10 | Standpunkt der Wirtschaft ENERGIEPOLITIK 9. November 2018 ENERGIE-EVENT – Der Energieexperte Patrick Dümmler befürchtet weitere Wasserkraftsubventionen zulasten der privaten Haushalte sowie von Teilen des Gewerbes. Er referiert am Energie-Event der Liga Baselbieter Stromkunden vom 26. November 2018 in Laufen. «Wasserkraft geht es nicht so schlecht» Energieexperte Patrick Dümmler von der liberalen Denkfabrik Avenir Suisse kritisiert die vielen Subventionen zugunsten der Wasserkraft. Es gäbe bessere Lösungen, welche die gefangenen Stromkunden entlasten würden. Als gefangen werden die privaten Haushalte sowie jene Gewerbebetriebe bezeichnet, die jährlich weniger als 100 000 kWh Strom beziehen und deshalb ihren Stromlieferanten derzeit nicht frei wählen können. Patrick Dümmler ist einer von vier Referenten des Energie- Events der Liga Baselbieter Stromkunden am kommenden 26. November in Laufen (siehe Text rechts). Standpunkt: Herr Dümmler, Wasserkraftwerkbetreiber klagen seit Längerem über die schwierige wirtschaftliche Lage der Wasserkraft. Wie schlimm steht es aus Ihrer Sicht um die Wasserkraft? Patrick Dümmler: Studien belegen, dass es der Wasserkraft nicht so schlecht geht, wie teilweise behauptet wird. Zudem haben sich die Strompreise in jüngster Zeit etwas erholt, was sich zusätzlich positiv auf die Wirtschaftlichkeit der Wasser kraft auswirkt. Dank des neuen Energiegesetzes profitieren die Energieversorgungsunternehmen, kurz EVU, für die Jahre 2018 bis 2022 zudem von der sogenannten Marktprämie. Mit dieser Prämie stehen für die Wasserkraftwerke jährlich rund 110 Millionen Franken bereit. Die Wasserkraftwerkbetreiber klagen also bis zu einem gewissen Grad auf Vorrat, um so Einfluss auf den politischen Gesetzgebungsprozess nehmen zu können. Die Wasserkraft geniesst einen grossen Rückhalt in der Politik – dies wissen die EVU auszunutzen. Entsprechend befürchte ich weitere Abgaben zugunsten der Wasserkraft – die vor allem die gefangenen Stromkunden bezahlen müssen. Weshalb geniesst die Wasserkraft in der Politik so viel Goodwill? Einerseits sicherlich aufgrund der geografischen Gegebenheiten. So sind die Bergkantone wichtige Wasser kraft-Standorte – und diese Kantone beherrschen die politische Klaviatur exzellent. Sie spielen etwa bei der Subventionierung der Landwirtschaft, aber auch beim Finanzausgleich eine entscheidende Rolle. Andererseits geniesst die Wasserkraft in der Schweiz eine lange Tradition. Auch ist die Schweiz – zu Recht – stolz auf die Wasserkraft als Meisterleistung der alpinen Ingenieurskunst. Während die Wasserkraft auf der einen Seite subventioniert wird, wird die Wettbewerbsfähigkeit der Wasserkraft auf der anderen Seite durch hohe Wasserzinsen belastet. Wie sinnvoll ist das? Gar nicht. Die Wasserzinsen dienen insbesondere den Gebirgskantonen und sind eine regionale Komponente. Dr. sc. Patrick Dümmler ist Senior Fellow und arbeitet als Forschungsleiter Offene Schweiz bei Avenir Suisse. Diese Vermischung von Regionalund Energiepolitik ist mehr als fragwürdig. Für die Trennung dieser Bereiche schlägt Avenir Suisse eine Überführung der Wasserzinsen in den Finanzausgleich zwischen den Kantonen vor. Wir haben diesen Vorschlag auch bereits mit den Gebirgskantonen diskutiert. Diese betrachten die Wasserzinsen jedoch als Leistung, die sie vergütet haben wollen, wohingegen der Finanzausgleich als Subvention verstanden wird und entsprechend eher negativ belastet ist. Unser Vorschlag ist bei den Gebirgskantonen ergo nicht auf viel Gegen- Bild: zVg liebe