Aufrufe
vor 3 Jahren

Standpunkt 511, 6. November 2020

Eine Publikation der Wirtschaftskammer Baselland

6 |

6 | Standpunkt der Wirtschaft CORONAVIRUS 6. November 2020 Lockdown auf Raten MESSER HEIZUNGEN – In der ersten Woche des Lockdowns im Frühling blieb bei Messer Heizungen das Telefon still. Danach begann sich die Kundschaft wieder zu melden, die Auftragslage ist weiter gut. Das Telefon blieb still Marcel Blättler, Geschäftsführer «Leue Waldenburg» in Waldenburg. Der von Sabine und Marcel Blättler geführte «Leue Waldenburg» gehört zu den innovativen Gastrobetrieben des Baselbiets. Während vieler Jahre engagierte sich Blättler auch in der Verbandsleitung von Gastro Baselland. Wie alle anderen Betriebe war der «Leue Waldenburg» während des Lockdowns im Frühling auf Kurzarbeit gesetzt. Der Covidkredit wurde hingegen bis heute nicht gebraucht. «Ein Super-Sommer und sehr viele Wanderer, die bei uns einkehrten, halfen uns, den Umsatzverlust des Frühlings einigermassen wettzumachen», sagt Marcel Blättler. Die aktuell geltende Sperrstunde von 23 Uhr bereitet keine Probleme, indem mit der neuen Tischregelung am Abend die Vereine eh nicht mehr kommen. Auch wenn die Führung des Betriebs im Moment «überhaupt nicht wirtschaftlich ist», bleibt das Restaurant dennoch geöffnet wie in normalen Zeiten. «Es wäre schlimm, wenn die Gäste plötzlich vor verschlossenen Türen stehen würden», sagt Blättler. Mit dem Erlass der neuen Regelung habe sich die Agenda augenblicklich geleert. Alle bis Ende Jahr geplanten Bankette, Geschäfts- und Weihnachtsessen wurden abgesagt. Blättler empfindet die aktuelle Situation wie einen «Lockdown auf Raten». Erfreulich sei hingegen, wie sich die Gäste an das Schutzkonzept und die neuen Einschränkungen – maximal 4 Personen an einem Tisch, Hinterlegung von Name und Koordinaten, Tragpflicht von Schutzmasken – halten würden. Bislang hätte es keine Probleme gegeben. Marcel W. Buess Keine Weihnachtsessen Thomas Messer führt das Unternehmen in zweiter Generation. Seit mehr als 30 Jahren ist die Firma Messer Heizungen AG in Gelterkinden «die» Adresse im Oberbaselbiet für Dienstleistungen und Beratungen im Bereich Heizungen. Zum Angebot des Fachbetriebs gehören einerseits Boilerreinigungen und Heizungssanierungen als Kerntätigkeit. Andererseits werden aber auch massgeschneiderte Lösungen in den Bereichen Fernwärme, Sonnen energie oder Wärmepumpen angeboten. Seit Mitte Oktober 2020 wird der Betrieb in zweiter Generation von Thomas Messer geführt. Unterstützt wird er dabei von seiner Partnerin Stefanie Liechti. Das Unternehmen beschäftigt zehn Mitarbeitende. Die Messer Heizungen AG ist auch Lehrbetrieb. Aktuell wird ein Heizungs- Installateur EFZ ausgebildet. Kurzarbeit war kein Thema «In der ersten Woche des Lockdowns im Frühling blieb das Telefon still», sagt Thomas Messer. Nach dieser «etwas doch speziellen Erfahrung» teilten die Kunden ihre Wünsche wieder mit, und es kamen laufend neue Arbeiten dazu. Dank einer guten Auftragslage stand der Betrieb auch während des Lockdowns nicht still, sodass Kurzarbeit bis zum heutigen Tag glücklicherweise, wie Thomas Messer betont, kein Thema war. Auch verzichtete der Betrieb darauf, einen Covid-19-Kredit zu beantragen. Vereinzelt wurden Aufträge, welche im März oder April ausgeführt hätten werden sollen, in den Sommer verschoben. Zu gut zwei Dritteln rekrutiert sich die Kundschaft der Messer Heizungen AG aus privaten Hauseigentümern. Aktuell ist der Betrieb mit Arbeiten bis Mitte Dezember ausgelastet. Sowohl die Wirtschaftskammer Baselland als auch der schweizeri- Bilder: zvg/mwb sche Fachverband suissetec seien mit ihrer Informationsarbeit und der Vorlage eines branchengerechten Schutzkonzepts hilfreich gewesen. Zu Beginn der Coronapandemie hatte Thomas Messer Probleme, genügend Schutzmasken und Desinfektionsmittel zu