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Standpunkt 485, 21.06.2019

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Standpunkt der Wirtschaft – Offizielles Informationsorgan der Wirtschaftskammer Baselland

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4 | Standpunkt der Wirtschaft HAUS DER WIRTSCHAFT 21. Juni 2019 KMU BUSINESS-TREFF – Christoph A. Bieri und Luca Jenni von der Vestalis GmbH referierten am KMU Business-Treff der Wirtschaftskammer Baselland darüber, wie Unternehmen jene Kunden gewinnen können, die sie sich wünschen. Auf der Suche nach der Wunschkundschaft Gewöhnlich drehen sich die vier Kernfragen einer jeden Unternehmerin und eines jeden Unternehmers um die Existenz- und Zukunftsfähigkeit des Unternehmens, den Druck im Preiskampf, das Finden der richtigen Mitarbeiter trotz Fachkräftemangels und das operative und strategische Schritthalten mit der Entwicklung. Die zentrale Frage sollte jedoch sein: «Wie bleibt mein Geschäft ein Geschäft?» Und es sind nicht die Eigentümer oder die Bank, welche das Geschäft finanzieren, sondern es sind dies die Kunden. Christoph A. Bieri und Lucas Jenni wiesen am KMU Business-Treff vom 17. Juni eindringlich darauf hin, wie existenziell die Kundschaft für jedes Unternehmen ist. Und wie wichtig es ist, sich auch die richtige Kundschaft zu suchen. Ein anstrengender, steter Prozess Auf der Suche nach der passenden Zielgruppe und ihren Merkmalen, geben Unternehmen meist zu schnell auf. Die Bestimmung der Wunschkunden geschieht nicht innerhalb einer Stunde, sondern sie ist ein anstrengender, steter Prozess. Einen weiteren Fehler machen Unternehmen, wenn sie dauernd nur ans Verkaufen denken, statt sich wirklich für die Zielgruppe zu interessieren. «Kümmern Sie sich um Ihre Kunden, und diese kümmern sich um Ihr Unternehmen, – so einfach ist es», sagte Christoph A. Bieri. Roger Leu, Lucas Jenni und Christoph A. Bieri von der Vestalis GmbH sowie Wirtschaftskammerdirektor Christoph Buser begrüssen die Teilnehmenden des KMU Business-Treffs im Haus der Wirtschaft (von links nach rechts). Bild: Gyhr Den Kunden direkt ansprechen Grösstenteils suchen die Verkäufer Rat bei Marketingexperten. Dabei sei es alleine die Kundschaft, die entscheide, ob ein Abgebot für sie einen Mehrwert darstelle oder nicht. Lucas Jenni rief deshalb dazu auf, die Akzeptanz der Zielgruppe zu suchen. «Es ist daher nicht verkehrt, direkt den Kunden anzusprechen und sich nach den Bedürfnissen zu erkundigen», sagte Jenni. Kundengespräch heisse, dass der Kunde spricht und nicht der Berater. Für eine individuelle Beratung sei es wichtig zu wissen, was der Kunde benötigt. «Der Kunde wünscht sich nicht eine Bohrmaschine oder ein Loch in der Wand, sondern möchte lediglich ein Bild aufhängen», stellte Lucas Jenni dies bildhaft dar. Absatzpotenzial und Zielgruppen Absatzpotenzial werde gerne mit Zielgruppen verwechselt, hiess es am KMU Business-Treff. Der Unterschied sei jedoch, dass das Absatzpotenzial dauerhaft und die Zielgruppen temporär seien. Die gewünschten Merkmale der Zielgruppen müssten sorgfältig ausgewählt werden: Welche Ausprägungen soll unser Wunschkunde besitzen? In welcher Branche soll dieser arbeiten? Welches Geschlecht und Alter soll angesprochen werden? Mit einem morphologischen Kasten – einer Kreativtechnik zur Findung strategischer Lösungen – könne dies optimal bestimmt werden, bis der genaue Wunschkunde erkennbar ist. Die vier Erfolgsprinzipien Zur Bestimmung der Zielgruppen empfahlen die Referenten die Mewes-Strategie®, die auch als «EKS, Engpasskonzentrierte Strategie» bekannt ist. Die Mewes-Strategie® besteht aus vier Erfolgsprinzipien. Die Spezialisierung, um die Kräfte zu konzentrieren, statt sich zu verzetteln. Immaterielles