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Standpunkt 518, 19. März 2021

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6 | Standpunkt der Wirtschaft CORONAVIRUS 19. März 2021 SONNTAGSVERKÄUFE – National- und Ständerat verzichten darauf, dem Detailhandel bis zu 24 zusätzliche Sonntagsverkäufe innerhalb von zwei Jahren zu «schenken». Der Beschluss stösst bei den Baselbieter Gewerbe- und Industrievereinen auf Unverständnis. «Es wäre ein wichtiges Signal gewesen» Die Vorzeichen sahen vielversprechend aus. Sowohl die Wirtschaftskommission des Ständerats als auch jene des Nationalrats wollten bis zu 24 Sonntagsverkäufe innerhalb der nächsten beiden Jahre ins Covid-19- Gesetz schreiben. Die durch den Lockdown zwangsgeschlossenen Geschäfte hätten durch die Massnahme zusätzliche Verkaufsmöglichkeiten erhalten sollen. Die Hoffnung vieler Ladenbesitzer, die darin eine Gelegenheit sahen, einen Teil der Umsatzein bussen zu kompensieren, die durch die behördlichen Schliessungen entstanden sind, zerschlug sich jedoch innerhalb zweier Tage: Zunächst lehnte das «Stöckli» die Massnahme im Rahmen der Beratungen zu den Änderungen im Covid-Gesetz mit 23 zu 18 Stimmen bei 1 Enthaltung ab; anschliessend wollte auch im Nationalrat eine knappe Mehrheit – 96 zu 93 bei 4 Enthaltungen – nichts mehr von der Idee wissen. Status quo im Kanton Bern In den beiden Kammern entwickelte sich eine hitzige Debatte über Sinn und Zweck zusätzlicher Verkaufssonntage. Während sich SP, Grüne und die Mitte-Fraktion dagegen aussprachen, wollten die bürger lichen Parteien den Kantonen das letzte Wort überlassen. Womöglich ausschlaggebend für die knappe Ablehnung des Antrags war im Nationalrat die Bemerkung von Wirtschaftsminister Guy Parmelin, Sonntagsarbeit stosse bei einem Teil der Bevölkerung auf grossen Widerstand. Dies hat sich übrigens am vergangenen 7. März bestätigt: Im Kanton Bern entschied die Stimmbevölkerung, auf die Einführung von zwei zusätzlichen Verkaufs sonntagen pro Jahr zu verzichten. Die Sonntagsverkäufe im Advent sind nicht nur im Baselbiet (hier eine Aufnahme aus der Manor in Liestal) sehr beliebt. Wäre es nach einer Mehrheit der Basel bieter Gewerbe- und Industrievereine (GIV) gegangen, hätte der Antrag in Bundesbern gute Chancen auf Annahme gehabt. Eine Umfrage des Standpunkts der Wirtschaft unter einigen GIV hat nämlich ergeben, dass die temporäre Erhöhung der Zahl der Verkaufssonntage bei einer Mehrheit auf Wohlwollen gestossen wäre. Oder wie es Marc Scherrer, Präsident Gewerbeverein KMU Laufental, ausdrückt: «Es wäre ein wichtiges und positives Signal an den Detailhandel sowie die Branchen Gastronomie und Tourismus gewesen, die mehr als alle anderen Branchen unter der Pandemie gelitten haben.» Seines Erachtens wäre dank der weiteren Sonntagsverkäufe das Gewerbe in seiner Relevanz für Innenstädte und Ortszentren wieder gestärkt worden, letztlich auch gegenüber dem Onlinehandel. «Nicht wünschenswert, ein Muss» Während sich Beat Huesler, Präsident KMU Muttenz, dezidiert für zusätzliche Sonntagsverkäufe ausspricht («sie sind nicht nur wünschenswert, sondern ein Muss, um den Betrieben die Möglichkeit zu bieten, den Umsatzverlust wieder wettzumachen»), nimmt der Präsident des Arlesheimer Gewerbe- und Industrievereins (AGIV), Philipp Hägeli, eine eher vorsichtige Haltung ein. Natürlich wäre es schön gewesen, noch weitere verkaufsoffene Sonntage zu haben, sagt er gegenüber dem Standpunkt. Die Öffnung müsste jedoch vom AGIV beworben werden, und die Mitglieder müssten natürlich mitmachen wollen. Jedenfalls wäre eine Evaluation mit den Mitgliedern nötig. Entschieden gegen weitere Sonntags verkäufe spricht sich Salome