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Standpunkt 447, 16.6.2017

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Standpunkt der Wirtschaft – Offizielles Informationsorgan der Wirtschaftskammer Baselland

BL 2 HAUS DER WIRTSCHAFT

BL 2 HAUS DER WIRTSCHAFT 16. Juni 2017 – Schweizerische Gewerbezeitung Haus der Wirtschaft – Dienstleistungs- und Kompetenz-Zentrum für KMU aus Gewerbe, Handel, Dienstleistung und Industrie ENERGIEPAKET – Der erste diesjährige Informationsanlass des Baselbieter Energiepakets fand am vergangenen 6. Juni im Haus der Wirtschaft statt. Ende Monat folgen Sissach und Binningen. Jetzt das Haus sanieren und profitieren Mit rund 90 Personen war der erste Informationsanlass des Baselbieter Energiepakets in diesem Jahr sehr gut besucht. Der Anlass mit dem Motto «Jetzt sanieren und profitieren!» fand unter der Federführung der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB) am vergangenen 6. Juni im Haus der Wirtschaft in Liestal statt. Interessierte Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer konnten sich über Inhalte, Chancen und Anforderungen des Baselbieter Energiepakets informieren. Details zum Energiepaket Thomas Gesierich, Leiter EBL Energieberatung, zeigte in seinem Referat anschaulich auf, weshalb es sinnvoll ist, Gebäude energetisch zu sanieren. Im Anschluss erklärte Felix Jehle, Leiter Ressort Energie beim Baselbieter Amt für Umweltschutz und Energie (AUE), welche Möglichkeiten das Baselbieter Energiepaket im Detail anbietet und welche Anforderungen ein Gesuch erfüllen muss. Silvan Schweizer, Leiter der BLKB- Niederlassung in Liestal, erläuterte zum Schluss die Gefahren und Absicherungsmöglichkeiten für Eigen- POLIT-KOLUMNE Thomas Gesierich von der EBL, Felix Jehle vom AUE und Silvan Schweizer von der BLKB (von links) beantworten im Haus der Wirtschaft Fragen aus dem Publikum. FOTO FRÜH Strafaufgaben für den Amtsschimmel Vor mehr als zwei Jahren reichte der Baselbieter SVP-Nationalrat Thomas de Courten in Bern ein Postulat mit folgendem Anliegen ein: «Der Bundesrat wird beauftragt zu prüfen, wie Unternehmen von behördlichen Dokumentations- und Archivierungsvorschriften durch Koordination und Datenaustausch unter den kantonalen und Bundesbehörden entlastet werden können.» Was steckt hinter diesem Anliegen? Im Rahmen der zweiten Ausgabe des Bürokratiemonitors, erstellt im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO, gaben Ende Januar 2015 total 1809 schweizerische Unternehmen Auskunft über ihre administrative Belastung durch staatliche Regulierungen. 54 Prozent der Befragten beurteilten diese tendenziell zunehmende Belastung als hoch oder eher hoch, 45 Prozent als eher gering oder gering. Eine hohe oder eher hohe Belastung wurde in den Bereichen Lebensmittelhygiene (63%), Bauvorhaben (63%), Berufsbildung/Lehrlingswesen (59%), Rechnungslegung/Revision (54%) und Mehrwertsteuer (52%) angegeben. Am stärksten leiden die Mikro- und die kleinen Unternehmen unter übermässigen Regulierungen. Gemäss offiziellen Zahlen verursachen die galoppierenden Amtsschimmel den Unternehmen Kosten von rund zehn Milliarden Franken jährlich. Erhebliche Regulierungskosten entstehen laut Nationalrat de Courten durch immer mehr und immer neue Archivierungs- und Dokumentationspflichten: «Hinzu kommt, dass bei einer einzelnen Verwaltungsstelle bereits dokumentierte, archivierte und kontrollierte Datensätze bei einer anderen und/oder weiteren Verwaltungsstelle erneut zusätzlich dokumentiert, wieder archiviert und kontrolliert werden müssen.» Der Bundesrat sagte rundweg Nein zum Vorschlag