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Standpunkt 502, 15. Mai 2020

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Eine Publikation der Wirtschaftskammer Baselland

15.

15. Mai 2020 RATGEBER Standpunkt der Wirtschaft | 11 POLIT-KOLUMNE Fragen, auf die es noch kaum Antworten gibt Im April hat die Link Marketing Services AG 1267 Personen mit der weltbewegenden Frage konfrontiert: «Wie zufrieden sind Sie mit der Arbeit der einzelnen Bundesratsmitglieder im Zusammenhang mit der Bewältigung der Corona-Krise?» Viel interessanter wäre zu erfahren, aufgrund welcher Erkenntnisse denn die Normalbürgerschaft die sieben Bundesratsmitglieder qualifizieren sollte. Die Frage nach individuellen Leistungen konnte wohl einzig aufgrund der je nach Thema ganz unterschiedlichen Medienpräsenz der Departementschefs beurteilt werden. Die so erstellte Rangliste hat rein gar nichts zu tun mit dem enormen Einsatz, der seit Mitte März einzeln und im Kollegium von sämtlichen Magistratspersonen geleistet wird. Mit der ausserordentlichen Corona-Session der eidgenössischen Räte vom 4. bis 7. Mai hat inzwischen der Versuch stattgefunden, die schrittweise Rückkehr zur Normalität möglichst solide zu gestalten und zu begleiten. «Der Weg ist noch lang», warnt die Wirtschafts-Dachorganisation economiesuisse vor Illusionen und unrealistischen Erwartungen. Es gehe darum, einen zweiten Lockdown zu verhindern und die Krisenkosten ohne Rückschläge auf das Bruttoinlandprodukt im Griff zu behalten. «SOLCH NOTRECHTLICHEM UNFUG ERTEILTE DER BUNDESRAT BEREITS AM VERGANGE- NEN 8. APRIL EINE KLARE ABSAGE SAMT DER ERMAHNUNG, MIETER UND VERMIETER SOLLTEN SICH DOCH UM EINVERNEHMLI- CHE LÖSUNGEN BEMÜHEN.» Peter Amstutz* Der Rat von economiesuisse: «Es braucht Zurückhaltung von allen Seiten und eine Konzentration auf das rasche Hochfahren der Wirtschaft im Rahmen einer kontrollierten Lockerung.» Dafür braucht es den politischen Willen, die per Notrecht erlassenen Eingriffe des Bundesrats möglichst bald auslaufen zu lassen, um die wirtschaftliche Erholung der Unternehmen nicht zu gefährden. Mit einer prosperierenden Wirtschaft lasse sich die Staatsverschuldung im Rahmen der Schuldenbremse langfristig abbauen. Zur Bewältigung des beschwerlichen Wegs zurück zur Normalität mag auch die Überlegung helfen, ob man nun nicht die zahllosen Experten von Mikrofonen und Bildschirmen möglichst fernhalten sollte. Hilfreich bezüglich Erkenntnisgewinn oder gar Entscheidfindung scheinen bisher die allerwenigsten von ihnen gewirkt zu haben. Es bleibt die ernüchternde Einsicht, dass Regierende und Regierte erst in einer sorgfältigen Rückschau erfahren dürften, wie die normalerweise direktdemokratisch «geführte» Schweiz diese Corona-Prüfung wirklich bestanden hat. Der Mitte März verordneten Phase der allumfassenden Bevormundung des ganzen Volkes und seiner Wirtschaft durch den «Notbundesrat» müsste nun so oder anders die Phase des Vertrauens in die verfassungsmässigen Institutionen und Instrumente folgen. Dafür ist auch aus Fehlern zu lernen. Die Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des National- und Ständerates reichten für die ausserordentliche Mai-Session zwei Motionen ein, deren Inhalt im parlamentarischen Normalbetrieb wohl nur Kopfschütteln ausgelöst