beschaffen. «Doch mit diesem Beschaffungsproblem waren wir ja nicht alleine», sagt er. Inzwischen stehen die Schutzmittel in ausreichendem Mass zur Verfügung, sodass die BAG-Richtlinien auf den Baustellen problemlos eingehalten werden können. Marcel W. Buess Jacqueline Wunderer, Geschäftsführerin Restaurant «Sonne» in Röschenz. Die Gastronomie gehört zu den Verliererinnen der Coronapandemie. Mit der Einführung der Sperrstunde von 23 Uhr und der 4er-Tisch-Regelung seit Ende Oktober hat sich die Situation für das von Landrätin Jacqueline Wunderer geführte Restaurant «Sonne» in Röschenz wieder verschlechtert. Bereits der zweimonatige Lockdown im Frühling hat zu empfindlichen Umsatzeinbussen geführt. Die sechs Mitarbeitenden mussten auf Kurzarbeit gesetzt werden. «Natürlich haben wir auch den Covid-19-Kredit in Anspruch genommen», sagt Jacqueline Wunderer. Dank eines wunderschönen Sommers und der Sonnenterrasse hätten die Einbussen des Frühlings zumindest teilweise aufgefangen werden können. Als die Fallzahlen im September kontinuierlich zu steigen begannen, verzeichnete Wunderer bereits Absagen von geplanten Geschäfts- und Weihnachtsessen. «Ich gehe davon aus, dass bis Ende Jahr nichts mehr laufen wird», sagt sie. Mit den Umsätzen solcher Jahresendessen würde normalerweise das Januar- und Februar-Loch überbrückt. Jacqueline Wunderer hat ihren Betrieb wieder für Kurzarbeit angemeldet. Und von Mittwoch bis Freitag bleibt das Restaurant nun über Mittag geschlossen. Die momentan sehr schwierige Situation in der Gastronomie werde sich zwangsläufig auch negativ auf Zulieferer wie Metzger, Gemüse- oder Getränkehändler auswirken. Eine weitere Verschärfung der Corona- Regeln wäre für Wunderer eine «absolute Katastrophe». Marcel W. Buess WINKLER LIVECOM AG – Für die Eventbranche herrscht seit Mitte März praktisch ein Berufsverbot. Eventbranche hängt in der Luft Christian Kuenzli, Mitinhaber und Co-CEO Winkler Livecom AG in Basel. Unter den Einschränkungen wegen der Coronapandemie leidet die Eventbranche in besonderem Masse. So auch die Winkler Livecom AG, die bis vor zwei Jahren zur Gruppe der Messe Schweiz gehörte. Im Januar und Februar dieses Jahres organisierte die Eventfirma mehr als 200 grössere und kleinere Anlässe. Mit der Ausrufung des Lockdowns kam die Betriebstätigkeit zum Stillstand. «Seit Mitte März haben wir praktisch ein Berufsverbot. Unsere Branche hängt völlig in der Luft», sagt Mitinhaber Christian Kuenzli. Die Winkler Livecom AG beschäftigt 80 Mitarbeitende. Seit dem Lockdown sind diese auf Kurzarbeit gesetzt. Der Covid-19-Kredit wurde vorsorglich beantragt und auch zur Verfügung gestellt. «Glücklicherweise mussten wir ihn bislang noch nicht in Anspruch nehmen», sagt Kuenzli. In einem normalen Jahr betreut die Winkler Livecom AG über 1000 Veranstaltungen. Dazu gehören Messen, Generalversammlungen und sonstige Firmenanlässe wie Seminare oder andere Mitarbeiter-Events sowie Openair-Anlässe wie das «Basel Tattoo». «Bis Ende Jahr und auch während des ersten Quartals im kommenden Jahr wird nicht mehr viel passieren», sagt Kuenzli. Bereits lägen schon für das zweite Quartal Absagen vor. Sollte sich die Pandemie noch weiter verschlechtern, dürften im nächsten Jahr vielleicht 50 bis maximal 60 Prozent der von Winkler Livecom AG betreuten Veranstaltungen durchgeführt werden. Doch diese Schätzung sei spekulativ. Niemand könne verlässliche Aussagen machen. 