des Nordwestschweizer Parlamentariers, für Abhilfe und Abbau zu sorgen. Die heimbesitzer in Bezug auf Erdbebenrisiken. Weitere zwei Informationsanlässe fanden im gleichen Rahmen am 13. Juni in Laufen und am 15. Juni in Reinach statt. Fortgesetzt wird die Informationstournee am 21. Juni in Sissach in der Primarschule Dorf an der Schulstrasse 7 und am 27. Juni in Binningen im Saal der Spitex an der Baslerstrasse 35 (siehe Inserat auf Seite 6). Die Veranstaltungen starten jeweils um 18.30 Uhr (Türöffnung um 18.15 Uhr). Sarah Früh Peter Amstutz, ehemaliger Leiter der Bundeshaus- Redaktion der «Basler Zeitung» Landesregierung konterte sogar mit dem unglaublichen Argument, die Unternehmen sollten eigentlich froh sein, wenn der Staat ihnen umfassende Dokumentations- und Archivierungspflichten zu ihren Geschäften auferlege, denn das diene ja ihnen selbst, um allfällige Ansprüche der Stakeholder (Interessenten und Betroffene) abzuwehren. «Entschuldigung, Herr Bundesrat, ich finde das eine zynische Haltung, wie sie nur aus der Bundesverwaltung kommen kann», wies Nationalrat de Courten am 7. März 2017 derartige Unterstellungen im Ratsplenum entschieden zurück. Auch den Hinweis in der bundes rätlichen Stellungnahme, die heutige elektronische Datenspeicherung erleichtere die Dokumentation und Archivierung, empfand der Baselbieter Postulant als realitätsfremd: «Das Gegenteil trifft zu. Investitionen in EDV-Systeme und die zunehmende Datensammelwut der Kontrollinstanzen übersteigen die Einsparungen der Raumkosten der Archivräume oder die Anschaffung der Bundesordner um ein Mehrfaches.» Weitere Informationen sind erhältlich bei der Energiepaket-Hotline 061 552 55 55 oder auf der Website www.energiepaket-bl.ch. Aus organisatorischen Gründen wird um Anmeldung gebeten an die E-Mail- Adresse info@energiepaket-bl.ch. Schliesslich meinte der Bundesrat, de Courten müsse seinen Auftrag auf einen konkret benannten spezifischen Bereich beschränken. Diesen Schwarzen Peter gab der Baselbieter am Rednerpult umgehend weiter: «Ich schlage vor, beispielsweise bei den Steuerabgabenund Gebührendokumentationen zu beginnen und bei den Arbeits-, Umwelt- und Sicherheitsvorschriften fortzufahren. Ein weiterer Schritt könnte den Gesundheits-, Lebensmittel- und Landwirtschaftsbereich betreffen. Dann ist es auch nicht mehr weit bis zu den Bewilligungsverfahren und zu den Submissionsprozessen. Ich orte überall Handlungsbedarf.» Nach der Bitte an Bundesrat Johann Schneider-Ammann, den Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF), die Landesregierung möge einen breiten, generellen Auftrag erteilen und nicht nur kosmetische, partielle Lösungen anstreben, kippte die Stimmung im Nationalratssaal. Dem Volkswirtschaftsminister blieb nur noch der Fluchtweg, de Courten beizupflichten: «Sie rennen bei mir offene Türen ein. Wir müssen in diesem Land die Kosten unter Kontrolle halten, wenn wir international kompetitiv bleiben wollen, und auf diesem Wege weiterhin dafür sorgen wollen. Das ist die politische Zielsetzung Nummer eins für mich. Ich bin also nicht unglücklich, wenn Sie Druck machen.» Im Bewusstsein, dass sein Anliegen von 139 der 199 Nationalratsmitglieder unterstützt wird, wie die namentliche Abstimmung zu seinem Postulat zeigte, konnte de Courten dieses Dossier fürs Erste schliessen. Wenn den Worten von Bundesrat Schneider-Ammann auch noch Taten folgen, kann man es in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft sogar unter «erledigt» archivieren. Der Autor gibt seine eigene Meinung wieder. Diese muss sich nicht mit jener der Wirtschaftskammer