Bild: zVg/Fotolabor Spiess AG Mumenthaler, Präsidentin Gewerbeverein Gelterkinden und Umgebung, aus: «Für mich stimmt die aktuelle Regelung. Ich gehe nicht davon aus, dass zusätzliche Sonntagsverkäufe dem Gewerbe viel nützen. Eine gewisse Kompensation haben wir ja bereits anlässlich der Wiedereröffnung nach dem Lockdown erlebt.» Zusätzliche Sonntagsverkäufe seien für ihren Gewerbeverein kein Thema, fügt sie an. Diese nützten sowieso nicht allen Gewerbetreibenden. Teilweise würden auch die personellen Ressourcen stark belastet. Loris Vernarelli BERUFSSCHAU – In einem Livestream aus dem Haus der Wirtschaft in Pratteln erhielten die Ausstellenden am vergangenen 8. März Informationen zur Berufsschau 2021 in Liestal. Ob sie stattfindet, entscheidet sich Ende August. Das Organisationskomitee ist zuversichtlich. Informationsveranstaltung fand wegen Corona online statt Da wegen Corona derzeit keine öffentlichen Veranstaltungen mit grösserem Publikum möglich sind, fand die erste Informations veranstaltung für die Ausstellenden der Berufsschau 2021 am vergangenen 8. März online statt. Die Berufsschau soll dieses Jahr vom 27. bis 31. Oktober auf dem Areal der Schulanlage Frenkenbündten in Liestal stattfinden. OK-Mitglied Michael Kehrli, Urs Berger, OK-Chef und stv. Direktor der Wirtschaftskammer, sowie OK-Mitglied Monika Wilhelm (von links nach rechts) informieren online über die Berufsschau 2021. Bild: zVg Livestream mit Chatfunktion Die rund 90 Interessenten, die sich für den Onlineanlass angemeldet hatten, erhielten einen Zugangscode und konnten den aus dem Haus der Wirtschaft in Pratteln ausgestrahlten Stream live von zu Hause oder vom Büro aus mitverfolgen. Über eine Chatfunktion hatten sie die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Durchgeführt wurde der Event von IWF Communications (livestream.iwf.ch). Über die Berufsschau informierten Urs Berger, stv. Direktor der Wirtschaftskammer, Leiter Berufsbildung und Chef des Organisationskomitees (OK) der Berufsschau 2021, sowie die OK-Mitglieder Michael Kehrli und Monika Wilhelm. «Wir setzen alles daran, die Berufs schau 2021 durchzuführen», sagt Urs Berger. Wenn aber der Bund Nein sage, so werde man sich daran halten. «Spätestens Ende August entscheidet sich definitiv, ob wir den Anlasss durchführen können oder nicht.» Am Interesse der Ausstellenden mangelt es jedenfalls nicht. Mehr als 50 Verbände haben sich bereits Standfläche für die diesjährige Berufs schau gesichert. Diese ist um 1000 Quadratmeter grösser als zum gleichen Zeitpunkt vor der Berufsschau 2019, die in Pratteln stattgefunden hatte. «Die Berufsverbände haben ein grosses Interesse an der Berufsschau», sagt Urs Berger. Sie sei ein wichtiges Element für die Jugendlichen auf ihrem Weg zur geeigneten Berufslehre. Um Besuchende und Ausstellende bestmöglich vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen, wurde ein Corona-Schutzkonzept erstellt. «Die gesamte Ausstellung ist in Zelten untergebracht, die wir flexibel belüften können», sagt Urs Berger. Auf Stände in den Räumen der Schulanlage werde dieses Jahr verzichtet. Berufsverbände haben noch bis Ende März Zeit, sich einen Stand für die Berufsschau 2021 zu sichern. Bis Ende Mai erarbeitet das OK das Konzept für die Platzierung der Stände auf der Berufsschau. Eine zweite Informationsveranstaltung ist für den 30. August vorgesehen, dann hoffentlich wieder «in echt» im Haus der Wirtschaft in Pratteln. Reto Anklin QR-CODE Der Informationsanlass vom vergangenen 8. März kann im Internet als Aufzeichnung angeschaut werden. Die Seite ist über den untenstehenden QR-Code aufrufbar: DAS IST 2021 NEU – Ausstellende erhalten einen digitalen Ausweis. – Berufsschnuppertouren zwei Wochen nach der Berufsschau. – Corona-Sicherheitskonzept mit getrenntem Eingang und Ausgang. – Gesamte Ausstellung in Zelten. www.berufsschau.ch

