispiel für den Rheintunnel und den Ausbau Hagnau/Augst – und er übernimmt folgerichtig auch den Lead für den Westring, der als Autobahn realisiert werden soll. Die beiden Kantone zusammen sind im Lead für den Ausbau ihrer Zubringerstrassen. Es nützt nämlich nichts, wenn wir die Autobahnen ausbauen, respektive einen neuen Westring realisieren, und dann der Verkehr auf den Zubringerstrassen nur schlecht zu- beziehungsweise abfliessen kann. Bei allem, was wir tun, geht es letztlich um eine gemeinsame Projektierung Bund-Kantone-Gemeinden. Wie konnten Sie die beiden Basler Kantone überzeugen, mit Ihnen gemeinsam aufzutreten? Sinnvolle Lösungen in Verkehrsfragen können nur entwickelt werden, wenn sie regional über alle Staatsebenen abgestimmt und koordiniert sind. Das Zusammenspiel der verschiedenen Strassennetze muss funktionieren. Die beiden Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt haben dies früh erkannt. Ich danke den beiden Regierungen und ihren Tiefbauämtern für die von Vertrauen und Respekt geprägte Zusammenarbeit. Konkret: Welches sind die wichtigsten Punkte? Am meisten Aufmerksamkeit hat sicher die Idee des Westrings erhalten. Das ist jedoch ein Projekt, das erst längerfristig nach 2040 realisiert werden kann. Mittelfristig werden wir die A2 zwischen Hagnau und Augst auf acht Fahrstreifen ausbauen. Wir rechnen mit einer Realisierung in der Mitte der 2030er- Jahre. Etwas früher sollten wir den Rheintunnel realisieren können, mit dem wir den Engpass in Basel beseitigen werden. Daneben wird der Kanton Basel-Landschaft – in enger Abstimmung mit Basel-Stadt und dem Bund – den Zubringer Bachgraben-Allschwil vorantreiben. Ist dies für die zweitwichtigste Wirtschaftsregion der Schweiz ausreichend? Wir gehen davon aus, dass der motorisierte Individualverkehr bis 2040 um mehr als 18 Prozent zunehmen wird. Auch der öffentliche Verkehr wird weiter wachsen, und zwar um 51 Prozent, und der Langsamverkehr um 32 Prozent. «MITTELFRISTIG WERDEN WIR DIE A2 ZWISCHEN AUGST UND HAGNAU AUSBAUEN. ETWAS FRÜHER SOLLTEN WIR DEN RHEINTUNNEL REALISIEREN KÖNNEN.» Um dieses Wachstum zu bewältigen, muss die bestehende Verkehrsinfrastruktur effizienter genutzt werden. Hier steht beispielsweise die Nutzung des Pannenstreifens als zusätzlicher Fahrstreifen in Spitzenzeiten im Vordergrund sowie verschiedene Verkehrsmanagement-Massnahmen. Es braucht daneben aber auch einen Ausbau der Infrastruktur. Das ist unumgänglich, das sehen auch der Bundesrat und die Kantone so. Entsprechend sind die Ausbauprojekte im Strategischen Entwicklungsprogramm Strasse, STEP, aufgeführt. Wir sind überzeugt, mit den vorgeschlagenen Massnahmen einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Mobilität in der Region Basel zu leisten. Was sind die nächsten Schritte? Wir sind daran, die generellen Projekte für den Rheintunnel und den Acht-Streifen-Ausbau Hagnau-Augst zu erarbeiten. Diese sollten bis 2020 vorliegen. Nach deren Genehmigung durch den Bundesrat werden wir die Ausführungsprojekte fertigstellen und dann auflegen. Je nachdem, wie viele Einsprachen eintreffen, wird der weitere Verlauf der Verfahren sein. Wir rechnen mit einem Baubeginn für beide Projekte um 2029. Beim Westring stehen wir noch ganz am Anfang der Arbeiten. Hier geht es nun zunächst darum, zusammen mit den beiden Kantonen die Machbarkeit, die Zweckmässigkeit und die Kostenwirksamkeit abzuklären. Daneben sind wir mit dem STEP Strasse in den vorberatenden Kommissionen des Parlaments und legen ihnen die geplanten Ausbauschritte dar. Letztlich entscheidet das Schweizer Parlament über Sein oder Nichtsein der