decken. BASELLAND TOURISMUS Christine Mangold übernimmt das Präsidium von René Eichenberger. Baselland Tourismus hat neue Präsidentin Der bisherige Präsident von Baselland Tourismus, René Eichenberger, und seine Nachfolgerin, die ehemalige Landrätin Christine Mangold. FOTO ZVG Die Mitgliederversammlung von Baselland Tourismus hat am vergangenen 1. Juni in Hölstein Christine Mangold zur neuen Vereinspräsidentin gewählt. Die Wahl erfolgte einstimmig und ohne Diskussion. Die 62-jährige Gelterkinder Gemeinde präsidentin tritt die Nachfolge von René Eichenberger an, der dem Verein 16 Jahre lang vorgestanden war. Die ehemalige Landrätin Christine Mangold sitzt bereits seit 2014 im Vorstand von Baselland Tourismus. Sie erinnere sich noch gut an die heissen Diskussionen im Landrat, ob eine Tourismusorganisation überhaupt nötig sei, sagte Mangold an der Versammlung. Heute freue sie sich besonders, dass der Landrat vor kurzem nicht auf die Sparbemühungen eingetreten sei und so bestätigt habe, dass Baselland Tourismus gute Arbeit leiste. René Eichenberger hinterlasse grosse Fussstapfen, sagte Mangold. Der bisherige Präsident wurde denn auch von der Versammlung zum Ehrenmitglied ernannt. Regierungspräsident Thomas Weber lobte Eichenberger als ein «überall beliebtes Gesicht» und nannte ihn einen «hervorragenden Netzwerker». Tobias Eggimann, Geschäftsführer von Baselland Tourismus, betonte, wie froh er gewesen sei, dass ihm René Eichenberger mit seiner Präsenz an den Anlässen den Rücken freigehalten habe. Reto Anklin Wandern mit dem Kinderwagen Die Wanderwege beider Basel und Baselland Tourismus haben am vergangenen 12. Juni im Reinacher Leywald die neue Broschüre «Wandern mit Kinderwagen im Baselbiet» vorgestellt. Darin finden sich 15 spannende Routenvor schläge, verteilt über das ganze Baselbiet. Die Wanderungen sind ausführlich beschrieben und mit einer Karte und einem Höhenprofil erklärt. Symbole zeigen an, welche Ausstattung des Kinderwagens und welche Rädergrösse für die einzelnen Wanderungen empfohlen werden. Ebenfalls ist erwähnt, wie weit der Weg jeweils über Hartbelag oder Naturbelag führt. «Die Wanderungen sollen aber nicht nur Eltern, Grosseltern sowie die Kleinsten im Kinderwagen begeistern, sondern sie sind explizit auch geeignet für ältere Geschwister», heisst es weiter in der Medienmitteilung. Diesen bieten sich Attraktionen wie Spielplätze, Grillplätze, Tiere oder Bächlein zum Spielen. Die Broschüre kann für fünf Franken auf der Website der Wanderwege beider Basel bestellt werden. Alle Touren sind auch online auf der Website von Baselland Tourismus abrufbar (Adressen siehe unten). Reto Anklin LINK www.wanderwege-beider-basel.ch www.baselland-tourismus.ch/wandern IMPRESSUM standpunkt Herausgeber/Verlag: Schweizerischer Gewerbeverband sgv, Schwarztorstrasse 26, Postfach 8166, 3001 Bern, Tel. 031 380 14 14 – verlag@sgv-usam.ch Redaktion sgz: Schwarztorstrasse 26, 3007 Bern Tel. 031 380 14 14 – redaktion@sgv-usam.ch Regionalbund «Standpunkt» Herausgeber: •Wirtschaftskammer Baselland •Arbeitgeber Baselland •Unabhängiges Podium für eine liberale Wirtschaft und Gesellschaft, Haus der Wirtschaft, Altmarktstrasse 96, 4410 Liestal Tel. 061 927 64 64, Fax 061 927 65 50 Internet: www.kmu.org E-Mail: standpunkt@kmu.org Verantwortung: Christoph Buser, Direktor Redaktion/Umbruch: Reto Anklin (ra) Produktion: IWF, Postfach 633, 4410 Liestal Abonnement im Mitgliederbeitrag inbegriffen Adressänderungen: Bitte an Wirtschaftskammer Baselland E-Mail: standpunkt@kmu.org Der Abdruck von Textbeiträgen mit vollständiger Quellenangabe ist erlaubt.