65 Prozent weniger Umsatz Für 2020 rechnet Christian Kuenzli im Vergleich mit 2019 mit einem Umsatzeinbruch von mindestens 65 Prozent. Umso mehr appelliert er – vor allem auch in seiner Funktion als Vorstandsmitglied des schweizerischen Branchenverbands EXPO EVENT – an die Politik, umgehend die gemäss Covid-Gesetz möglichen Härtefallregelungen anzuwenden. Die Branche könne nicht bis im Frühjahr 2021 warten. Andernfalls würden sehr viele Event-Firmen auf der Strecke bleiben. Marcel W. Buess FOTOLABOR SPIESS AG – Es finden kaum mehr Anlässe statt, wo es etwas zu fotografieren gäbe. Praktisch keine Hochzeitsfotos Martin Spiess, Inhaber Fotolabor Spiess AG in Liestal. Veranstaltungen jedweder Art sollen in Erinnerung bleiben und für die Nachwelt dokumentiert werden. Das Fotolabor Spiess AG in Liestal tut dies seit vielen Jahren mit grossem Erfolg. Jahrein, jahraus halten Inhaber Martin Spiess und seine Mitarbeitenden Generalversammlungen, Hochzeiten, Firmenanlässe, Prämierungsfeiern, usw. im Bild fest. Seit dem Lockdown fanden praktisch keine Anlässe mehr statt. Hochzeitsfeiern, Geburtstagsfeste und vieles mehr wurden abgesagt. Hier verzeichnet Spiess einen massiven Umsatzeinbruch. Im reinen Laborbereich mit Bildbearbeitungen, dem Herstellen von Papierbildern, Passfotos, Porträts oder Einrahmungen fehlen hingegen nur die zwei Lockdown-Monate. Für sich und seine beiden Lernenden konnte Spiess keine Kurzarbeit geltend machen. Trotzdem verzichtete er auf die Inanspruchnahme eines Covidkredites. «Es ist und bleibt ein Kredit, der irgendwann zurückbezahlt werden muss. Deshalb kam und kommt diese Unterstützungsform für mich nicht infrage», sagt Spiess. Die Baselbieter Soforthilfe in der Höhe von 7500 Franken und die Entschädigung für selbständige Unternehmer nahm er hingegen dankbar in Anspruch. Die geschäftlich sehr schwierige Zeit führt vor allem im Ausbildungsbereich zu kreativen Lösungen. Damit seine zwei Lernenden den Lehrplan absolvieren und die Lernziele erreichen können, funktioniert das Fotolabor Spiess zurzeit oftmals wie eine «Übungsfirma». Nullumsatz mit Formel-1-Simulator Bereits vor einiger Zeit baute Martin Spiess mit der Vermietung und Demonstration eines Formel-1-Rennwagen-Simulators ein zweites geschäftliches Standbein auf. Wegen der Coronapandemie entfielen alle Veranstaltungen, an denen der Einsatz des Simulators möglich gewesen wäre. Mit den verschärften Einschränkungen seit Ende Oktober wird sich diese missliche Situation auch nicht ändern. Im laufenden Jahr generiert der Simulator einen Nullumsatz. Marcel W. Buess

6. November 2020 CORONAVIRUS Standpunkt der Wirtschaft | 7 BERUFSSCHAU 2021 – Rund ein Jahr vor der nächsten Baselbieter Berufsschau, die vom 27. bis 31. Oktober 2021 auf dem Frenkenbündten-Areal in Liestal stattfinden soll, stehen schon praktisch alle Eckpfeiler des Ausstellungsund des Corona-Schutzkonzepts. Rund zwei Drittel der zur Verfügung stehenden Ausstellungsfläche sind bereits reserviert. Schutzkonzept ermöglicht Durchführung UMFASSENDE MASSNAHMEN So sieht das Schutzkonzept aus: – Die gesamte Infrastruktur auf dem Aussenareal der Schule Frenkenbündten in Liestal wird eigenständig aufgebaut. Es werden keine bestehenden Innenräume genutzt, sogar die Toiletten werden von extern bezogen. Die Zeltlandschaft wird mit einem aufwändigen Lüftungssystem ausgestattet. – Es wird nur einen Ein- und einen Ausgang geben. Ein elektronisches Zählsystem gewährleistet, dass sich immer nur die maximal gleichzeitig zugelassenen 2000 Personen in der Ausstellung befinden. – Ein Temperaturmesser am Eingang sorgt dafür, dass keine Personen mit erhöhter Körpertemperatur die Ausstellung besuchen können. An der Berufsschau 2019 trägt ein Jugendlicher am Stand des Kantonsspitals einen Mundschutz um den Hals. An der nächstjährigen Austragung gehört eine korrekt getragene Gesichtsmaske wohl zur Grundausstattung aller Besucherinnen und Besucher. Bild: Archiv Die Voranmeldungen von Ausstellern für die Baselbieter Berufsschau 2021, die noch bis Mitte November dieses Jahres möglich sind, stimmen Urs Berger, stv. Direktor der Wirtschaftskammer Baselland und Leiter Berufs- und Weiterbildung, sehr zuversichtlich: «Rund zwei Drittel der zur Verfügung stehenden Ausstellungsfläche ist