vor Materiel- lem, denn nicht das Kapital macht den Erfolg aus, sondern der Geist. Weiter ist es wichtig, dort anzusetzen, wo das brennendste Problem liegt und nicht unnötig Energie auf Nebenkriegsschauplätzen zu vergeuden. Das vierte Erfolgsprinzip ist die Maximierung des Nutzens und nicht des Gewinns. Nach der Fragerunde konnten sich die Gäste bei einem Apéro riche mit den Referenten austauschen, weitere Fragen stellen und Kontakte knüpfen. Sabrina Haeber STRASSENVERKEHR – Mit dem Muggenbergtunnnel geht es nicht so schnell vorwärts, wie nach dem Ja zur Motion des Solothurner Nationalrats Christian Imark zu hoffen war. Der Ständerat hat das Projekt wieder aus dem Ausbauschritt 2019 herausgekippt. Projekt Muggenbergtunnel wird vom Ständerat ausgebremst Dank eines kühnen Einzelvorstosses des Solothurner Nationalrats Christian Imark wurde das Projekt Muggenbergtunnel im vergangenen März in den Ausbauschritt 2019 des Nationalstrassennetzes aufgenommen (siehe Standpunkt Nr. 480). Doch Anfang Juni hat der Ständerat das Projekt wieder vom Tisch gefegt. Die kleine Kammer folgte damit dem Vorschlag ihrer vom Baselbieter Ständerat Claude Janiak präsidierten Verkehrskommission. Die Kommission bezeichnete das Projekt als zu wenig ausgereift und mit zu unklaren Kosten verbunden. Präsident Janiak sprach gar von einem «Hüftschuss». Kanton war nicht vorbereitet Dass Bundesparlamentarier dem eigenen Kanton in den Rücken fielen, sei «natürlich unschön», sagt Landrat Christoph Buser, Direktor der Wirtschaftskammer Baselland. Andererseits sei es aber auch tragisch, wenn der Kanton derart unvorbereitet dastehe. «Es ist ja nun nicht so, dass man in der Region erst seit gestern über den Muggenberg spricht», sagt Buser. Seit rund 50 Jahren werde über das Projekt beim Angenstein gesprochen. Und dies mit gutem Grund. Fakt sei, dass sich täglich rund 26 000 Fahrzeuge durch das Engnis zwischen dem Birs- und dem Laufental zwängten, und die Verkehrsmeldung über den Stau beim Eggfluetunnel zur alltäglichen Routine verkommen ist. Es liegt nun also am Kanton, das Projekt so weit auszuarbeiten, dass es einer Überprüfung duch das Parlament in Bern standhalten wird. Die Situation spitzt sich zu Mit dem Muggenbergtunnel würde der Engpass im Angenstein zwischen Duggingen und Aesch entlastet. Diesen passieren täglich 26 000 Fahrzeuge. Bild: Archiv «Die Situation spitzt sich nicht nur im Angenstein zu», sagt Christoph Buser. Unter der täglichen Verkehrsmisere in der Region Basel litten die Automobilistinnen und Automobilisten, die betroffenen Gemeinden und die KMU. Dies wurde am Unternehmergespräch «Strassenverkehr im Baselbiet» vom vergangenen 28. Mai im St. Jakob-Park klar (siehe Standpunkt Nr. 484). Eingeladen hatten Standortförderung Baselland, Wirtschaftskammer Baselland und Handels kammer beider Basel. Die rund 50 anwesenden Unternehmerinnen und Unternehmer redeten im Beisein von Thomas Röthlisberger, Chef des Bundesamts für Strassen, und dem Baselbieter Kantonsingenieur Drangu Sehu Klartext. Eine Live-Umfrage während der Veranstaltung demonstrierte eindrücklich den dringenden Handlungsbedarf. Nicht weniger als 89 Prozent der anwesenden Unternehmerpersönlichkeiten war der Meinung, es sollten weiterhin Strassen gebaut werden. Und satte 76 Prozent befanden, der Kanton Baselland unternehme «zu wenig». Reto Anklin