hätte. Die Rede ist vom Vorschlag, Vermieter sollten von Restaurantbetreibern nach der behördlichen Schliessung gemieteter Lokale während der Coronakrise maximal 30 Prozent der Miete verlangen dürfen. Um Vermieter vor Ausfällen zu bewahren, wären vom Bund 20 Millionen Franken per Härtefallfonds bereitzustellen gewesen. Solch notrechtlichem Unfug erteilte der Bundesrat bereits am vergangenen 8. April eine klare Absage samt der Ermahnung, Mieter und Vermieter sollten sich doch um einvernehmliche Lösungen bemühen. Für hoffnungslose Fälle bestehe zudem bereits eine rückzahlbare Liquiditätshilfe des Bundes (Darlehen mit Bürgschaft) bis zu 500 000 Franken pro Einzelfall. Schlaumeiereien der besonderen Art mit Corona sind auch nicht ausgeblieben. Die Le Bijou Hotel & Resort Management AG in Zug verkündete, sie stelle dem stark geforderten medizinischen Personal unbefristet kostenlose Aufenthalte in Luxuswohnungen («Quarantäne-Apartments») zur Verfügung. Zu schön, um wahr zu sein. Le Bijou mietet Wohnungen und bietet sie im Internet als Luxusunterkünfte für 1200 Franken pro Nacht an. Wegen «starken Einbussen an normalen Gästen» wurde dank Corona virus ein neues Angebot entwickelt. Zur Finanzierung wurden Spender gesucht, welche die «geschenkte» Raummiete den Bijou-Wohltätern überweisen sollten. Als Gegenleistung versprachen sie einen gewaltigen «Medien-Hype». Sündteure «Quarantäne-Luxusresidenzen in Zürich» pries in der «NZZ am Sonntag» vom vergangenen 29. März in einem Inserat auch die Calda Clinic in Zollikon ZH vermögenden Virus-Besorgten an. Vom Corona-Virustest bis zu «Behandlungen zur maximalen Stärkung des Immunsystems» gibt es dort ab 320 000 Franken pro Monat angeblich alles, was das sichere Überleben in düsteren Zeiten erträglich mache, denn: «Die Schweiz gilt als Zentrum der Spitzenmedizin und ist eines der sichersten Länder der Welt und politisch neutral.» *Peter Amstutz, ehemaliger Leiter der Bundeshaus-Redaktion der «Basler Zeitung» Der Autor gibt seine eigene Meinung wieder. Diese muss sich nicht mit jener der Wirtschaftskammer decken. ANZEIGE RATGEBER RECHT – Zusatzkosten, die wegen der Corona-Massnahmen des Bundes entstehen, können bei einem vereinbarten Pauschalpreis nicht einfach an den Auftraggeber übergewälzt werden. Wer trägt Zusatzkosten der Corona-Massnahmen? Bei vielen Baustellen können im Zusammenhang mit der Verordnung Coronavirus (Covid-19) des Bundes Zusatzaufwendungen für den Unternehmer entstehen. Es stellt sich deshalb die Frage, ob diese Zusatzaufwendungen von der Bauherrschaft bei einem vereinbarten Pauschalpreis vergütet werden müssen. «DIE MASSNAHME MUSS SICH BEIM KONKRETEN VERTRAGSVERHÄLTNIS DERART AUSWIRKEN, DASS DIE VERTRAGS­ ERFÜLLUNG DURCH DEN UNTERNEHMER SO MASSIV ERSCHWERT WIRD, DASS EIN OFFEN­ BARES MISSVERHÄLTNIS ZULASTEN DES UNTER­ NEHMERS ENTSTEHT.» Sofern die SIA-Norm 118 vereinbart wurde, gilt deren Art. 59. Demnach hat der Unternehmer nur dann Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung, falls ausserordentliche Umstände, welche nicht vorausgesehen werden konnten oder welche nach den von beiden Vertragsparteien angenommenen Voraussetzungen ausgeschlossen waren, die Fertigstellung hindern oder übermässig erschweren. Solche Umstände können zum Beispiel