erwähnten Bauvor haben. Ist die Finanzierung seitens Bund sichergestellt – und wenn ja, wie? Seit Anfang Jahr ist der Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds, der NAF, in Kraft. Damit ist die Finanzierung der Nationalstrassen und von Projekten für den Agglomerationsverkehr mittelfristig gesichert. Mit allen nur schwer vorhersehbaren Ungewissheiten bezüglich der Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben des NAF gehen wir heute davon aus, dass die Finanzierung sichergestellt ist. An Ihrer Präsentation zeigten Sie, dass 16 Prozent des Personenverkehrs auf der Schiene und 84 Prozent auf der Strasse ab ­ ge wickelt wird. In der öffentlichen Diskussion gewinnt man aber den Eindruck, die Schiene spiele eine deutlich wichtigere Rolle. Woran liegt das? Es geht nicht darum, einen Verkehrsträger gegen den anderen auszuspielen. Jeder Verkehrsträger sollte dort eingesetzt werden, wo er seine

23. November 2018 VERKEHRSPOLITIK Standpunkt der Wirtschaft | 3 Roman Mayer, Präsident des Verwaltungsrats Swissterminal AG. «Ein langfristiges Projekt» «Der Achtspurausbau der A2 geht in die richtige Richtung. Dies ist aber ein langfristiges Projekt. Schön wäre es, wenn nun auch kurzfristige Massnahmen – wie etwa eine Pannenstreifenumnutzung – umgesetzt würden. Das wäre für die Logistikbranche sehr wichtig.» Überblick der Autobahnausbauten mit Rheintunnel (1), Ausbau Hagnau-Augst (2), Zubringer Bachgraben-Nordtangente (3) und Lösungsraum (gelb) für die Streckenführung des Westrings (4). Grafik: zVg Stärken am besten ausspielen kann. Bei diesen Diskussionen sollte man bedenken, dass heute auch 3 Prozent des gesamten Personenverkehrs als öffentlicher Verkehr auf der Strasse stattfindet, Tendenz steigend. Ein Ausbau der Strassenverkehrsinfrastruktur nützt also auch dem öV. Zudem hat das Schweizer Volk erst kürzlich der Förderung des Veloverkehrs zugestimmt. Auch dieser findet auf der Strasse statt. Man muss sich immer wieder die Rolle der Schweizer Autobahnen in Erinnerung rufen: Diese sind in aller erster Linie das Drainagesystem der Städte und Agglomerationen. Wir haben auf den Autobahnen in städtischen Gebieten maximal 20 Prozent Durchgangsverkehr; 80 Prozent sind Ziel-/Quellund Binnenverkehr. Verstopfen die Autobahnen, so migriert der Individualverkehr sehr rasch und unkontrolliert auf das untergeord nete Strassennetz. Das kann weder ökonomisch noch ökologisch noch vom Sicherheitsgedanken her sinnvoll sein. Was bedeutet dieses Verhältnis der Verkehrsverteilung für die Verkehrsplanung? Die Grenzen zwischen öffentlichem und individuellem Verkehr werden zunehmend durchlässiger. Ist ein selbstfahrender Bus, der mich zu Hause abholt und ins Büro fährt, noch ÖV? Eventuell wird es sinnvoll sein, Zonen für automatisierte Fahrzeuge auszuscheiden, zum Beispiel in Innenstädten. Ein grosses Potenzial liegt beim Langsamverkehr für kurze und mittlere Strecken. Dem sollten die Verkehrsplaner Rechnung tragen. Daneben sollten sie auch beachten, dass in den Agglomerationen viel Verkehr «hausgemacht» ist, also Ziel-/Quell- und Binnenverkehr ist. In der Agglomeration Basel sind dies rund 80 Prozent des Verkehrs. Wie sieht die Mobilität der Zukunft aus? Automatisierte Fahrzeuge werden heute vielerorts als Lösung der Verkehrsproblematik angesehen. Es sind jedoch noch viele Fragen offen. Ein paar Beispiele: Wird es mehr Verkehr geben? Wenn ein automatisiertes Fahrzeug mich ins Büro gefahren hat, wird es dann alleine nach Hause zurückkehren, um die Kinder abzuholen und in die Schule zu bringen? Fährt es dann wieder leer zurück, um die Grossmutter abzuholen, die