19. März 2021 INTERVIEW Standpunkt der Wirtschaft | 7 SCHWEIZER SCHOKOLADE – Daniel Bloch war 2019 Referent am Tag der Wirtschaft in der Basle St. Jakobshalle. Im grossen Interview mit dem Standpunkt der Wirtschaft äussert sich der Chef der Chocolats Camille Bloch SA in Courtelary über Ostern, die Schweizer Schokoladeindustrie, Lara Gut-Behrami, Perspektiven und Innovationen. «Zukunft der Schokolade sieht sehr gut aus» Standpunkt: Herr Bloch, Ostern ist nicht nur ein christliches Fest, sondern sehr eng mit Schokolade verbunden. Was bedeutet dieses lange Wochenende für Sie und für Ihre Firma? Daniel Bloch: Ostern steht für etwas Neues, für einen Anfang, für etwas Positives. Und da wir hier natürlich neben den religiösen Festen auch den Frühling feiern, ist das ein besonders frohes Fest. Und dazu gehört auch etwas Fröhliches zum Geniessen wie eben feine Schokolade. «TRADITIONEN WIE EBEN OSTERN UND MARKEN MUSS MAN PFLEGEN.» Ein Ostergeschenk haben Sie schon zum Voraus erhalten: Lara Gut-Behrami ist seit zehn Jahren die wohl bekannteste Werbeträgerin Ihrer Firma und hat gerade einen grossartigen Winter hinter sich. Spüren Sie das auch bei Ihnen im Haus? Gut wie Gold! Wir freuen uns über jeden erfolgreichen Lauf, jede Medaille. Die Siege bringen Ragusa Visibilität, auch wenn diese sich nicht direkt in unseren Verkäufen spiegeln lässt. Die Marke Ragusa, die Lara Gut-Behrami vertritt, hat in der Schweiz einen Bekanntheitsgrad von über 90 Prozent. Warum lohnt sich Marketing hier trotzdem noch? Traditionen wie eben Ostern und Marken muss man pflegen. Es buhlen viele Marken um einen Platz im Kopf des Konsumenten; hat man sich einen Platz erobert, will man diesen nicht mehr verlieren. Dazu muss man präsent sein. Deshalb lohnt sich Marketing in jedem Fall, auch wenn der Brand sehr bekannt ist und grosses Vertrauen geniesst. «DIE AUSLÄNDISCHEN TOURISTEN BLIEBEN ZU HAUSE. UND DIESE KAUFEN GERNE VOR ALLEM SCHWEIZER SCHOKOLADE.» Der Branchenverband Chocosuisse, bei dem Sie Vorstandsmitglied sind, meldete kürzlich Rückgänge in der Schokoladeproduktion und im Konsum im Coronajahr 2020. Auf den ersten Blick ist das doch eher ein Widerspruch – die Leute sind mehr zu Hause, einsamer, da müsste doch die Schokolade als Stimmungsheber genau richtig kommen. Der Konsum zu Hause ist halt nicht so gross, wie wenn man unterwegs ist. Und unsere Schokolade wird sehr viel «on-the-go» genossen. Deshalb konnten wir vom Trend des Homeoffice und Distance-Learnings nicht profitieren. Welche Erklärungen haben Sie denn aus Ihrer Warte für den Rückgang? Auch die ausländischen Touristen blieben zu Hause. Und diese kaufen gerne vor allem Schweizer Schokolade. Es fanden kaum Famillienfeiern oder andere Anlässe statt, zu denen man Schokolade schenkt und miteinander teilt. Auch der ganze Duty-Free-Bereich hat gelitten, da der Flugverkehr deutlich abgenommen hat. «SCHWEIZER HERSTELLER HABEN IM VERGLEICH ZUM AUSLAND AN WETTBEWERBSFÄHIGKEIT VERLOREN UND KÄMPFEN NICHT MIT GLEICH LANGEN SPIESSEN.» In der Schweiz gibt es nach der Schliessung einer Produktion im vergangenen Jahr noch 16 Schokoladefabriken – was bedeutet dies für das Image und die weitere Entwicklung des Schokoladenlandes? Es gab früher einen Mechanismus zum Ausgleich der Schweizer Rohstoffpreise, vor allem für die Milch. Diese Kompensation ist in den letzten Jahren zurückgegangen, so dass dieses Handicap der Schweizer Hersteller nun weniger ausgeglichen wird. Dadurch haben Schweizer Hersteller im Vergleich zum Ausland