SCHWEIZERISCHE 2. Juni 2023 Die Zeitung für KMU | Regionalbund | Standpunkt-Ausgabe Nr. 560 | 26. Jahrgang AZA 4133 Pratteln Post CH AG DIE MEINUNG Keine versteckten Fouls DEPONIESTREIT – Nächste Runde im Streit um Rückbauverfügung der Baselbieter Bau- und Umweltschutzdirektion: In ihrer Antwort auf eine Interpellation schiebt die Regierung der Firma Zuber Aushub und Transport AG den schwarzen Peter zu. Antwort löst keine Freude aus Von Christoph Buser, Direktor Wirtschaftskammer Baselland Der Mai ist jedes Jahr eine spannende Zeit für mich. Nicht weil ich im Garten den Blumen oder den Blättern an den Bäumen beim Wachsen zuschaue, sondern weil es die aufregendste Phase in Sachen Eishockey ist. Sowohl die Entscheidung in der nordamerikanischen NHL als auch die Eishockey-Weltmeisterschaft verfolge ich hautnah mit. Mir gefallen die Intensität, die Disziplin und die Härte des Spiels. Wer gecheckt wird, steht wieder auf. Die Spieler sind ehrliche Sportsmänner, keine Schauspieler. Und versteckte Fouls gibt es praktisch keine. Leider ist das in der Wirtschaftswelt nicht unbedingt so. Seitens der Behörden gibt es nicht selten unfaire Attacken an die Adresse des Gewerbes. Anders als im Eishockey sind die Folgen für den Gefoulten aber drastisch. Im schlimmsten Fall droht das Ende – wie der Zuber AG im Laufental. Ein Traditionsbetrieb, der seit mehreren Jahrzehnten einen Lagerplatz für nicht verschmutztes Erdmaterial und Steine betreibt. Die Regierung verfügte 1995, für den Betrieb eine Baubewilligung zu erteilen. Aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen, so die Regierung, sei dies aber nie passiert. Diese Unterlassung hatte fast 30 Jahre später eine Rückbauverfügung zur Folge. Dicke Post für das Traditionsunternehmen. Seit 1971 betreibt die Zuber Aushub und Transport AG an der Ortsgrenze von Zwingen und Brislach am Birszufluss Lüssel einen Lagerplatz für nicht verschmutztes Erdmaterial und Steine. Vor mehr als 28 Jahren verfügte der Regierungsrat, der Firma eine Baubewilligung auszustellen. Die Baubewilligung wurde jedoch aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen nie ausgestellt. Drei Jahrzehnte nichts gehört Während fast drei Jahrzehnten spielte das faktisch keine Rolle, bis die Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD) am 9. November 2022 der Firma Zuber eine Rückbauverfügung zum betreffenden Areal schickte. Begründung: Für das Areal liege keine Baubewilligung vor. Die Firma schaltete umgehend einen Anwalt ein. Denn für die Zuber Aushub und Transport AG steht viel auf dem Spiel. «Dieser Lagerplatz ist für uns existenziell», so Mitinhaber Alex Zuber gegenüber dem Standpunkt. Das Thema beschäftigt auch Landrat Marc Scherrer (Die Mitte). Mit einer Interpellation wollte er von der Baselbieter Regierung unter anderem wissen, wieso das Bauinspektorat 1995 keine Baubewilligung erteilte hatte, obwohl der Regierungsrat dies klipp und klar verlangte: «Das lässt sich nicht mehr genau eruieren. Recherchen aber haben Der Lagerplatz der Zuber Aushub und Transport AG zwischen Zwingen und Brislach. Bild: Archiv ergeben, dass die Akten sehr wahrscheinlich im Jahrhunderthochwasser untergegangen sind», ist in der schriftlichen Antwort vom 9. Mai zu lesen. Scherrer fragte auch, wieso die BUD den Rückbau verfügt und so den Regierungsentscheid aus dem Jahr 1995 missachtet hat. Hier wird der Schwarze Peter nun dem Unternehmen zugeschoben: «Der heutige Nutzer der Anlage hat sich seit 1995 trotz der Ausdehnung der genutzten Fläche nicht mehr um eine Erweiterung der bestehenden Fläche bemüht.» Fazit der Behörde: «Eine nachträgliche Bewilligung für die aktuelle Nutzung konnte nie in Aussicht gestellt werden.» Keine Kompromissbereitschaft Schwer verdauliche Kost für die Zuber AG und deren Anwalt. Sie bemängeln, die Behörden seien nie kompromissbereit gewesen. Zur Debatte sei immer nur eine vollständige Räumung gestanden. Auch sei man nie über die kolportierten Reklamationen aus der Bevölkerung informiert worden. Marc Scherrer ist mit den Antworten der Baselbieter Regierung nur bedingt zufrieden: «Dass der Regierungsrat nicht versucht, eine einvernehmliche Lösung zu finden, ist für mich unerklärlich. Es