gestossen. Dennoch erachte ich eine Reform als unumgänglich. Der einflussreiche Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen, der VSE, forderte zugunsten der EVU eine Flexibilisierung der Wasserzinsen, ist mit dieser Forderung jedoch den Gebirgskantonen unterlegen. Wie geht es in der Debatte um die Wasserzinsen weiter? Es ist zumindest denkbar, dass sich die EVU und die Gebirgskantone zu einer sogenannten unheiligen Allianz zusammenschliessen. So könn- JETZT ANMELDEN «Wasserkraft vor stürmischen Zeiten oder goldener Zukunft?», Montag, 26. November 2018, 19 Uhr, Alts Schlachthuus in Laufen. Es referieren und diskutieren Liga-Präsident Christoph Buser; Thomas Richli, Leiter Neubau Kraftwerke bei den BKW; Michael Krarup, Technischer Geschäftsleiter des Wasserkraftwerks Augst, und Patrick Dümmler, Senior Fellow bei Avenir Suisse. Die Veranstaltung ist öffentlich und kostenlos. Aus organisatorischen Gründen ist eine Anmeldung erforderlich: info@stromkunden-bl.ch. Weitere Informationen: www.stromkunden-bl.ch, 061 927 64 88 ten sich diese Akteure beispielsweise darauf einigen, dass an den hohen Wasserzinsen festgehalten wird, diese jedoch direkt die gefangenen Stromkunden – also die privaten Haushalte sowie Teile des Gewerbes – bezahlen müssen. Die Gebirgskantone kämen so zu ihren Einnahmen durch die Wasserzinsen, und die EVU wären von den Abgaben befreit. Entsprechende Ideen wurden bereits einmal diskutiert. Ein solcher Handel ginge ausschliesslich zulasten der gefangenen Kunden, die nicht über die nötige politische Macht verfügen. Interview: Simon Dalhäuser ANZEIGE
9. November 2018 RATGEBER Standpunkt der Wirtschaft | 11 POLIT-KOLUMNE Die EU-Guillotine ist bereit, der Bundesrat schweigt Per Referendumsabstimmung (kein Ständemehr) sagten am 5. Juni 2005 exakt 54,6 Prozent der teilnehmenden Stimmberechtigten ja zum Bundesbeschluss vom 17. Dezember 2004 zur Umsetzung der bilateralen Abkommen («Bilaterale II») zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU). Die Kantone Baselland und Basel-Stadt lieferten satte Ja-Mehrheiten. In diesem Paket, das 14 der 26 Kantone per Urnenentscheid verwarfen, steckt auch der Anschluss an die Abkommen «Schengen» und «Dublin». Der damalige Bundespräsident Joseph Deiss (CVP) und Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz (FDP) beschrieben die Ausgangslage in der Botschaft vom 1. Oktober 2004 sehr wohlwollend – um nicht zu sagen schönfärberisch. Dank der Schengen-Zusammenarbeit der EU-Mitglieder sowie assoziierter Staaten könnten die Personenkontrollen an den Binnengrenze aufgehoben und durch Kontrollen an den EU-Aussengrenzen samt grenzüberschreitender Polizeizusammenarbeit abgelöst werden. Dies wurde als «Element des europäischen Asylraums» dargestellt: «Dublin legt Kriterien fest, gemäss denen der für die Behandlung eines Asylgesuchs zuständige Staat bestimmt wird und sorgt für eine ausgewogene Verteilung der Asylsuchenden auf die Dublin-Staaten.» (Zum Dublin-Raum gehören 28 EU-Mitglieder und die assoziierten Staaten Schweiz, Island, Liechtenstein und Norwegen.) «‹DUBLIN IV› LÄUFT FAKTISCH AUF EINE EUROPAWEITE NIEDERLASSUNGSFREIHEIT FÜR SÄMTLICHE REISEFERTIGEN MIGRANTEN HERAUS» Peter Amstutz* Niemand kann behaupten, das Duo Deiss/Huber-Hotz habe dem Souverän vor anderthalb Jahrzehnten nicht reinen Wein eingeschenkt: «Die Instrumente der Schengen/ Dublin-Zusammenarbeit werden laufend den neuen Anforderungen und technischen Entwicklungen angepasst. Bei der Weiterentwicklung dieser Zusammenarbeit hat die Schweiz ein volles Mitsprache-, jedoch kein Mitbestimmungsrecht. (...) Im äussersten Fall hätte die Ablehnung eines neuen Erlasses die Kündigung der Abkommen zur Folge.» Seit Verkündigung der deutschen Merkel-Willkommenspolitik für Asylsuchende und Einwanderer sämtlicher Qualitäten ist belegt, dass «Schengen» und «Dublin» gescheitert sind. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) stellte im März 2018 fest: «Aufgrund der Migrationslage seit 2015 steht das Dublin-System auf dem Prüfstand. Entsprechende Anpassungen werden seit Mai 2016 auf Vorschlag der Europäischen Kommission diskutiert.» Die Rede ist von einem «ergänzenden Korrekturmechanismus». Das Ziel sei eine faire Verteilung der Asylsuchenden zwischen den Dublin-Staaten. Diese wortschöpferische Umkrempelung der bisherigen Asylkonzeption erfolgt unter dem verharmlosenden Arbeitstitel «Dublin IV» und betrifft die Schweiz ganz direkt. Künftig sollen an einer EU-Aussengrenze ankommende Asylsuchende nämlich das Recht erhalten, selber zu entscheiden, in welchem Land des Schengen-Systems sie aufgenommen, versorgt und integriert werden wollen. Verwandte, Freunde oder «sonstige Beziehungen» reichen aus, um den neuen Wohnsitz irgendwo in Europa zu begründen und dort das Asylverfahren zu verlangen. «Dublin IV» läuft faktisch auf eine europaweite Niederlassungsfreiheit für sämtliche reisefertigen Migranten heraus, seien sie echt Verfolgte oder Kriminelle. Dass die Schweiz mit ihrer rekordhohen Ausländerzahl bevorzugtes Zielland werden dürfte, ist absehbar. Für Gruppen bis zu 30 Personen sollen sogar kollektive Asylbegehren ohne Einzelabklärung der Berechtigung eingeführt werden. Zu sagen haben die schweizerischen Behörden und die Stimmbevölkerung dazu rein gar nichts. Um Neuankömmlinge in deren Muttersprache bedienen zu können, wären Heerscharen von kostenlosen Juristen, Dolmetschern und «Kulturvermittlern» aufzubieten. Anhand der Bevölkerungsgrösse und dem Bruttoinlandprodukt will Brüssel eine «europaweit gleichmässige Verteilung» der Einwanderer errechnen und durchsetzen. Diese Umverteilung soll automatisiert ablaufen: Die grössten und wirtschaftlich stärksten Länder hätten die grössten Lasten zu schultern. Wer nicht mitmacht, wird mit einem «Solidaritätsbeitrag» – auch das wieder so eine EU- Wortschöpfung – von 250 000 Euro pro nicht aufgenommenen Migranten bestraft. Der Schweiz droht, falls sie sich diesen Erpressungen nicht beugen sollte, aufgrund der Guillotine-Klausel der (absolut verkraftbare) Rauswurf aus dem Dublin-Abkommen. Der Bundesrat hielt es bisher nicht für nötig, das Parlament, dessen Kommissionen und die Stimmbürgerschaft über diese höchst problematischen Entwicklungen zu informieren und vor schwerwiegenden Nachteilen für die Schweiz zu warnen. Das ist kein vertrauensfördernder Umgang mit dem Souverän: Das nennt man Komplizenschaft mit Brüssel gegen die eigene Bevölkerung. *Peter Amstutz, ehemaliger Leiter der Bundeshaus-Redaktion der «Basler Zeitung» Der Autor gibt seine eigene Meinung wieder. Diese muss sich nicht mit jener der Wirtschaftskammer decken. ANZEIGEN Hallo. Kennen wir uns? RATGEBER RECHT – Viele Vermieter sind der Meinung, dass das Mietobjekt als einwandfrei übergeben gilt, sofern der Mieter nach der Übergabe keine Mängel liste erstellt. Diese Annahme trifft jedoch nicht zu. Bei Mietbeginn sollte Übergabeprotokoll erstellt werden hallo@medienmacher.com www.medienmacher.com Schwabe AG mit Druck, Medienproduktion und Informatik heisst jetzt Die Medienmacher AG Das Mietobjekt muss beim vereinbarten Mietbeginn