an Wettbewerbsfähigkeit verloren und kämpfen nicht mit gleich langen Spiessen. Chocosuisse setzt sich sehr stark dafür ein, dass wir diesen Trend zum Nachteil der Schweizer Schokoladeindustrie stoppen können. «DIE GUTE NACHRICHT: SOBALD WIR UNSERE ERLEBNISWELT ÖFFNEN DURFTEN, KAMEN UNSERE GÄSTE. DIES ZEIGT, DASS UNSER BESUCHERZENTRUM EINE GUTE ANZIEHUNGSKRAFT HAT.» Wie stark ist Ihre Firma, die weniger stark exportorientiert ist, von der aktuellen Situation betroffen? Auch wir konnten uns den negativen Tendenzen wegen der aktuellen Situation nicht entziehen und haben im Schweizer Markt rund 10 Prozent Umsatz eingebüsst. Dabei ist zu beachten, dass wir in gewissen Segmenten mehr betroffen waren als in anderen: so haben vor allem das Duty-Free-Geschäft, Business-to- Business und das Export geschäft gelitten. Auch bei unseren Impulsprodukten, etwa im Verkauf an Kiosken oder bei den Kassen, mussten wir Einbussen hinnehmen. Die Chocolats Camille Bloch SA habe viele zukunftsweisende Projekte am Laufen, sagt Daniel Bloch, der das Familienunternehmen in dritter Generation leitet. Bild: zVg/Chocolats Camille Bloch SA Mit «Chez Camille Bloch» führen Sie am Firmensitz in Courtelary auch ein Schokolademuseum – wie wirkte sich die Coronakrise auf diesen Firmenteil aus? Die gute Nachricht: sobald wir unsere Erlebniswelt öffnen durften, kamen unsere Gäste. Dies zeigt, dass unser Besucherzentrum eine gute Anziehungskraft hat. Die schlechte Nachricht: wir mussten unser Besucherzentrum während rund sechs Monaten geschlossen halten. «ALS FAMILIENUNTER- NEHMUNG HABEN WIR KEINE ANGST VOR DEM ALTERN. WIR SIND IMMER NOCH SO AKTIV, ALS WÄREN WIR GANZ JUNG.» In einigen Jahren wird die Chocolats Camille Bloch SA ein Jahrhundert alt sein – welche Perspektiven und Innovationen werden Ihre Firma bis dahin prägen? Als Familienunternehmung haben wir keine Angst vor dem Altern. Wir sind immer noch so aktiv, als wären wir ganz jung. Wir haben keine Zeit, konstant zurückzuschauen. Unsere Werte und Kompetenzen wollen wir aber pflegen und unsere Spezialitäten weiterhin von der Kakaobohne bis zum fertigen Ragusa und Torino hier in Courtelary herstellen. Wir haben viele zukunftsweisende Projekte am Laufen, so zum Beispiel, dass wir in einigen Jahren sogar unsere eigenen Haselnüsse für die Ragusa-Herstellung einsetzen könnten. Und wie sehen Sie die Zukunft der Schweizer Schokoladeindustrie ganz generell? Die Schweizer Schokoladehersteller haben sich in den vergangenen 200 Jahren sehr nahe an den Bedürfnissen der Konsumenten orientiert. So haben sie die Qualität hochgehalten und sind innovativ geblieben. Solange wir diese Traditionen weiterführen, sieht die Zukunft für die Schweizer Schokolade sehr gut aus. Interview: Daniel Schaub TRADITIONSUNTERNEHMEN IN DRITTER GENERATION Daniel Bloch (57) leitet seit 1997 in dritter Generation das Schweizer Traditionsunternehmen Chocolats Camille Bloch SA, seit 2005 ist er auch Präsident des Verwaltungs rates. Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Ragusa und Torino sind die Kernprodukte der seit 1929 bestehenden Schokolademanufaktur, die seit 1935 in Courtelary im Berner Jura domiziliert ist. Die Unternehmung stellt auch viele weitere Produkte, wie etwa Likörschokoladen und gefüllte Pralinen her, seit 2017 etwa die Spezialität «Torino La Piazza». Camille Bloch macht rund 60 Millionen Franken Jahresumsatz und beschäftigt 200 Angestellte. In Courtelary hat das Unternehmen im Jahr 2017 rund 40 Millionen Franken in die Erweiterung des Standorts und in das Besucherzentrum, die Erlebniswelt «Chez Camille Bloch», investiert. ds www.camillebloch.ch

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