VERKEHRSPOLITIK BL 3 Haus der Wirtschaft -– Dienstleistungs- und Kompetenz-Zentrum für KMU aus Gewerbe, Handel, Dienstleistung und Industrie 16. Juni 2017 – Schweizerische Gewerbezeitung ORDNUNGSPOLITIK Einsatz für gleichlange Spiesse hat bei der Wirtschaftskammer Tradition. Seit Jahrzehnten im Kampf für fairen Wettbewerb «Wir bekämpfen aus staatspolitischer und volkswirtschaftlicher Überzeugung die den Interessen der Selbständigerwerbenden und der KMU zuwiderlaufenden Machtballungen in Industrie, Handel, Dienstleistung und Detailhandel.» So steht es klar und deutlich im wirtschaftspolitischen Grundsatzprogramm der Wirtschaftskammer Baselland. Die von der Wirtschaftskammer an die Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Auftrag gegebene Studie zum Projekt Gateway Basel Nord (GBN) ist unter anderem vor diesem Hintegrund zu sehen. Denn die Resultate der Studie belegen: Kartell- und wettbewerbsrechtlich sind beim Projekt GBN diverse Fragen offen. Und: Es muss davon ausgegangen werden, dass bei dem Containerterminalprojekt staatliche Unternehmen in einen bestehenden und erst noch gut funktionierenden Markt eingreifen und dort seit Jahren erfolgreich arbeitende Privatunternehmen verdrängen. Schranken für Energieversorger Das auf den wirtschaftspolitischen Grundsätzen der Wirtschaftskammer basierende Engagement des Baselbieter Wirtschaftsdachverbands hat eine lange Tradition. Erfolgreich hat sich die Wirtschaftskammer beispielsweise vor rund zehn Jahren dafür eingesetzt, dass die Baselbieter Energieversorgungsunternehmen (EVU) bei ihrem Kerngeschäft bleiben. Diese versuchten ihre Geschäftstätigkeit auf klassische KMU-Bereiche wie Gebäudetechnik, Gartenunterhalt und kleinere Tiefbauarbeiten auszudehnen. Da es sich um staatsnahe Firmen handelt, intervenierte die Wirtschaftskammer. Es fanden mehrere Sitzungen mit den entsprechenden Berufsverbänden und den EVU statt. Die Mitglieder einer eigens geschaffenen Arbeitsgruppe schlossen sich mit der Wettbewerbskommission kurz. Seither beschränken sich die EVU auf ihre Kernaufgabe und verzichten darauf, die privaten KMU zu konkurrenzieren. Personenfreizügigkeit und Schwarzarbeit Für gleich lange Spiesse kämpfte die Wirtschaftskammer auch erfolgreich ab 2008. Damals ging es um die Bekämpfung der Schwarzarbeit, welche insbesondere auf den Baselbieter Baustellen drohte, den Wettbewerb zu unterlaufen. Zum Kampf um gleich lange Spiesse in diesem Bereich konnten auch die Sozialpartner auf Arbeitnehmerseite gewonnen werden. Das Thema «gleich lange Spiesse» war auch ab 2004 bezeichnend bei der Umsetzung der Personenfreizügigkeit. Denn auch hier drohte eine massive Wettbewerbsverzerrung. Deswegen kamen die flankierenden Massnahmen zum Zug, welche von der Wirtschaftskammer von Beginn weg unterstützt wurden. Fairness bei öffentliche Beschaffungen Ebenfalls mit den Sozialpartnern auf Arbeitnehmerseite zusammen brachte die Wirtschaftskammer 1999/2000 das Gesetz über öffentliche Beschaffungen durch. Seither darf die öffent liche Hand nur Aufträge an Unternehmen vergeben, die sich klar an die geltenden Gesamtarbeitsverträge und die hiesigen Arbeitnehmerschutzbestimmungen halten. Das betrifft auch die Einhaltung der Umweltschutzvorschriften sowie die Gleichbehandlung von Frau und Mann gemäss Bundesgesetz. Der Kampf um gleich lange Spiesse gehört damit zu den Kernaufgaben der Wirtschaftskammer Baselland. Das gilt erst recht, wenn ein Thema innerhalb ihrer Mitgliederbasis zu derart kontroversen Diskussionen führt, wie dies beim Projekt GBN der Fall ist. Daniel Schindler GATEWAY BASEL NORD – «Das Grossterminalprojekt ist wettbewerbsverzerrend und kartellrechtlich problematisch», sagt Prof. Patrick Krauskopf, ehemaliger Vizedirektor der Wettbewerbskommission. «WEKO sollte sich GBN anschauen» Laut Patrick Krauskopf, alt Vizedirektor der Wettbewerbskommission