ist offenkundig, dass der ursprüngliche Fehler von der Verwaltung im Jahr 1995 gemacht wurde.» Dass nun ein KMU mit Formalien in den Ruin getrieben werden könnte, ist nicht akzeptabel. Der Ausgang der Geschichte bleibt offen. Denn juristisch gesehen ist es ein laufendes Verfahren. Die Beschwerde und das Wiedererwägungsgesuch gegen die Räumung sind hängig. Ebenso die Einsprache der Zuber AG gegen die Revision des Zonenplans der Gemeinde Brislach. Fortsetzung folgt. Adrian Jäggi Jetzt ist die Firma in einem Rechtsstreit mit dem Kanton. Der Ausgang ist ungewiss. Unerhört finde ich, dass die Regierung der Zuber AG vorwirft, sie habe sich seit 1995 nicht mehr um eine Erweiterung der bestehenden Bewilligung bemüht. Ein Unternehmer hat im täglichen Geschäft nun wahrlich andere Sorgen. Wer etwas Anderes behauptet, ist ein Theoretiker. Richtig wäre in diesem Fall gewesen, man hätte sich rechtzeitig an einen Tisch gesetzt und pragmatisch nach einer Lösung gesucht, statt die Firma in eine Zeit der Ungewissheit zu manövrieren. HEUTE IM STANDPUNKT 2 | INNOVATIONSWETTBEWERB Die rund 100 Teilnehmenden der Swiss Innovation Challenge präsentieren erstmals ihre Projekte. 3 | INTERVIEW Rolf Mürner, Pâtissier-Meister, sorgt für feine Desserts am Tag der Wirtschaft. 5 | WASER AG Fragwürdiger Baurechtsentscheid des Kantons im Birsfelder Hafen. LANDRAT – Der Landrat hat ein Postulat von Christine Frey (FDP) gegen den Willen der Regierung angenommen. Dieses fordert eine Wiedereröffnung der Rheinstrasse in Pratteln. Die Regierung muss nun handeln. Regierung soll Rheinstrasse wieder öffnen Für die von der Schliessung der Rheinstrasse zwischen Pratteln und Augst stark betroffenen KMU im Gewerbegebiet Netziboden zeigt sich ein Licht am Ende des Tunnels. Der Baselbieter Landrat hat am vergangenen 25. Mai ein Postulat von Christine Frey (FDP) überwiesen und den Abschreibeantrag der Regierung abgelehnt. Der Regierungsrat muss nun schauen, wie er die seit dem 9. Dezember 2022 geschlossene Rheinstrasse wieder öffnen kann. «Der Landrat hat mit der Überweisung des Postulats ein starkes Zeichen gesetzt. Jetzt liegt es am Regierungsrat, mit den Betroffenen eine Lösung zu finden», sagt Frey im Nachgang zur Landratsdebatte. Versprechen einhalten «Der Regierungsrat wird aufgefordert, die vorschnelle Schliessung der Rheinstrasse rückgängig zu machen», Der Druck auf die Regierung wächst, die seit vergangenem 9. Dezember geschlossene Rheinstrasse zwischen Augst und Pratteln wieder zu öffnen. Bild: Archiv schreibt Christine Frey in ihrem Postulat. «Und damit das Versprechen aus dem Jahr 2017 einzuhalten, dass der Rückbau der heutigen Rheinstrasse erst vorgenommen werde, wenn auf den neuen Strassenprojekten ausreichende Kapazitäten vorhanden seien», heisst es weiter. Unter der zwischen Pratteln und Augst geschlossenen Rheinstrasse leiden einerseits die Grenzgänger, die auf ihrem Weg zur Arbeit in die Schweizerhalle-Industrieunternehmen mehr Zeit brauchen, und andererseits die Bevölkerung von Augst und Kaiseraugst, die den Rückstau der unterdimensionierten Rauricastrasse mit kilometerlangen Fahrzeugkolonnen und entsprechendem Ausweichverkehr zu spüren bekommt. Markante Umsatzrückgänge Ganz besonders betroffen sind aber die Betriebe im Gewerbe gebiet Netzi boden. Für viele dort angesiedelte Unternehmen, deren Kundschaft sowie pendelnde Mitarbeitende ist die neue Verkehrsführung ein grosses Ärgernis – täglich kommt es zu Staus und Verzögerungen. Einzelne Unternehmen mit Publikumsverkehr leiden unter markanten Umsatzrückgängen und müssen riesige Umwege in der Zufahrt zu ihren Firmen gebäuden hinnehmen. Mehr als 8000 Unterschriften Neben dem nun überwiesenen Postulat von Christine Frey haben betroffene Unternehmerinnen und Unternehmer mit Unterstützung der Wirtschaftskammer Anfang Mai eine Petition mit mehr als 8000 gesammelten Unterschriften zuhanden der Regierung eingereicht. Auch die Petition fordert eine Wiedereröffnung der Rheinstrasse. Mit diesen beiden politischen Aktionen steht der Regierungsrat nun unter Druck, die Vogelstrauss- Politik aufzugeben und endlich zu handeln. Reto Anklin
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