einen Arzttermin hat? Solche Leerfahrten führen zu zusätzlichem Verkehr. Daneben müssen wir beachten, dass die Emotionen gerade im Strassenverkehr eine grosse Rolle spielen. Auf einem Motorrad oder in einem Cabrio an einem schönen Tag über eine Passstrasse zu fahren, wird auch in Zukunft gefragt sein. Und der Zweiradverkehr ist auch in Zukunft per se nur sehr bedingt «intelligent» bzw. vernetzt zu haben. Werden aus Ihrer Sicht vor diesem Hintergrund die finanziellen Mittel zielführend investiert? Ich sage mit voller Überzeugung: Ja. Das eine tun – effizienter nutzen, was wir schon haben – und das andere nicht lassen – erstellen zusätzlicher Strassenfläche – ist die passende Lösung. Wir versuchen, kommende – auch technologische – Entwicklungen zu antizipieren und in den Projekten zu berücksichtigen. Als eines der ersten Länder überhaupt passen wir zurzeit die Strassen ver kehrsgesetzgebung an, damit wir die positiven Potenziale der neuen technologischen Möglichkeiten erschliessen können. Mitte nächsten Jahres gehen wir damit in die öffentliche Vernehmlassung, und wenn das Parlament uns schliesslich grünes Licht geben wird, so werden Sie in absehbarer Zeit unter bestimmten Bedingungen das Steuerrad auf den Autobahnen nicht nur loslassen können, sondern auch dürfen. «JEDER VERKEHRSTRÄ- GER SOLLTE DORT EINGESETZT WERDEN, WO ER SEINE STÄRKEN AM BESTEN AUSSPIELEN KANN.» Was erwarten Sie von Basel- Landschaft und Basel-Stadt bezüglich Unterstützung Ihrer neu vorgestellten Strassenprojekte? Wichtig ist, dass wir gemeinsam in die gleiche Richtung ziehen. Der Grundstein für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist gelegt. Geht die Nordwestschweiz in Bundes bern nicht etwas vergessen? Ist das Lobbying zu wenig stark? Alle Kantone und Regionen deponieren ihre Anliegen in Bern und hoffen, dass in ihrem Sinn entschieden wird. Betreffend die Nordwestschweiz empfinde ich objektiv betrachtet kein Manko. Die Schweiz ist auf eine prosperierende Nordwestschweiz angewiesen und umgekehrt. Entscheidend ist, dass die Staatsebenen gut vernetzt sind und eng zusammenarbeiten. Im Falle der Nordwestschweiz ist das ganz klar der Fall. Welche Hausaufgaben müssen die Kantone in Bezug auf das untergeordnete Strassennetz machen? Das Nationalstrassennetz ist wie ein Wasserleitungssystem. Die Autobahnen sind die Hauptleitungen, die Kantons- und Gemeindestrassen sind die Verteilleitungen bis zum Hausanschluss. «DIE SCHWEIZER AUTOBAHNEN SIND IN ALLER ERSTER LINIE DAS DRAINAGESYSTEM DER STÄDTE UND AGGLOMERATIONEN.» Es nützt nichts, wenn wir mit der Beseitigung der Engpässe Kapazitäten auf den Nationalstrassen schaffen, gleichzeitig jedoch die Kantone und Gemeinden ihre Strassen verengen und verlangsamen. So kann der Verkehr nicht abfliessen und wir haben wieder Stau in den ausgebauten, stark belasteten Autobahnabschnitten. Dieses Zusammenspiel muss besser werden. Ich kann nur darum bitten, dass die Städte und Agglomerationen den Individualverkehr nicht politisch steuern, sondern sachlich. Wir stehen im Baselbiet vor Neuwahlen. Wie wichtig ist die personelle bzw. parteipolitische Besetzung der verantwortlichen Gremien? Die Bevölkerung wird tolle Regierungsvertreterinnen und -vertreter wählen, wir werden alles tun, um gut mit ihnen zusammenzuarbeiten. Das gehört zum Auftrag. Alles andere wäre nicht im Kundeninteresse. Gegner von Infrastruktur ausbauten argumentieren, mehr Strassen zögen mehr Verkehr nach sich. Was entgegnen Sie? Mehr Krankenhäuser, mehr Kranke? Mehr Schwimmbäder, mehr Schwimmer? Mehr Schulhäuser, mehr Schüler? Ist das die Logik? Diese Argumentation