21. Juni 2019 KMU-POLITIK Standpunkt der Wirtschaft | 5 SV17 – Nach der Zustimmung zur Steuervorlage 17 durch den Landrat wird es voraussichtlich im Herbst des laufenden Jahres zu einer Volksabstimmung kommen. Beat Huesler, Präsident der Konferenz der Gewerbe- und Industrievereine, plädiert für ein klares JA. «KMU können mit Steuerreform leben» Der Baselbieter Landrat hat die Steuervorlage 17 (SV17) am vergangenen 6. Juni mit 57 zu 23 Stimmen bei vier Enthaltungen überwiesen. Das letzte Wort wird voraussichtlich im November die Stimmbevölkerung des Kantons Basel-Landschaft haben. Für Beat Huesler, Präsident der Baselbieter Konferenz der Gewerbe- und Industrievereine (KGIV) steht fest, dass ein Ja an der Urne wichtig für den Standort Baselland und die ansässigen KMU ist. Standpunkt: Herr Huesler, sollte man aus Sicht der KMU der SV17 zustimmen? Beat Huesler: Ja. Bei der Vorlage, die der Landrat überwiesen hat, handelt es sich um einen austarierten Kompromiss. Die KMU können mit der Steuerreform leben. «BEI DER VORLAGE, DIE DER LANDRAT ÜBERWIESEN HAT, HANDELT ES SICH UM EINEN AUSTARIERTEN KOMPROMISS.» Werden die KMU entlastet? Für einige KMU bringt die SV17 eine gewisse steuerliche Entlastung, insbesondere für diejenigen, die überhaupt relevante Gewinne erwirtschaften. Für die meisten Unternehmen allerdings ändert sich nicht viel. Und das ist gut so. Denn in der politischen Diskussion um die SV17 war ja auch eine Erhöhung der Kinderzulage im Gespräch. Dies hätte für KMU eine massive Mehrbelastung bedeutet. Warum? Weil die Erhöhung der Kinderzulage um 30 Franken ausnahmslos von der Arbeitgeberseite finanziert worden wäre. 30 Franken pro Monat und Mitarbeiterin oder Mitarbeiter klingt zwar nicht nach viel Geld, doch die Lohnkosten hätten sich entsprechend erhöht. Die finanziellen Belastungen sind heute schon erheblich. Es darf nicht sein, dass immer noch mehr obendrauf gepackt wird. Beat Huesler, Präsident der Baselbieter Konferenz der Gewerbe- und Industrievereine (KGIV). Die Belastungen läppern sich zusammen. Der Gewinnsteuersatz wird im Baselbiet stufenweise auf 13,45 Prozent gesenkt – ist diese Senkung ausreichend? Aus Sicht der bereits ansässigen KMU ist diese Senkung zielführend. Allerdings wäre es längerfristig für den Kanton Basel-Landschaft als Standort sicher vorteilhafter, wenn der Gewinnsteuersatz nicht über jenem der direkten Mitbewerber um ansiedlungswillige Unternehmen liegen würde. Das wird nun nicht der Fall sein. Der Kanton Basel-Stadt beispielsweise senkt den Gewinnsteuer- Bild: zVg satz auf einen Wert von 13,04 Prozent. Dieser Unterschied scheint marginal zu sein. Wie gesagt: Für die bestehenden Unternehmen ist das tatsächlich eher ein Detail. Auswärtige Unternehmen, die auf der Suche nach einem neuen Standort sind, schauen sich aber unter anderem zuerst die steuerliche Situation genau an. Der Steuersatz ist gewissermassen das Preisschild im Schaufenster. Ist der Preis zu hoch, schafft man es als Standort gar nicht erst auf eine Shortlist und fällt von vornherein aus dem Rennen. Der Widerstand im Landrat – insbesondere von links – war erheblich. Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass die SV17 an der Urne angenommen wird? Das ist eine politische Frage, die ich nur schwer beantworten kann. Nach der jüngsten Zustimmung zur nationalen AHV-Steuervorlage hoffe ich natürlich, dass die Umsetzung auf kantonaler Ebene auch eine Mehrheit findet. Andererseits wurde im Kanton Solothurn die kantonale Vorlage vom Stimmvolk äusserst knapp abgewiesen, im Kanton Basel-Stadt hingegen klar angenommen. Es kommt darauf an, wie gut es gelingt, der Baselbieter Stimmbevölkerung aufzuzeigen, dass die SV17 die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts erhält – und dass die KMU wie erwähnt gut damit leben können. Wesentlich scheint mir in diesem Zusammenhang noch ein weiterer Punkt. «AUSWÄRTIGE UNTER- NEHMEN, DIE EINEN NEUEN STANDORT SUCHEN, SCHAUEN SICH DIE STEUERLICHE SITUATION GENAU AN.» Was sprechen Sie an? Die SV17 umfasst ja ein ganzes Massnahmenpaket, von dem eigentlich alle etwas haben. So besteht künftig die Möglichkeit, dass mehr