bereits reserviert worden. Das bestätigt das grosse Bedürfnis und ist sehr erfreulich.» Seit eineinhalb Jahren Berger und sein Team arbeiten seit eineinhalb Jahren mit Hochdruck an diesem wichtigen Event, der gemäss Zwei-Jahres-Rhythmus vom 27. bis 31. Oktober 2021 wieder in Liestal stattfinden wird. «Die Zusammenarbeit mit der Stadt Liestal und dem Kanton sind wie immer hervorragend», sagt Berger. Besonders herausfordernd sind bei der Austragung 2021 die Umstände der aktuellen Corona krise. «Wir möchten den Anlass unbedingt durchführen und setzen mit unserem Schutzkonzept alles daran, dass wir den höchstmöglichen Gesundheitsschutz für die Besuchenden gewährleisten können», sagt Berger. Die Massnahmen sind denn auch entsprechend umfassend (siehe Kasten rechts). Enormer Zusatzaufwand Mit diesem enormen Zusatzaufwand hofft Berger, dass die Berufsschau 2021 unabhängig von den dannzumal geltenden Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus durchgeführt werden kann. «Selbst wenn zum Zeitpunkt der Ausstellung keine Restriktionen mehr gelten sollten, kommen mindestens 50 Prozent der nun angedachten Massnahmen zum Tragen. Und sollte sich die Lage bis Mitte nächstes Jahr zusätzlich verschärft haben, hätten wir bis spätestens Ende August 2021 die Möglichkeit, den Anlass abzusagen.» Dass es soweit kommen muss, hofft Berger jedoch nicht. Die Berufsschau sei ein entscheidender Impulsgeber für junge Leute in ihrer Berufswahl und für ihre Karriereplanung. Die Digitalisierung geht weiter Die Berufsschau 2021 soll den eingeschlagenen Weg der Digitalisierung weiter vertiefen. Gemeinsam mit den Bildungsbehörden des Kantons, mit denen ein guter Austausch gepflegt wird, soll eine entsprechende Sonderschau aufgebaut werden, die ein begehbares Bildungssystem beinhaltet, die aber auch Raum für kleinere Anbieter in Form einer Tischmesse bietet. «Berufe an der Arbeit» bleibt ein Kernpunkt in der Vermittlung der Vielfalt der Ausbildungswege. «Wir wollen, dass die Jugendlichen das Angebot prüfen, bevor sie eine Entscheidung treffen», so Urs Berger. Verschiedene Erlebniswelten Die Berufsschau ist in verschiedene Erlebniswelten eingeteilt (Bildung, Dienstleistung, Handel / Chemie, Pharma, Gesundheit / Handwerk, Mobilität / Natur, Technik, Bau, Handwerk). Der Eingangsbereich mit dem Info-Desk wird gemeinsam mit dem Gärtnermeisterverband gestaltet, der seine Ausstellung rund um ein Café konzipieren wird. Nach dem definitiven Anmeldeprozedere wird bis Ende Mai 2021 die definitive Standeinteilung für die Berufsschau vorgenommen. «Was ich bis jetzt an Angeboten gesehen habe, dürfen wir uns auf tolle Ideen und eine enorm attraktive Ausstellung freuen.» Daniel Schaub www.berufsschau.ch – Die Zeitfenster der besuchenden Schulklassen werden neu bis zum Sonntag ausgebaut, dabei werden neben den total 25 000 Schülerinnen und Schülern immer auch Plätze für «freie» Besucher reserviert. Die Kontaktdaten aller angemeldeten Klassen werden mit einem neuen digitalen Tool vorgängig erfasst. – Ein 24-Stunden-Überwachungssystem alarmiert bei starken Massierungen von Menschengruppen im Ausstellungsbereich das Sicherheitspersonal, das aufgestockt wird und entsprechend intervenieren könnte. – Auf dem ganzen Areal gilt eine Masken- und Handschuhpflicht. Das Material wird kostenlos abgegeben. – Im Innenraum werden dort Schutzwände aufgebaut, wo engere persönliche Kontakte stattfinden. – Die drei Gastronomiebereiche (ein Self-Service- und ein bedientes Restaurant sowie ein Café) werden unter den entsprechenden Schutzbestimmungen geführt. – Auf Konferenzräume und Gruppenanlässe wird verzichtet. – Das aufgestockte Reinigungspersonal sorgt für regelmässige Desinfektion. ds ANZEIGE Sprechen Sie mit uns über Firmengründung. « Unsere eigenen Chefinnen sein.» Wir hören uns jeden Wunsch an.

Standpunkt der Wirtschaft