und heute Leiter des Zentrums für Wettbewerbsrecht an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW), steht fest: Das Grossterminalprojekt Gateway Basel Nord (GBN) ist von den Wettbewerbshütern unter die Lupe zu nehmen. Im Auftrag der Wirtschaftskammer Baselland hat er mit seinem Team eine Studie zu den kartellrechtlichen Implikationen des Projekts verfasst – mit brisanten Ergebnissen. Standpunkt: Herr Krauskopf, welches sind für Sie die wichtigsten Erkenntnisse aus der Studie? • Patrick Krauskopf: Ausgangslage bildet die Feststellung, dass beim Güterumschlag im Raum Basel funktionierender Wettbewerb herrscht. Dieser ist durch einen starken Preiswettbewerb gekennzeichnet. Der beabsichtige Markteintritt der GBN führt allerdings zu kartellrechtlichen als auch zu ordnungspolitischen Bedenken. Warum soll der Staat in diesen funktionierenden Markt eingreifen? Er sollte grundsätzlich nur dann eingreifen, wenn ein Marktversagen vorliegt. Das ist aber in Basel ganz offensichtlich nicht der Fall. Inwiefern greift der Staat beim Grossterminalprojekt GBN ein? • In der GBN AG haben sich mit der staatsnahen SBB Cargo, der Contargo und der Hupac drei Player zusammengeschlossen, die über wechselseitige Beteiligungen und Vertretungen vielfach miteinander verknüpft sind. Die Mehrheit in der GBN AG liegt bei der SBB Cargo. Selbst wenn GBN die behaupteten Effizienzvorteile nur teilweise weitergibt, wird der Staat mit seiner Unternehmung GBN die Marktführerschaft im Containerumladegeschäft übernehmen. Was geschieht mit den heute tätigen privaten Unternehmen? • Ich fürchte, diese haben das Nachsehen. Das heisst: Das neue Konstrukt GBN wird die privaten Anbieter aus dem Markt drängen. «Private Terminalbetreiber scheinen doch durch das Projekt in signifikantem Ausmass gefährdet zu werden.» Der Studienleiter und ehemalige Vizedirektor der Wettbewerbskommission, Patrick Krauskopf, im Interview mit dem Standpunkt. FOTO ZVG Da müssten Sie als ehemaliger Vizedirektor der WEKO hellhörig werden. • Meine Bedenken wurden nicht kleiner, als ich mit meinem Team das Projekt genauer unter die Lupe genommen habe. Das Zusammenwirken der Konkurrenten SBB Cargo, Hupac und Contargo innerhalb der GBN hätte wohl die vorgängige Prüfung und Zustimmung durch die WEKO erfordert. Da dies unterlassen wurde, besteht der Verdacht, die GBN-Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen könnte eine unzulässige Kartellansprache darstellen. Die Unternehmen können den Preis auf dem Markt nämlich fast nach Belieben festlegen. Ist die Zunahme der Marktmacht von SBB Cargo problematisch? • Es bestehen in der Tat Hinweise, dass GBN das Resultat eines missbräuchlichen Verdrängungswettbewerbs sein könnte. Das bedeutet, dass SBB Cargo als Nachfragerin der Terminalleistungen selbst die Kontrolle über den Markt für Containerumschlag erlangen könnte. Das ist umso problematischer, als es sich um ein staatliches Unternehmen handelt, das in einen gut funktionierenden Wettbewerb mit privaten Anbietern eingreift, und dabei in den Genuss von Subventionen kommt. Wo sehen Sie da allfällige Problemfelder, die sich im Zusammenhang mit den beantragten Subventionen ergeben? •Es ist fraglich, ob die beantragte Subventionierung des Projekts GBN durch den Bund mit bestehenden Regulierungen vereinbar ist. Ich denke beispielsweise an das Gütertransportgesetz und allenfalls an das Landverkehrsabkommen Schweiz–EU. von GBN unwohl – denn das Unternehmen hat ja die Konkurrenten miteingeladen.» Economiesuisse überdenkt GBN Auch aus Sicht der economiesuisse, vertreten durch Kurt Lanz, Geschäftsleitungsmitglied und Leiter Infrastruktur, Energie und Umwelt, ist Gateway Basel Nord in erster Linie «ein politisches Projekt» und aus diesem Grund «breit abgestützt». Es sei aber deswegen nicht notwendigerweise auch das beste Projekt, räumte Lanz