in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand übergeben und während der Mietdauer in demselben erhalten werden (Art. 256 Abs. 1 OR). In der Praxis verzichten die Vermieter gelegentlich darauf, ein Antrittsprotokoll zu erstellen und vertrauen darauf, dass der Mieter eine Mängelliste erstellen wird, sofern Teile des Mietobjektes mangelhaft sein sollten. Wird dann bei der Beendigung des Mietverhältnisses das Mietobjekt vom Mieter zurückgegeben und werden dann Mieterschäden festgestellt, kann der Mieter behaupten, dass gewisse Schäden am Mietobjekt bereits bei Mietbeginn vorhanden gewesen seien. Beweislast liegt beim Vermieter Wendet der Vermieter alsdann ein, dass der Mieter keine entsprechende Mängelliste erstellt hätte, hilft dies dem Vermieter wenig, weil das Mietrecht und die Rechtsprechung die Beweislast für die Mängelfreiheit des Mietobjektes bei Mietbeginn dem Vermieter auferlegt. Dies bedeutet, dass im Streitfall der Vermieter beweisen muss, dass er das Mietobjekt bei Mietbeginn mängelfrei übergeben hat. Diesen Beweis kann er in der Praxis mit einem, zumindest vom Mieter unterzeichneten Übergabeprotokoll erbringen. Fehlt ein solches Übergabeprotokoll, kann der Vermieter hilfsweise bei vor Mietbeginn erfolgten Renovationen mit den entsprechenden Handwerkerrechnungen die Neuwertigkeit von Mieteinrichtungen (z.B. Wände frisch gestrichen, Einbau eines neuen Gerätes) nachweisen. Mängelliste bleibt weiter möglich Es ist somit dem Vermieter dringend zu empfehlen, bei der Übergabe des Mietobjektes ein Antrittsprotokoll mit dem Mieter auszufüllen und dieses gegenseitig zu unterzeichnen. Dem Mieter ist es auch nach Unterzeichnung des Übergabeprotokolls unbenommen, allfällige Mängel, die bei der Erstellung des Übergabeprotokolls für ihn nicht erkennbar waren, nachträglich mit einer Mängelliste dem Vermieter zu melden. Diesbezüglich gilt es allerdings zu beachten, dass der Mieter mit einer solchen Mängelliste nicht beliebig lange zuwarten darf; im Mietvertrag des HEV Baselland ist eine schriftliche Anzeigepflicht des Mieters an den Vermieter innert 10 Tagen seit Schlüsselübergabe vorgesehen. Wird LEGAL-TEAM Rechtsanwalt Alexander Heinzelmann ist Mitglied des Legal-Teams der Wirtschafts kammer Baselland. Das Legal-Team steht den Mitgliedern der Wirtschaftskammer für Auskünfte zur Verfügung. Es ist erreichbar unter der Telefonnummer 061 927 66 70 oder via E-Mail an dessen Leiterin, Fürsprecherin Barbara Gfeller: b.gfeller@kmu.org. diese Frist nicht eingehalten, kann der Vermieter geltend machen, dass die in der Liste aufgeführten Mängel vom neu eingezogenen Mieter verursacht worden sind. IMPRESSUM Herausgeber ⁄ Verlag: Schweizerischer Gewerbeverband sgv, Schwarztorstrasse 26, Postfach 8166, 3001 Bern, Tel. 031 380 14 14, verlag@sgv-usam.ch Redaktion sgz: Schwarztorstrasse 26, 3007 Bern Tel. 031 380 14 14, redaktion@sgv-usam.ch Regionalbund «Standpunkt» Herausgeber: Wirtschaftskammer Baselland Arbeitgeber Baselland, Unabhängiges Podium für eine liberale Wirtschaft und Gesellschaft, Haus der Wirtschaft, Altmarktstrasse 96, 4410 Liestal Tel. 061 927 64 64, Fax 061 927 65 50 www.kmu.org, standpunkt@kmu.org Verantwortung: Christoph Buser, Direktor Redaktion/Umbruch: Reto Anklin (ra) Produktion: IWF, Postfach 633, 4410 Liestal Abonnement im Mitgliederbeitrag inbegriffen Adressänderungen: Bitte an Wirtschaftskammer Baselland, standpunkt@kmu.org Der Abdruck von Textbeiträgen mit vollständiger Quellenangabe ist erlaubt.
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