Wassereinbrüche, Erdbeben, Sturm, Radioaktivität, einschneidende behördliche Massnahmen oder Störungen des Arbeitsfriedens sein. Bei der Verordnung Coronavirus handelt es sich klarerweise um eine behördliche Massnahme. Sie muss sich allerdings beim konkreten Vertragsverhältnis derart auswirken, dass die Vertragserfüllung durch den Unternehmer so massiv erschwert wird, dass zwischen der Gesamtleistung des Unternehmers und der vertraglichen Vergütung ein offenbares Missverhältnis zulasten des Unternehmers entsteht. Dieses Missverhältnis muss nach der Praxis des Bundesgerichtes so krass sein, dass es für den Unternehmer nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist, das Werk zum vertraglich vereinbarten Festpreis auszuführen. Zu beachten ist, dass bei diesen Mehrkosten vom Unternehmer kein Gewinn eingesetzt werden darf. Ebenso wenig kann der Unternehmer sich darauf berufen, dass er bei Vertragsabschluss einen Gewinn aus der Werkausführung quasi als garantiert erwarten darf. Im Gegenteil reicht es für das erforderliche Missverhältnis nicht, dass der Unternehmer wegen der Covid-19-Mehrkosten den erwarteten Gewinn nicht realisieren kann. Falls der Unternehmer wegen der Covid-19-Anordnungen sogar zu einem Verlust bei der Ausführung des Werkes kommt, braucht deswegen noch kein offenbares Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorzuliegen. «FALLS DER UNTERNEHMER WEGEN DER ANORDNUNGEN ZU EINEM VERLUST BEI DER AUSFÜHRUNG DES WERKES KOMMT, BRAUCHT DESWEGEN NOCH KEIN OFFENBARES MISSVERHÄLTNIS VORZULIEGEN.» Ob die Covid-19-bedingten ausserordentlichen Umstände ein derartiges Missverhältnis begründen, ist letztlich eine Ermessensfrage, die vom Gericht zu beantworten ist, sollten sich die Parteien nicht untereinander einigen können. Haben die Parteien die SIA-Norm 118 nicht vereinbart, ändert dies am Gesagten nichts, da der entsprechen- LEGAL-TEAM Rechtsanwalt Alexander Heinzelmann ist Mitglied des Legal-Teams der Wirtschafts kammer Baselland. Das Legal-Team steht den Mitgliedern der Wirtschaftskammer für Auskünfte zur Verfügung. Wirtschaftskammer Baselland Abteilung Verbandsmanagement & KMU-Dienstleistungen Haus der Wirtschaft Altmarktstrasse 96, 4410 Liestal Telefon: 061 927 65 11 Telefon (Zentrale): 061 927 64 64 de Artikel im Obligationenrecht (Art. 373 Abs. 2 OR) eine weitgehend gleichlautende Bestimmung wie Art. 59 der SIA-Norm 118 kennt. IMPRESSUM Herausgeber ⁄ Verlag: Schweizerischer Gewerbeverband sgv, Schwarztorstrasse 26, Postfach 8166, 3001 Bern, Tel. 031 380 14 14, verlag@sgv-usam.ch Redaktion sgz: Schwarztorstrasse 26, 3007 Bern Tel. 031 380 14 14, redaktion@sgv-usam.ch Regionalbund «Standpunkt» Herausgeber: Wirtschaftskammer Baselland Arbeitgeber Baselland, Unabhängiges Podium für eine liberale Wirtschaft und Gesellschaft, Haus der Wirtschaft, Altmarktstrasse 96, 4410 Liestal Tel. 061 927 64 64, Fax 061 927 65 50 www.kmu.org, standpunkt@kmu.org Verantwortung: Christoph Buser, Direktor Redaktion/Umbruch: Reto Anklin (ra) Produktion: IWF, Postfach 633, 4410 Liestal Abonnement im Mitgliederbeitrag inbegriffen Adressänderungen: Bitte an Wirtschaftskammer Baselland, standpunkt@kmu.org Der Abdruck von Textbeiträgen mit vollständiger Quellenangabe ist erlaubt.

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