Prämienverbilligungen für Krankenkassen ausbezahlt werden. Und in der Steuererklärung können höhere Abzüge für Kinderdrittbetreuung geltend gemacht werden. Die Gewinnsteuersenkung auf 13,45 Prozent ist nur ein kleiner Teil dieses austarierten Pakets. Interview: Daniel Schindler GATEWAY BASEL NORD – Unverständlich: Wettbewerbskommission stellt zwar Marktbeherrschung durch das Grossterminalprojekt GBN fest, winkt das staatsnahe Projekt aber dennoch ohne weitere Auflagen durch. Dadurch entstehen massiv ungleiche Spiesse. WEKO ermöglicht staatliches Monopol in bisher freiem Markt Der Weg für das Terminalgrossprojekt Gateway Basel-Nord (GBN) ist frei. Die Wettbewerbskommission (WEKO) hat am 13. Juni grünes Licht gegeben. Dies gefährde die Existenz «und verschlechtert die Rahmenbedingungen von Schweizer KMU auf dem Schweizer Markt des Containerumschlags und des kombinierten Verkehrs», teilte die Wirtschaftskammer Baselland gleichentags in einem Mediencommuniqué mit. «Mit diesem Entscheid schafft die WEKO ungleiche Spiesse und ermöglicht ein staatliches Monopol im bisher freien Markt», heisst es. Freier Markt wird ausgehebelt Die Wirtschaftskammer hatte 2017 zwei Studien bei der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Auftrag gegeben. Diese kamen zum Schluss, dass das staatliche Projekt den funktionierenden freien Markt aushebeln wird. Nun aber winken die Wettbewerbshüter das Grossprojekt Gateway Basel Nord ohne weitere Auflagen durch. KMU schutzlos ausgeliefert Mit dem WEKO-Entscheid wird der strukturelle Schutz des Wettbewerbs entscheidend geschwächt. Dies aufgrund des Markteintritts des staatsnahen und zugleich marktbeherrschenden Unternehmens, welcher ohne Auflagen der WEKO erfolgen kann. «Die KMU sind damit schutzlos dem De-facto-Monopol des GBN ausgeliefert. Sie werden in ihrer Existenz bedroht», heisst es in der Medienmitteilung der Wirtschaftskammer. Marktbeherrschende Stellung Der Entscheid ist demnach umso stossender, als die WEKO selber einräumt, dass das Projekt GBN eine «marktbeherrschende Stellung beim Umschlag von Containern, Wechselbehältern und Sattelaufliegern im Import- und Exportverkehr begründet oder verstärkt». Wirksamer Wettbewerb beseitigt Erstaunlich wirke vor diesem Hintergrund die Begründung für den jüngsten Entscheid: «Der Beeinträchtigung der Wettbewerbsverhältnisse beim Güterumschlag stehen jedoch erhebliche Verbesserungen im Gesamtsystem des kombinierten Verkehrs gegenüber.» Die WEKO selbst stellt unmissverständlich fest, dass der GBN dazu führen wird, «den wirksamen Wettbewerb» beim Containerumschlag «zu beseitigen». Mit anderen Worten: Die Schweizer Wettbewerbshüter nehmen es in Kauf, dass ein seit Jahren problemlos privat funktionierender Teilmarkt im Logistikbereich mittels Geldern der öffentlichen Hand zerstört wird, um das politische Ziel der Stärkung der Schiene zu erreichen. Ex WEKO-Vizedirektor überrascht Der frühere WEKO-Vizedirektor und heutige ZHAW-Professor Patrick Krauskopf, welcher die von der Wirtschaftskammer in Auftrag gegebenen Studien verantwortete, ist überrascht: «Warum GBN, welches gemäss Feststellungen der WEKO marktbeherrschend ist, nicht zumindest klare Verhaltensauflagen gemacht wurden, erschliesst sich mir nicht.» GBN im Auge behalten Angesichts der marktbeherrschenden Stellung des staatsnahen Unternehmens sind die KMU laut Wirtschaftskammer angehalten, das weitere Verhalten von GBN genau zu beobachten «und missbräuchliche Verhaltensweisen unverzüglich der WEKO zu melden». Auch die Wirtschaftskammer selbst werde wachsam bleiben, die Entwicklungen rund um GBN genau beobachten und «gegebenenfalls entsprechende Massnahmen in die Wege leiten». Daniel Schindler

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