ein. Er sei «brüskiert», dass Gateway Basel Nord derart stark mit Subventionen finanziert werden solle. Die ZHAW-Studie schaffe diesbezüglich Transparenz und economisuisse werde «dieses Projekt nochmals überdenken». Die 25. Ausgabe des «Atelier de la Concurrence», in dessen Rahmen die Studie der ZHAW zum Projekt Gateway Basel Nord erstmals vorgestellt Sie gehen davon aus, die EU könnte dem Projekt einen Strich durch die Rechnung machen? • Dies ist ein interessantes Szenario: Wenn sich deutsche oder französische Terminalbetreiber aufgrund des subventionierten Projekts in der Schweiz negativ beeinflusst sehen, dann könnte dies im EU-Ausland ein Thema werden. Was empfehlen Sie in dieser Situation? • Das Projekt GBN sollte von der WEKO kartellrechtlich überprüft werden. Die volkswirtschaftliche Bedeutung von GBN legt dies nahe. Es ist auch überraschend, dass die möglichen Wettbewerbsverzerrungen von der Politik nicht thematisiert worden sind. Private Terminalbetreiber scheinen doch durch das Projekt in signifikantem Ausmass gefährdet zu werden. Interview: Daniel Schindler ZHAW-STUDIE – Wettbewerbs- und Kartellrechtsexpertinnen und -experten warnen an Präsentation der Studie zum Terminalgrossprojekt Gateway Basel Nord vor massiver staatlichen Einflussnahme. Staat soll nur bei Marktversagen eingreifen «Staatliches Unternehmertum ist immer risikobehaftet», sagte Samuel Rutz, bis 2016 Vizedirektor beim liberalen Thinktank Avenir Suisse und seither Projektleiter Swiss Economics, am Dienstagabend, 6. Juni 2017. Im Rahmen der Präsentation der Studie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) zum Projekt Gateway Basel Nord (GBN) sprach Rutz unter dem Titel «Fragwürdiges staatliches Unternehmertum» ganz allgemein über die Gefahren von zu grossem staatlichem Engagement in der Wirtschaft. Als Negativbeispiele nannte er die Rettung diverser Kantonalbanken mit Geld der öffentlichen Hand. Dabei vertrat Rutz den Standpunkt, dass sich der Staat in Märkten zurückhalten sollte, in denen kein Marktversagen vorliegt. Ein solcher funktionierender Markt ist laut der Studie der ZHAW zum Projekt Gateway Basel Nord auch jener für Containerumschlag. Andrea Graber, vom Sekretariat der Wettbewerbskommission (WEKO) beleuchtete das jüngst veröffent lichte Bundesgerichtsurteil im Fall Elmex/Gaba. Das Urteil besagt, dass horizontale und vertikale Abreden grundsätzlich als «erhebliche Wettbewerbsbeschränkungen» zu betrachten seien. Ein Nachweis tatsächlicher Auswirkungen sei dabei nicht erforderlich, so Graber. Und: unzulässige harte horizontale und vertikale Wettbewerbsabreden seien «direkt sanktionierbar». Relevantes Bundesgerichtsurteil Dieses Bundesgerichtsurteil Elmex/ Gaba sei auch mit Blick auf das Projekt GBN relevant, hielt Patrick Krauskopf, ehemaliger Vizedirektor der WEKO und Leiter des Zentrums für Wettbewerbs- und Handelsrecht der ZHAW, fest. «Wenn nur schon potenzielle Auswirkungen ausreichend sind, wäre mir an der Stelle wurde, stand unter dem Titel «Der Warentransport in und durch die Schweiz – der Wettbewerb und seine Herausforderungen». Prominente Redner waren neben Wirtschaftskammer-Präsident Andreas Schneider auch Olivier Schaller, Vizedirektor des Sekretariats der Wettbewerbskommission, sowie Dirk Stahl, CEO der BLS Cargo AG. Er zeigte die Voraussetzungen für einen fairen und wirksamen Wettbewerb im Schienengüterverkehr auf und pochte auf gleich lange Spiesse für alle Marktteilnehmer. Joëlle de Sépibus, Assistenzprofessorin und Spezialistin im Bereich Europa- und Wirtschaftsvölkerrecht an der Uni Bern, beleuchtete die Unterschiede des Subventionsrechts in der EU gegenüber jenem in der Schweiz. Auch vor diesem Hintergrund sei das Projekt GBN kritisch zu hinterfragen, stellte Patrick Krauskopf abschliessend fest. Daniel Schindler

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