scheint mir sehr schlecht. Und sie ist allzu durchsichtig, denn ich höre sie immer nur betreffend der Strassen. Nein, in aller erster Linie bauen wir Krankenhäuser, weil der Bedarf da ist und bei den Schulhäusern, den Schienen, den Flughäfen und den Strassen ist es genau gleich. Die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz wächst nun mal sehr rasant und damit auch die Mobilitätsbedürfnisse. Mobilität ist immer auch ein sehr verlässlicher Indikator für Wohlstand und Prosperität einer Gesellschaft. Das scheinen wir gerne etwas zu vergessen. Klar müssen wir uns anstrengen, eine nachhaltige, umwelt- und siedlungsverträgliche Mobilität zu organisieren, das gehört unbedingt auch zu unserem Auftrag. Aber den Verkehr einseitig unterbinden zu wollen, halte ich für keine gute Idee und einer Demokratie unwürdig. Ein grosses Problem im Baselbiet ist, dass leistungsstarke Tangential verbindungen von Tal zu Tal fehlen. Man muss die Hauptachse in Richtung Basel verwenden, wenn man vom oberen in den unteren Kantonsteil und umgekehrt gelangen will. Wie könnte eine Entflechtung der Verkehrsströme auf der A2 aussehen, damit unsere KMU nicht ständig im Stau stehen, obschon sie weder in Richtung City noch in Richtung Deutschland gelangen wollen? Die A2 bei Muttenz gehört mit einem durchschnittlichen Verkehr von mehr als 132 000 Fahrzeugen zu den am stärksten belasteten Autobahnabschnitten in der Schweiz. Der Ausbau auf acht Fahrstreifen wird hier eine spürbare Entlastung bringen. «SIE WERDEN IN ABSEHBARER ZEIT DAS STEUERRAD AUF DEN AUTOBAHNEN NICHT NUR LOSLASSEN KÖNNEN, SONDERN AUCH DÜRFEN.» Auf den 1.1.2020 übernimmt das ASTRA die A18 und die A22. Wie sehen hier die Pläne aus? Der Bund übernimmt per 1. Januar 2020 rund 400 Kilometer Strassen von den Kantonen. Seit rund einem Jahr laufen die Vorbereitungsarbeiten, wir sind auf Kurs. Wir haben mit allen Kantonen Vereinbarungen abgeschlossen sowie die Anfangs- und Endpunkte der Strecken definiert. Nun gilt es, die Strecken – also auch die A18 und die A22 – zu dokumentieren und allfällig vorhandene Projekte von den Kantonen zu übernehmen. Interview: Daniel Schindler Oskar Kämpfer, Landrat, Präsident SVP BL. «Realisierung ist dringend» «Die Realisierung ist dringend und überfällig. Ich hoffe, das gesamte Konzept wird in den nächsten zehn Jahren realisiert. Ansonsten versinkt die Region noch tiefer in Dauerstaus mit entsprechenden volkswirtschaftlichen Schäden. Finanziell dürfte das mit dem gut dotierten Infra strukturfonds ja machbar sein.» Sandra Sollberger, Nationalrätin. «Mehr Unterstützung» «Damit wir konkurrenzfähig bleiben und unsere Wirtschaft stärken können, brauchen wir eine optimale Infrastruktur. Da die Region Basel bisher wenig Geld vom Bund bekommen hat, und wir immer mehr im Stau ersticken, muss bei der nächsten Runde für die Region Basel mehr Unterstützung herausgeholt werden.» «Endlich umgesetzt» Lukas Ott, Geschäftsführer, TCS beider Basel. Seit Jahren moniert der TCS beider Basel die fehlende Zusammenarbeit zwischen Basel-Landschaft und Basel-Stadt in Verkehrsfragen. Am 13. November wurde nun endlich das umgesetzt, was wir seit Langem fordern. Auch einen Westring fordert der TCS bereits seit Jahren.» Beat Huesler, Präsident Konferenz der Gewerbe- und Industrievereine KGIV. «Ausbau der Hardstrasse» «Endlich sehen wir eine langfristige Perspektive. Kurzfristig fände ich auch den Ausbau der Hardstrasse auf vier Spuren sinnvoll. Dies würde eine wichtige Entlastung für das lokale Strassennetz bringen. Und dies ist für die KMU entscheidend.»

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